Neue Serie aus dem Saarland „Eine Verbeugung vor der Heimat“

Saarbrücken · Die erste TV-Serie in Saarländisch seit „Familie Heinz Becker“ wird gedreht: die schwarze Komödie „Unter Tannen“.

 So lieb haben sich die Figuren in der Serie nicht. Ein Gruppenbild von den Dreharbeiten des Pilotfilms (von links): mit Hanno Friedrich (als Edelgangster Dieter), Stephanie Scherer (Linda), Alfredo Zermini als krimineller Handlanger Matteo und  Gerhard Polacek als Waldarbeiter Paul.

So lieb haben sich die Figuren in der Serie nicht. Ein Gruppenbild von den Dreharbeiten des Pilotfilms (von links): mit Hanno Friedrich (als Edelgangster Dieter), Stephanie Scherer (Linda), Alfredo Zermini als krimineller Handlanger Matteo und  Gerhard Polacek als Waldarbeiter Paul.

Foto: WP Films

„Es war ein langer, harter Weg“, sagt Thomas Scherer, „aber jetzt bin ich sehr glücklich.“ Kein Wunder, denn Scherers lange gehegte und gepflegte Idee einer saarländischen TV-Serie mit saarländischem Dialekt wird nun umgesetzt – der ersten seit der seligen „Familie Heinz Becker“ (1992-2004). Für den SR dreht der Bexbacher Autor und Regisseur nun die ersten drei 25-Minuten-Folgen der Serie „Unter Tannen“, die Ende des Jahres im Fernsehen laufen sollen. Am Donnerstag haben in Schwarzenacker die Dreharbeiten begonnen – es ging bis Freitagmorgen um fünf Uhr. An diesem Wochenende geht es in die Gebläsehalle in Neunkirchen, dann, bis Mitte September, weiter nach Websweiler und Wellesweiler, Höchen, Homburg und ins Nauwieser Viertel in Saarbrücken.

„Unter Tannen“ erzählt von den drei Waldarbeitern Paul (Gerhard Polacek), Kalle (Fridolin Sandmeyer) und Boris (Bejo Dohmen), die im sattgrünen Saarforst über einen mysteriösen Koffer stolpern, der prall gefüllt ist mit Banknoten. Was tun? Zur Polizei bringen? Oder teilen und investieren? Zum Beispiel in das finanziell angeschlagene Lieblingslokal „Zum friedlichen Esel“, geführt von der guten Seele Marianne (Alice Hoffmann). Lange darüber grübeln kann das Anti-Helden-Trio nicht, denn die ursprünglichen (und kriminellen) Besitzer des Geldes wollen es umgehend zurück – angeführt vom nur äußerlich gepflegten Gangster Dieter (Hanno Friedrich, „Bella Block“).

Wem die Handlung bekannt vorkommt: „Unter Tannen“ gibt es in gewisser Weise schon. Im August 2016 hatte Thomas Scherer eine erste Folge gedreht, einen Pilotfilm als Versuchsballon sozusagen, mit Mini-Budget und von der Landesmedienanstalt mit 9000 Euro unterstützt. Das gelungene schwarzhumorige Ergebnis mit viel Lokalkolorit, aber ohne tumbe Schwenker-Klischees oder „Gudd gess“-Anbiederung, war zugleich Scherers Abschlussarbeit an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Medien in Offenburg.

Im Januar war der muntere Halbstünder im Rahmen des Saarbrücker Ophüls-Festivals zu sehen, zugleich liefen Gespräche mit dem Saarländischen Rundfunk, der sich interessiert zeigte und dann zugriff: Im März begann Autor Scherer „in stetiger Absprache“ mit dem SR und Redakteur Christian Bauer, der auch den Saar-„Tatort“ betreut, die Ausarbeitung der Drehbücher. Bis vor ein paar Wochen werkelte man, vor knapp einer Woche wurde der Vertrag zwischen Scherer und dem SR unterzeichnet. „Der Einstieg des Senders ist für mich ein Riesending“, sagt der 28-Jährige. Nun kann er mit einem ordentlichen (und vertraulich behandelten) Budget arbeiten und mit weit mehr Mitarbeitern als zuvor: Bis zu 25 Menschen tummeln sich hinter der Kamera.

Der zentrale Punkt für Scherer bei „Unter Tannen“ ist die Sprache – fast alle Figuren sprechen saarländischen Dialekt, der allerdings auch jenseits der Landesgrenzen gut verständlich sein sollte. „Dafür habe ich mich sehr eingesetzt – ich wollte, dass bis auf ein paar Figuren alle Dia­lekt sprechen, weil es darum geht, das Saarland zu repräsentieren. Und hier schwätzt ja eigentlich jeder Dialekt, egal in welcher Position er sich befindet.“ Die Reaktionen auf den Pilotfilm bei Ophüls und anderswo hätten ihm gezeigt, dass „die Leute darauf warten, dass nochmal was kommt mit Dialekt“. Für ihn ist die Serie also auch „eine Verbeugung vor der Heimat“, sie soll „in all ihren Aspekten saarländisch sein“. In der zweiten Folge etwa wird es unter anderem um den Namborner Künstler Bernhard Cullmann (1903-1977) gehen; in Folge drei hat das saarländische Comedy-Duo „Recht und Ordnung“ einen Gastauftritt – eine Kreation der rührigen Independent-Filmer von „Goreholio Filmworks“ aus St. Ingbert.

Wenn „Unter Tannen“ dann Ende des Jahres beim SR läuft, geplant ist das zwischen Weihnachten und Neujahr, wird der Pilotfilm von 2016 aber nicht zu sehen sein – denn Scherer dreht ihn als erste Folge neu, mit gleichem Inhalt, aber doch zarten Veränderungen im Personal und in der Figurenzeichnung: „Alice Hoffmanns Rolle als Kneipenwirtin wird ausgebaut“, sagt Scherer, „sie wird eine große tragende Figur im weiteren Verlauf spielen.“ Und mit Daniel Buder aus der RTL-Serie „Alles was zählt“ ist auch ein neuer Schauspieler im Ensemble.

     Der Bexbacher Filmemacher Thomas Scherer (28), Autor und Regisseur von „Unter Tannen“.

Der Bexbacher Filmemacher Thomas Scherer (28), Autor und Regisseur von „Unter Tannen“.

Foto: WP Films

Die Ausstrahlung von „Unter Tannen“ in anderen dritten Programmen ist ebenfalls geplant. Vielleicht auch im Hauptprogramm der ARD? „Erstmal im SR“, sagt Scherer, „was danach passiert – darauf sind wir alle sehr gespannt.“ Aber erst einmal ist die Premiere im Saarland entscheidend: Denn ob es nach den drei Folgen weitergeht – Scherer hat die Serie auf sieben Episoden angelegt – wird sich nach der Reaktion des Publikums richten.

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