Eine Schildkröte beschäftigt die Justiz

Völklingen. Das Verwaltungsgericht des Saarlandes mit Sitz in Saarlouis behandelt demnächst einen kurios anmutenden Fall aus Völklingen. Hier verlangt eine Kleintierklinik von der Stadt die Erstattung der Behandlungskosten für eine Schildkröte, die verletzt aufgefunden wurde und eingeschläfert werden musste. Die öffentliche Verhandlung ist für Mittwoch, 24. April, 11

 Streit um eine Gelbwangenschildkröte: Das Archivbild zeigt ein Exemplar an einem Weiher bei Fischbach. Foto: Becker & Bredel

Streit um eine Gelbwangenschildkröte: Das Archivbild zeigt ein Exemplar an einem Weiher bei Fischbach. Foto: Becker & Bredel

Völklingen. Das Verwaltungsgericht des Saarlandes mit Sitz in Saarlouis behandelt demnächst einen kurios anmutenden Fall aus Völklingen. Hier verlangt eine Kleintierklinik von der Stadt die Erstattung der Behandlungskosten für eine Schildkröte, die verletzt aufgefunden wurde und eingeschläfert werden musste.Die öffentliche Verhandlung ist für Mittwoch, 24. April, 11.30 Uhr, im Sitzungssaal I angesetzt. Folgendes war laut Mitteilung der Stadtverwaltung geschehen: Eine Frau hatte an einem Samstagnachmittag im Mai 2011 eine schwer verletzte Schildkröte auf der Bundesstraße 51 gefunden und in eine Tierklinik gebracht.

Dort wurde das Tier, eine zirka 20 Jahre alte Gelbwangenschildkröte, schließlich eingeschläfert und entsorgt. Ein Verlierer hatte sich nie gemeldet. Die Rechnung der Tierklinik über 77,22 Euro ging an die Stadt, doch diese will nicht zahlen. Grundsätzlich sind die Stadt und ihr Fundbüro für Fundtiere zuständig. Aber hier hat die Stadt laut eigener Aussage die Zahlung abgelehnt, da sie "der Tierklinik keinen Auftrag erteilt hatte", die Schildkröte einzuschläfern. Auch für die tierschutzrechtliche Einordnung der Einschläferung der Schildkröte sei die Stadt nicht die zuständige Behörde. Außerdem bestünden Zweifel daran, "dass die Schildkröte ihrem Besitzer gegen seinen Willen abhanden" kam und demnach "also eine Fundangelegenheit" vorliege.

Die Stadt sehe "eine Gefahr, dass Besitzer, die sich ihrer Tiere entledigen wollen, oder Autofahrer, die ein Tier angefahren haben, das Fundrecht dazu missbrauchen, sich ihrer Verantwortung und der Kostenlast für Behandlung oder Einschläferung von Tieren zu entziehen". Deshalb solle dieser Fall nun grundsätzlich geklärt werden. "Schon seit Jahren läuft hier eine bundesweite Diskussion über die Zuständigkeiten", berichtet Dr. Marion Magdeburg, Vizepräsidentin der Tierärztekammer des Saarlandes. "Es wäre schön, wenn es irgendwann ein Grundsatzurteil gibt." Grundsätzlich sei der Auftraggeber für die Zahlung zuständig, doch es könne "nicht sein, dass der Finder auf den Kosten sitzenbleibt". Der Tierarzt sei vom Standesrecht her verpflichtet, unabhängig von der Frage der Kostenübernahme zumindest eine Notfallversorgung zu machen. Findern sei zu raten, dann den Fall der Polizei zu melden und erst anschließend zum Tierarzt zu gehen. Die zwei Gemeinden, mit denen sie persönlich zusammenarbeite, zeigten sich in Sachen Kostenübernahme sehr kulant. Ansonsten sei die Situation unterschiedlich oder auch gar nicht geregelt. Sicherlich liege der Aufwand bei der Behandlung von manchen Kleintieren weit über dem Sachwert, aber Tiere seien eben nicht nur unter wirtschaftlichen Aspekten zu betrachten. Die strittige Rechnung der Tierklinik erscheine ihr übrigens "sehr gemäßigt". Gelbwangenschildkröten sind Wasserschildkröten und stehen, anders als Landschildkröten, nicht unter Schutz, erläutert uns Melanie Wolstein vom gleichnamigen Zoofachgeschäft in Völklingen. Wasserschildkröten neigten dazu, "abzuhauen, wenn sie sich an ihrem Teich im Garten nicht wohl fühlen oder auf Partnersuche gehen". Verkauft würden Gelbwangenschildkröten ab einer Spanne von 29 bis 39 Euro für ein Exemplar "so groß wie ein Fünf-Mark-Stück". Die Stadt Völklingen hat in ihrem Haushaltsentwurf für 2013 übrigens 15 000 Euro für die tierärztliche Versorgung von Fundtieren vorgesehen.Foto: privat

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