Ein Toter im Hausboot auf der Saar und im Radio

Saarbrücken · Ein Mann auf einem Hometrainer, ein Hausbootverleih, der Saarlouiser Kommissar Paquet und seine Tochter Charlotte: All das steht im Mittelpunkt des neuen Radio-Tatorts "Alles fließt". Traditionell demonstriert der Saarländische Rundfunk sein Tatort-Hörspiel stets vor der Erstausstrahlung in der Saarbrücker Stadtbibliothek in öffentlicher Runde und in Anwesenheit der SR-Hörspielredaktion und des Autors. So auch bei der Hör-Perspektive am Mittwoch.

Das Hörspiel beginnt mit dem schweren Atmen eines Mannes auf dem Hometrainer. Dieses Motiv wiederholt sich innerhalb des Stückes, so dass man erst nach und nach versteht.

Als Rahmenhandlung hat sich der in Saarbrücken lebende Autor Erhard Schmied das Thema Tourismus und Strukturwandel ausgedacht. "Normalerweise liefert der Autor eine Grundidee, macht einen Vorschlag für den Stoff, das wird dann abgesprochen", erklärt Schmied nach dem Hörerlebnis. Anette Kührmeyer, Hörspielchefin des SR, nickt: "Eine Auftragsarbeit ist meistens nicht gerade förderlich für die Kreativität", ist ihre Erfahrung.

Der Strukturwandel ist maßgeblich für die Entwicklung des Saarlandes. 2012 wurde die einzige noch aktiv betriebene Grube in Ensdorf stillgelegt. Früher hat jede zweite Familie im Saarland vom Bergbau gelebt, heute keine mehr. Bei der Suche nach Alternativen spielt die Tourismusbranche eine große Rolle. Das hat sich Klaus Becker, gesprochen von Rainer Furch, in der Geschichte zu Nutze gemacht und vermietet Hausboote auf der Saar. Bei einer Probefahrt mit der Presse ist auch Charlotte dabei, die ein Praktikum beim Saarländischen Rundfunk macht. Es fallen Schüsse, und ein Mann stirbt. Ein Fall Kommissar Paquet, zufälligerweise der Vater von Charlotte. So flicht Autor Schmied sein zweites Saarland-Motiv: Jeder kennt jeden.

Vor allem aber spielt der Radio-Tatort des Saarländischen Rundfunks natürlich immer im Saarland, genauer: in Saarlouis. Aber zu hören ist das im Radio eher nicht. "Ich komme ja aus Frankfurt, also hängt mein Herz eigentlich nicht so an dem Dialekt hier, aber die Frage kommt immer wieder auf", sagt Schmied.

Seit den 70ern lebt er im Saarland und arbeitet als freier Autor. Regisseur Stefan Dutt, gebürtiger Saarlouiser, hat eine ganz praktische Erklärung: "Die Ansprüche an Sprecher sind hoch, und wenn es dann nicht genau der Saarlouiser Dialekt ist, sondern der Sprecher aus Neunkirchen kommt, beschweren sich die Hörer." Außerdem wird der Radio-Tatort bundesweit ausgestrahlt.

Auch das Privatleben des Kommissars erfährt im neuen SR-Radio-Tatort einen Strukturwandel. Paquets Frau war in Kur und hat seitdem bemerkenswert gute Laune. "Sie lächelt die ganze Zeit, an mir kann das nicht liegen", sagt Paquet besorgt zu seiner Kollegin. Ein Zuhörer wundert sich bei der anschließenden Diskussion über dieses Bedienen von Klischees "der schweigsame Mann, Frau will Mann ändern". Woraufhin Kührmeyer nur antwortet: "Wir sind zwar vom Kulturradio, aber wir haben keine Scheu vor Unterhaltung".

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