Ein Leben für die Bücher

Ottweiler · Seit 50 Jahren geht Ulf Weihrauch in Ottweiler seinem Beruf als Buchbinder mit Freude nach. Ans Aufhören denkt er dabei noch lange nicht. Wir durften den Buchbindermeister in seiner Werkstatt besuchen.

 Der Ottweiler Buchbinder Ulf Weihrauch in seiner Werkstatt. Im Vordergrund die Klebebindemaschine. Foto: Andreas Engel

Der Ottweiler Buchbinder Ulf Weihrauch in seiner Werkstatt. Im Vordergrund die Klebebindemaschine. Foto: Andreas Engel

Foto: Andreas Engel

Es war Mitte Juni 1963, als Ulf Weihrauch in Ottweiler seinen Lehrvertrag zum Buchbinder unterschrieben hat. Sein damaliger Meister Hermann Werth hatte die ehemaligen Räume der Ottweiler Druckerei in der Schloßstraße 21 übernommen. Seither hat Ulf Weihrauch dort gearbeitet. 1992 folgte die Meisterprüfung. "Seit 1995 bin ich in diese Räumen selbstständig", erzählt Weihrauch beim SZ-Besuch in seiner Werkstatt.

Fein säuberlich aufgestapelt warten zwischen 200 und 300 Bücher in verschiedenen Bearbeitungsstadien auf die Fertigstellung. "Wir sind ein reiner Handwerksbetrieb", sagt Weihrauch. Eine automatisierte Verarbeitung komme allein deshalb schon nicht infrage, weil die Bücher alle unterschiedliche Formate haben.

Zu den Kunden gehören Anwälte und Notare, aber auch Privatleute. Ein großer Teil der Arbeit wird für die Universitätsstandorte Saarbrücken, Homburg und Kaiserslautern geleistet. Rund 7000 Bücher werden für verschiedene Fakultäten innerhalb von drei Jahren gebunden - dann gibt es eine neue Ausschreibung. Und so kommen sie regelmäßig an, die gesammelten Fachzeitschriften, aus denen im Zwei-Personen-Betrieb unter den kundigen Händen von Ulf Weihrauch und seiner Mitarbeiterin Ute Buss in vielen Arbeitsschritten Bücher werden. "Zuerst werden die Zeitschriften geschnitten", erklärt der Meister. Danach werden die Blätter zusammen mit einem sogenannten Vorsatzblatt verleimt - "gelumbeckt" wie der Fachmann sagt. Der Name leitet sich von Emil Lumbeck ab, dem Erfinder des angewendeten Klebeverfahrens. Nach dem Trocknen werden die geklebten Blätter dreiseitig beschnitten. Es folgt die Rundung des Rückens in der "Buchrückenrundemaschine". Ulf Weihrauch bereitet sein Beruf sichtlich Freude und so kann er sich angesichts dieses Wortungetüms ein kleines Lachen nicht verkneifen.

Nach dem Runden wird der Buchrücken mit Spezialleim gehärtet. Es folgt die Einbanddecke, die aus zwei Kartonbogen und einem Rückenteil besteht. "Der Gestaltung sind hier fast keine Grenzen gesetzt", so der Meister. Als Überzug kommen Dekorpapier, Gewebe oder Leder zum Einsatz.

Eine Prägemaschine, in der die Buchstaben noch von Hand gesetzt werden müssen, übernimmt die Beschriftung. Bei etwa 110 Grad Celsius prägt sie die Schrift von einer Goldfolie auf den Rücken.

Beim letzten Arbeitsschritt werden Buch und Decke verklebt und verpresst.

Viele Arbeitsschritte sind nötig

Gerade weil nach Leimvorgängen immer entsprechende Trocknungszeiten eingehalten werden müssen, ist klar, warum sich so viele Bücher in der Werkstatt stapeln. "Hier greift eins ins andere. Die Bücher wandern durch die Werkstatt", so der Meister. In den 50 Jahren seiner beruflichen Laufbahn hat sich an den Arbeitsschritten nichts verändert.

Für sich selbst arbeitet er übrigens auch manchmal. Von über 1000 Büchern, die Ulf Weihrauch zu Hause hat, bindet er die, welche ihm besonders ans Herz gewachsen sind. "Meine persönliche Beziehung zum Medium Buch ist überwältigend", gesteht er. Fast liebevoll lässt er die Bücher durch seine Hände gleiten.

Ähnlich geht es ihm mit Bildern. Denn als Buchbinder gehört auch das Rahmen von Gemälden, Fotografien und anderem zu seinen Aufgaben. "Das ist dann was ganz Individuelles und kein Rahmen von der Stange", beschreibt er die Vorzüge der handgemachten Rahmung.

Pläne für einen baldigen Ruhestand hat der 65-Jährige, der in Stralsund geboren wurde und heute mit seiner Frau Brigitte in Saarbrücken lebt, nicht. Die gemeinsame Tochter studiert und er macht seine Arbeit viel zu gerne. "Viel Arbeit, wenig Kohle", bringt er es auf den Punkt, aber - und das sei das Wichtigste - "es macht mir sehr viel Spaß."

Geöffnet hat die Buchbinderei von Ulf Weihrauch montags bis freitags durchgehend von 7.30 Uhr bis 15.30 Uhr. Kontakt: Bibliotheks-Buchbinderei Ulf Weihrauch, Schloßstraße 21, 66564 Ottweiler, Telefon (0 68 24) 20 22.

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