Homburg Ein Arbeitskampf für mehr Personal

Homburg · Am Uniklinikum des Saarlandes wird seit gestern gestreikt. Ein Ultimatum der Gewerkschaft läuft noch bis Freitag.

 Die streikenden Pflegekräfte machten mit Trillerpfeifen und Transparenten am Universitätsklinikum des Saarlandes auf sich aufmerksam.

Die streikenden Pflegekräfte machten mit Trillerpfeifen und Transparenten am Universitätsklinikum des Saarlandes auf sich aufmerksam.

Foto: Thorsten Wolf

Um 6 Uhr morgens wurden gestern an der Uniklinik in Homburg die Trillerpfeifen laut. Die Pflegerinnen und Pfleger sind in den zwei Tage langen Warnstreik eingetreten. Rund sechzig von ihnen haben sich in der Früh teils mit Warnwesten und Transparenten versammelt. Das besondere bei diesem Streik ist: Die Pflegekräfte streiken nicht für mehr Geld. Sie streiken für mehr Personal. Den sogenannten „Tarifvertrag Entlastung“.

Unter den Streikenden sind einige, die gerade aus einem 24-Stunden-Dienst kommen. Sie sagen: „Es muss etwas passieren, damit die Arbeit wieder attraktiver wird.“ Und: „Für das Privatleben bleibt keine Zeit mehr.“ Manche bezeichnen sich als Maschine, die nur noch zu arbeiten hat. „Seit die Kliniken in den Konkurrenzkampf gegangen sind, wird jedes Jahr gespart“, erklärt Charlotte Matheis, die ihren Dienst am Uniklinikum 1976 begonnen hat. Es brauche einfach genügend qualifiziertes Personal. Unqualifizierte Helfer, die möglichst einfache Aufgaben den Krankenpflegern abnehmen sollen, seien aus ihrer Sicht keine Lösung. „Ich brauche den ganzheitlichen Blick auf den Patienten“, sagt sie. Da sei es wenig hilfreich, wenn mehrere gleichzeitig einen Patienten versorgen. „Argumentiert wird jedoch immer nur nach Köpfen pro Station, doch nicht, wer welche Arbeit leisten kann oder darf“, sagt sie. Hinzu komme die besondere Fürsorgepflicht. Einen Menschen zu behandeln sei eben etwas anderes als eine Autoreparatur. „Wir können leider nicht in der Masse streiken, wie etwa die IG Metall.“ Und die Streikenden wollen einen bindenden Tarifvertrag, „keine Dienstvereinbarung, die doch nicht gelebt wird.“

Auf 120 Betten, und damit auch möglicherweise 120 Patienten weniger, musste sich die Klinik an den Streiktagen einstellen. In einem Notdienstplan hatte sich die Gewerkschaft Verdi zuvor mit der Klinikleitung über die Anzahl geeinigt, damit diejenigen, die Streiken wollen, das auch in Angriff nehmen können. Teilweise zogen sich die Verhandlungen über acht Stunden. Drei Tage zuvor mussten die Streikwilligen angemeldet werden, damit eine Versorgung der Patienten sichergestellt werden konnte. In der Frauenklinik ist eine von zwei Stationen geschlossen. „Da Streiken so viele, dass die Patienten auf die andere Station verlegt wurden“, sagt Michael Quetting, Gewerkschaftssekretär bei Verdi. Auf knapp unter 400 schätzt er die Anzahl der Streikenden gestern, die Klinik-Leitung spricht von 200 Pflegekräften, die in den Streik gingen.

Heute früh wollten diese mit Bussen nach Düsseldorf aufbrechen. Dort treffen sich die Gesundheitsminister der Länder zur Konferenz. Erwartet wird auch, dass dort Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erscheint. Dort will man zusammen mit möglichst vielen aus anderen Bundesländern auf die Situation der Pflegekräfte aufmerksam machen. „Und wir wollen die saarländische Gesundheitsministerin Monika Bachmann fragen, wo die 1000 Stellen sind, die sie versprochen hat“, sagt Quetting. Daneben läuft noch ein Ultimatum der Gewerkschaft bis Freitag, 22. Juni, um auf die Forderung eines Tarifvertrages einzugehen. Danach will man in die Urabstimmung. Sind 75 Prozent der Gewerkschafter dafür, droht der unbefristete Streik. Am Freitag wollen die Streikenden dann auch durch Homburg ziehen, um öffentlichkeitswirksam auf sich aufmerksam zu machen.

„Der Klinikalltag war durch die Streikmaßnahmen eingeschränkt“, meldete gestern auch die Klinik-Leitung. Die Patientenversorgung sei jedoch durch die abgeschlossene Notdienstvereinbarung sichergestellt. Dringende medizinische Behandlungen könnten erfolgen. Einschränkungen seien jedoch auch heute noch möglich, weswegen die Patientenversorgung der jeweiligen Situation angepasst werden müsste. Zeitweilige Bettenreduzierungen und Terminverschiebungen in nicht dringenden Fällen seien einige der möglichen Maßnahmen. Insbesondere würden die Notaufnahme und die Intensivstation vor große Herausforderungen gestellt. Gestern seien maximal 60 Prozent der geplanten Operationen durchgeführt worden. Wobei Verdi nach eigenen Angaben Teams für Tumor-Operationen und bei einer Herz-Operation an einem Kind freiwillig gestellt hatte. „Es sind keine Notfälle, aber für die Patienten und deren Angehörigen besonders emotionale Fälle“, erklärt Frank Hutmacher von Verdi.

Bei dem Ultimatum sieht es jedoch nicht danach aus, dass eine schnelle Einigung auf einen Tarifvertrag gibt. „Die Entscheidung über mögliche Reaktionen auf das Ultimatum obliegt nicht alleine dem UKS, sondern eher den übergeordneten Gremien und Aufsichtsbehörden“, meldet die Klinikleitung. Inhaltlich liege man zwar bei den Forderungen nicht weit auseinander, doch der Arbeitgeber, das Land, sieht hier eine Lösung im Gegensatz zur Gewerkschaft in Form von Dienstvereinbarungen mit dem Personalrat.

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