Hochmosel-Brücke Eifel und Hunsrück sind bald verbunden

Zeltingen-Rachtig · Am Hochmoselübergang schließt sich seit Mittwoch die Lücke, die hoch über dem Fluss klafft. Im kommenden Jahr soll die Brücke fertig werden.

 Der Koloss gleitet über rote Verschublager, die auf die Pfeiler montiert sind.

Der Koloss gleitet über rote Verschublager, die auf die Pfeiler montiert sind.

Foto: dpa/Thomas Frey

Still liegt der Stahlgigant. Aus dem diesigen Tal dringt Glockenläuten zur größten Brückenbaustelle Europas empor, und selbst die langersehnten Regentropfen hört man aufs verdorrte Gras fallen. So erwartungsvoll ruhig ist es oben auf der Hunsrückseite unterhalb der riesigen Stahlstraße, die in wenigen Minuten ihre letzte Reise über die Mosel antreten soll. Draußen über dem Tal warten auf jedem der zehn schwindelerregend hohen Brückenpfeiler Bauarbeiter auf das Kommando, dass es losgeht. Ein letztes Mal sollen sie dafür sorgen, dass sich der Brückenüberbau vom Hunsrück Richtung Eifel bewegt. 230 Meter weit. Bis die Hochmoselbrücke ihre komplette Länge von 1,7 Kilometern erreicht.

Nach Jahrzehnten der Planung und nach Jahren intensiver Bauarbeiten schließt sich am Hochmoselübergang seit Mittwoch die Lücke, die hoch über dem Fluss in der neuen Bundesstraße 50 klafft. Ein letztes Mal wird der riesige Brücken-Überbau vom Hunsrück Richtung Eifel geschoben. Zentimeter für Zentimeter.

Unvorstellbar jedoch, dass irgendetwas diese Massen in Bewegung setzen könnte. Schon gar nicht jene unscheinbaren Hydraulikkolben, die an insgesamt 13 Stationen für Schub sorgen sollen. Schließlich geht es um 32 000 Tonnen Stahl. So viel, wie 320 000 schwere Männer oder wie 26 000 VW Golf wiegen.

Es ist ein Projekt der Superlative. Das Bauwerk sei in jeder Hinsicht beeindruckend, sagt Timo Heinz, stellvertretender Leiter der Fachgruppe Projektmanagement beim Landesbetrieb Mobilität Trier. Schon alleine wegen seiner Dimensionen: Imposante 1,7 Kilometer ist die Brücke lang, 160 Meter hoch, und da, wo die Mosel fließt, hat sie zwischen dem dritten und vierten Pfeiler eine Stützweite von satten 210 Metern. „Das ist sehr besonders“, sagt Heinz. Selbst der rote Hilfspylon, der auf der Brücke errichtet wurde, um das Gewicht des Stahltrumms mitzutragen, ist beachtlich: Er ist 83 Meter hoch und wird von 150 Kilometern Stahlseil stabilisiert. Auch dass ein derart anspruchsvolles Bauwerk an einem Hang errichtet wird, der langsam abwärts kriecht – so wie der Eifelhang dies in 20 Metern Tiefe tut –, hat es noch nicht gegeben.

Nicht direkt auf ihren Pfeilern ruht die Brücke derzeit, sondern auf sogenannten Verschublagern, über die sie – angetrieben von Hydraulikpressen – auf speziell beschichteten Platten langsam hinweggleiten kann. „So, wir beziehen jetzt alle Plätze. In fünf Minuten geht es los“, tönt es aus einem Walkie-Talkie – und schon eilen Bauarbeiter herbei. Der Richtmeister bleibt in der Mitte unter dem gigantischen Stahlteil stehen und startet die Hydraulikpresse. Je zwei Arbeiter gehen zu den Lagern und legen dort jene nicht einmal laptopgroßen Platten ein, die alles möglich machen: Von unten sind sie mit Teflon beschichtet, damit sie gut gleiten, von oben mit Neopren, damit der Stahlgigant auf ihnen eine gute Haftung findet. „Eins bereit“, teilt Pfeiler eins durchs Walkie-Talkie mit, „zwei bereit, drei bereit ...“

Als alle 13 Schubstationen das Okay gegeben haben, startet der Countdown „3,2,1 los“ – und überall setzen sich gleichzeitig die Kolben in Bewegung, pressen die beschichteten Platten Richtung Eifel und ziehen dabei das aufliegende 1,7 Kilometer lange Stahlteil mit sich. Das klingt spektakulär. Sieht aber nicht so aus. Ist die Bewegung doch so langsam, dass man sehr lange und genau hinschauen muss, um sie überhaupt zu bemerken. Nach 30 Zentimetern ist Schluss, dann rutscht die Platte vorne raus, wird wieder eingelegt – und die Prozedur startet aufs Neue. Drei Wochen wird es dauern, bis die andere Seite des Tals erreicht ist. „Es ist ein großer Schritt, wenn wir da angekommen sind“, sagt Heinz.

Wann die ersten Autos in 160 Metern Höhe über das Moseltal fahren können, ist noch offen. Viele Arbeiten warten noch: Der rote Pylon, der mit der mit seinen 880 dicken Stahlkabeln derzeit noch einen Großteil der Last trägt, muss abgebaut werden. Dann bekommt die Brücke zwei Meter hohe Lärm- und Windschutzwände sowie alles, was eine Straße braucht: einen Asphaltbelag, Verkehrsschilder, Markierungen ... Fest steht, dass der Hochmoselübergang frühestens 2019 fertig wird.

 An der rund 1,7 Kilometer langen Hochmoselbrücke läuft derzeit die Verschubphase für das letzte, rund 230 Meter lange Teilstück, das den Hunsrück mit der Eifel verbinden wird.

An der rund 1,7 Kilometer langen Hochmoselbrücke läuft derzeit die Verschubphase für das letzte, rund 230 Meter lange Teilstück, das den Hunsrück mit der Eifel verbinden wird.

Foto: dpa/Thomas Frey
 03SZ-Hochmoselübergang

03SZ-Hochmoselübergang

Foto: SZ/Steffen, Michael

Geduld ist gefragt. Auch bei allen, die das Schubspektakel beobachten wollen. Sie sollten einige Stunden einplanen, wenn sie miterleben wollen, wie der Koloss seine Position merklich verändert.

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