Die tägliche Angst vor Vergeltung

Herr Bauer, im Alter von zwölf Jahren kamen Sie erstmals mit der rechtsextremen Szene in Kontakt, riefen acht Jahre später den neonazistischen Schlägertrupp "Bund arischer Kämpfer" ins Leben und übten verschiedene hohe Funktionen in der Kameradschaft Dommitzsch aus

 Manuel Bauer (34) kam im Alter von zwölf Jahren erstmals mit der rechtsextremen Szene in Kontakt. Foto: R. Fischer

Manuel Bauer (34) kam im Alter von zwölf Jahren erstmals mit der rechtsextremen Szene in Kontakt. Foto: R. Fischer

Herr Bauer, im Alter von zwölf Jahren kamen Sie erstmals mit der rechtsextremen Szene in Kontakt, riefen acht Jahre später den neonazistischen Schlägertrupp "Bund arischer Kämpfer" ins Leben und übten verschiedene hohe Funktionen in der Kameradschaft Dommitzsch aus. Wie sind Sie da hineingeraten?Bauer: Der Einstieg in die Szene geschah damals mit und durch meine damaligen Freunde. Zudem bekam ich einen Zugang zur rechten Szene über rechtsextreme Musik, Flyer, Publikationen und Parteiarbeit. Letztlich fühlte ich mich durch die desolate Lage in Politik und Gesellschaft bei uns in den neuen Bundesländern angetrieben.

Es dauerte zwölf Jahre, bis Sie sich an "Exit Deutschland", eine Organisation für Neonazi-Aussteiger, wandten. Was hat Sie schließlich dazu veranlasst, aus der Szene auszusteigen?

Bauer: Nach etlichen Gesprächen mit Mitarbeitern von "Exit Deutschland" erkannte ich, dass es in der rechten Szene viele Widersprüche gibt. Als ich mich immer mehr distanzierte, bin ich von meinem damals besten Kameraden bedroht worden. Er sagte mir, ich solle aufpassen, sonst könnte ich Ärger kriegen. Ich habe mich dann immer mehr aus Treffen und Aktionen herausgezogen, zumal ich ja schon in enger Verbindung mit "Exit" war.

Wegen welcher Straftaten wurden Sie aufgrund Ihrer rechten Gesinnung verurteilt?

Bauer: Unter anderem bin ich inhaftiert worden, weil ich in einer Döner-Imbissbude ein Feuer gelegt und einen homosexuellen Geschäftsführer erpresst habe. Vor Gericht bin ich etwa wegen Diebstahls, Fahren ohne Führerschein und Vandalismus zu Geldstrafen, Sozialstunden und Bewährungsstrafen verurteilt worden. Viele Straftaten, die ich beging, wurden allerdings gar nicht zur Anzeige gebracht, weil ich und meine Kameraden öfters vermummt waren.

Hat sich für Sie der Ausstieg auch finanziell gelohnt?

Bauer: Meine finanzielle Situation hat sich schon verbessert. Wegen des Ausstiegs habe ich allerdings kein Honorar erhalten - weder von "Exit" noch vom Verfassungsschutz. Für öffentliche Auftritte erhalte ich Honorare.

Mittlerweile leben Sie an einem geheimen Ort. Haben Sie Angst davor, dass sich eines Tages Ihre Ex-Kameraden wegen des Ausstiegs an Ihnen rächen könnten?

Bauer: Obwohl ich Polizeischutz genieße, wenn ich zu Veranstaltungen unterwegs bin, und auch regelmäßig ein Streifenwagen an meiner Wohnung vorbeifährt, habe ich davor große Angst. Ich gebe zu, dass ich deswegen in meiner Wohnung in fast jedem Raum eine Waffe versteckt habe. Zwar sind es keine Schusswaffen, aber zumindest Schlag-Gegenstände, mit denen ich mich zur Not verteidigen kann. Im Internet kursieren Denunzierungen, ich sei ein Lügner und nie ein echtes Mitglied der Szene gewesen. Es gibt aber auch Kameraden, die dazu aufrufen, nach mir Ausschau zu halten und mich für meinen Verrat an der rechten Szene zu bestrafen.

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