Glanztag von Stockholm Die Startnummer 213 brachte Liesel Jakobi Glück

Saarbrücken. Auch ein halbes Jahrhundert nach dem Glanztag von Stockholm blättert Liesel Luxenburger geborene Jakobi gern in ihrem Archiv. Wenn sie auch zum munteren Schildern ihrer EM-Sprünge kein bedrucktes Papier benötigt. Sie erzählt das glanzvolle Ereignis aus 1958 ganz locker, als habe der große Coup erst gestern stattgefunden

 Liesel Jakobi (heute Luxenburger) mit Goldmedaille bei der Leichtathletik-EM 1958 in Stockholm. Foto: SZ

Liesel Jakobi (heute Luxenburger) mit Goldmedaille bei der Leichtathletik-EM 1958 in Stockholm. Foto: SZ

Saarbrücken. Auch ein halbes Jahrhundert nach dem Glanztag von Stockholm blättert Liesel Luxenburger geborene Jakobi gern in ihrem Archiv. Wenn sie auch zum munteren Schildern ihrer EM-Sprünge kein bedrucktes Papier benötigt. Sie erzählt das glanzvolle Ereignis aus 1958 ganz locker, als habe der große Coup erst gestern stattgefunden. Dem "Höhepunkt meiner Karriere" gingen Qualifikationen mit DDR-Sportlern voraus. "Gesamtdeutsche Mannschaft" hieß das erste Ziel.

Das Mädchen aus Saarbrücken schaffte diesen Sprung: "Ich wurde neben Erika Fisch und meiner ATSV-Kameradin Helga Hoffmann nominiert." Völlig unbefangen und unbeschwert sei sie an den Absprung gegangen. Auch vor den Favoritinnen aus der damaligen UdSSR sei ihr nicht bange gewesen. "Mein Wettkampf fiel auf einen Freitag, und meine Startnummer hieß 213. Beides sollte mir Glück bringen." Nach vier Versuchen war sie Vierte - dennoch von Nervenflattern keine Spur. Sie erinnert sich: "Ich habe nach dem Wind geschaut und gedacht: Das kriegst du noch hin." Die 5,99 Meter aus dem ersten Sprung waren ein guter Dämpfer gegen Aufgeregtheit. Es folgten diese Notierungen: Ungültig - 5,63 - 5,85. Dann der Hammer: Leicht und kräftig sprang die Saarbrückerin 6,14 Meter weit. Jubel bei den Deutschen aus West und Ost. Finstere Mienen im UdSSR-Lager, deren drei Springerinnen auf die Platz zwei bis vier verwiesen wurden.

Bei der Siegerehrung sei sie "etwas aus der Fassung" geraten, erzählt Liesel Luxenburger. Gesamtdeutsche Mannschaft - da war um des sportlichen Friedens willen das Spielen einer Hymne vom Leichtathletik-Weltverband IAAF untersagt worden. "Doch siehe da, Hunderte deutscher Schlachtenbummler von hüben und drüben standen spontan auf und sangen das Deutschland-Lied", erinnert sie sich.Eine Flut an Glückwunsch-Telegrammen ging in Stockholm bei Liesel Jakobi ein, die ein Jahr zuvor deutsche Jugendmeisterin geworden war - im Weitsprung und im Fünfkampf. Ihre Kameradin Helga Hoffmann hatte bei der EM dagegen Pech: 5,85 Meter bedeuteten lediglich Rang sieben. Sie hatte während ihrer langen Aktivenzeit die Sechs-Meter-Marke 345 Mal übersprungen. Daheim gab es für das ATSV-Duo viele Ehrungen. Liesel Jakobi, Helga Hoffmann und andere Mädchen hatten schon als Kinder ihre Liebe zur Leichtathletik entdeckt und auf der Straße Am Ordensgut in Alt-Saarbrücken eigene Bewegungsspiele kreiert: "Wir haben uns die Anlaufbahn am Bellevue-Sportplatz im Winter mit Schippen vom Schnee befreit. Unser guter Trainer Hermann Bertram hat bei den Saargruben ein Förderband erbettelt. Das haben wir selbst verlegt und als Anlaufbahn zur Sprunggrube genutzt."

 Liesel Jakobi (heute Luxenburger) mit Goldmedaille bei der Leichtathletik-EM 1958 in Stockholm. Foto: SZ

Liesel Jakobi (heute Luxenburger) mit Goldmedaille bei der Leichtathletik-EM 1958 in Stockholm. Foto: SZ

 Liesel Jakobi (heute Luxenburger) mit Goldmedaille bei der Leichtathletik-EM 1958 in Stockholm. Foto: SZ

Liesel Jakobi (heute Luxenburger) mit Goldmedaille bei der Leichtathletik-EM 1958 in Stockholm. Foto: SZ

 Liesel Jakobi (heute Luxenburger) mit Goldmedaille bei der Leichtathletik-EM 1958 in Stockholm. Foto: SZ

Liesel Jakobi (heute Luxenburger) mit Goldmedaille bei der Leichtathletik-EM 1958 in Stockholm. Foto: SZ

Die Alt-Saarbrückerin hatte sich schon mit zehn Jahren in die ATSV-Mitgliederliste einschreiben lassen. Viele Wettkampfarten standen im Angebot. "Ich durchlief erst einmal alle möglichen Sparten. Mit zwölf landete ich bei der Leichtathletik." Laufen und der Dreikampf (Laufen, Springen, Werfen) stärkten ihre Siegermentalität. Fazit: "Auf dem Siegertreppchen zu stehen und einen Lorbeerkranz zu tragen, machte mich stolz und immer fleißiger." Liesel Jakobi wurde bereits 1954, gerade 15, für die EM in Bern als Ersatzläuferin der Saarland-Frauenstaffel über 4x100 Meter nominiert.Mit einem Hauch von Frust zeigt sie ihren Olympia-Pass für die Sommerspiele 1964 in Japan. Pech gehabt: Der NOK-Ausweis hat das Saarland nie verlassen. Liesel Luxenburger, so ihr Name nach der Heirat, musste das Tokio-Ticket wegen einer Verletzung ungenutzt lassen. Sie war damals vom ATSV zum SV Saar 05 gewechselt. Beruflich war sie ein Jahrzehnt lang beim Schulamt der Stadt Saarbrücken tätig. Die Belastung, am Wochenende zu Wettkämpfen und Lehrgängen, während der Woche zum Arbeitsplatz und zum Training, wurde von einem hohen Spaß-Faktor getragen. Die Liebe zur Leichtathletik ist auch 50 Jahre nach dem Jubeltag von Stockholm ungebrochen. Wenn ihre Enkel Matthias (11) und Carolin (8) zu Besuch nach Bous kommen, spaziert die Oma mit ihnen zum Sportplatz, macht mit den Kindern Übungen an der Sprunggrube und beim Ballweitwurf. Sohn Claus ist Oberarzt in einem Trierer Krankenhaus; die Schwiegertochter Barbara praktiziert als Ärztin für Allgemeinmedizin in Gusterath, unweit von Trier. "Wir haben uns die Anlaufbahn auf der Bellevue im Winter mit Schippen vom Schnee befreit."Liesel Luxenburger

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