Die Sopranistin mit den vielen Facetten

Saarbrücken/Spichern · Mathematik, Psychologie und Musik: Ulrike Gertrud Voltmer ist eine Frau mit vielen Talenten. In Saarbrücken legte sie ihr Gesangs-Examen ab.

 In ihrem Haus in Spichern ist die vielseitig begabte Ulrike Voltmer nur selten. Unter der Woche lebt sie in Idar-Oberstein, wo die Diplom-Psychologin eine eigene Praxis hat. Foto: Iris Maurer

In ihrem Haus in Spichern ist die vielseitig begabte Ulrike Voltmer nur selten. Unter der Woche lebt sie in Idar-Oberstein, wo die Diplom-Psychologin eine eigene Praxis hat. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

"Ach, Sie sind das?" Den Satz bekommt Ulrike Gertrud Voltmer öfters zu hören. Gut möglich, dass er auch im Anschluss an das morgige Konzert im Hotel Leidinger fällt. Oder dieser andere Klassiker: "Was, Sie haben einen Doktor-Titel?" Tatsächlich wäre es jedoch viel überraschender, hätte die Sopranistin keinen vorzuweisen - bei der Vielfalt ihrer Begabungen, Interessen und einer immensen Schaffenskraft, die sich nicht zuletzt in einer ganzen Reihe wissenschaftlicher Bücher und Veröffentlichungen manifestiert.

Für das Interview lädt Ulrike Voltmer zu sich nach Spichern ein. Dort, in dem architektonisch mindestens genauso ungewöhnlichen, mit drei Meter hohen Hecken von der Hauptstraße abgeschirmten Haus der Voltmers fallen zuerst die bis an die Decke reichenden Notenschränke im Flur ins Auge. Dann das verstreute Reisegepäck: "Ich lebe aus dem Koffer", meint die Gastgeberin entschuldigend. Am Vorabend erst ist sie mit dem Zug aus Idar-Oberstein gekommen, wo sie unter der Woche lebt. Seit 2015 betreibt die Diplom-Psychologin in der Edelsteinstadt eine eigene Praxis.

Ihre Eltern hätten das kaum gutgeheißen. Beide waren Pianisten - und Idealisten, gewohnt hat die dreiköpfige Familie beengt und sehr bescheiden, ein Badezimmer gab es nicht. Dafür aber einen Flügel, unter dem die kleine, ständig kränkelnde Ulrike quasi groß wurde: "Ich habe Häuschen darunter gebaut." Ab fünf wechselte sie die Perspektive und bediente die Tasten. Da das Mädchen unter extremem Hautausschlag litt, trug es die Finger stets verbunden. "Im Dreck spielen" ging somit gar nicht, Klavierspielen schon. Aber Profi wollte Ulrike nie werden, sondern unbedingt Sängerin.

Trotzdem gewann sie viermal den Landeswettbewerb "Jugend musiziert" am Klavier und schloss zunächst ihr Klavierstudium ab, bevor sie sich ganz dem Gesang widmete. Zu ihren Lehrern gehörte Opernstar Josef Greindl, ihr Examen legte Ulrike Voltmer in Saarbrücken und Darmstadt ab. Es folgten Auftritte als Opern-, Konzert- und Oratoriensängerin im In- und Ausland, Fernsehverfilmungen und alles, was sonst noch Spaß macht, darunter interdisziplinäre Projekte mit der Flamenco-Gruppe FINO-FINO, dem Pantomimen JOMI, den sie auf seiner Japan-Tournee begleitete, oder Margarete Palz mit ihren lebenden Kleiderskulpturen.

"Die Kunst ist die Crux ihrer Tochter", hat mal ein Mathe-Lehrer zu ihren Eltern gesagt. Problemlos hätte sie Mathematikerin werden können, bei ihrem Talent für Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik. Aufgewachsen war Ulrike Voltmer übrigens auch mit philosophischem Gedankengut: "Mein Vater hat spät promoviert. In meinem Kinderzimmer war Platz, da standen die ganzen Bücher von ihm. Wir haben uns darüber unterhalten", kategorischer Imperativ und all das. Philosophie war später an der Uni ein Hauptfach Voltmers. Und dann gab es da noch ihren Onkel, der nebenbei Horoskope berechnete - auch er prägte fleißig mit. In den 90ern stand seine Nichte fünf Jahre lang dem Deutschen Astrologen-Verband vor und leitete zeitweise die Sektion "Medizin und Astrologie". Vergriffen ist Voltmers Buch "Wie frei ist der Mensch?", das sich um Möglichkeiten und Grenzen der Astrologie dreht.

Als ob das immer noch nicht genug wäre, engagierte sich die Künstlerin auch politisch: als Vorstandssprecherin der Grünen im Saarland und als Kandidatin der Partei "Die Linke" für das Europaparlament. "Es lief schon immer alles parallel", kommentiert das die Hausherrin und schenkt Tee aus selbst gepflückten Kräutern aus. "Ich habe stets versucht, was Hobby war, professionell zu machen." Nebenbei heiratete sie und schenkte einem Sohn das Leben. Nach wie vor gibt sie Klavierunterricht und findet Zeit, mit der 17 Monate alten Enkelin spazieren zu gehen, unterwegs lernt sie italienische Arien auswendig. "Mir hat die Musik immer geholfen in allen Lebenslagen." Aber was treibt diese Frau an, die selten mehr als fünf Stunden am Stück schläft? Ihr ererbter Idealismus. "Ich will etwas verändern in der Welt, ich bin Optimist", und ein promovierter noch dazu.

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Der Kulturverein KuBe lädt für morgen, 5. Mai, um 19.30 Uhr zur "Serenata Italiana" ins Hotel Leidinger ein. Ulrike Voltmer (Sopran), Charles Robin Broad (Tenor) und Natalya Chepelyuk (Klavier) präsentieren Duette und Liebeslieder von Robert Schumann, Gioachino Rossini, Giovanni Pergolesi, Alessandro Stradella, Giulio Caccini. Eintrittskarten gibt es unter www.ticket-regional.de . Kosten: 14 Euro im Vorverkauf, 15,50 Euro an der Abendkasse.

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