Die kleine "Brücke" ist immer dabei

Saarbrücken. Seit 2008 wird auch Werner Otto in den DFB-Annalen als "deutscher Nationalspieler" geführt. Der Saarverband hatte mit Erfolg interveniert, weil die Namen der einstigen DDR-Auswahlkicker schon länger in der Nationalspieler-Liste des Deutschen Fußball-Bundes eingeschrieben waren. Otto ist mit sechs Einsätzen aus den 50er Jahren für das Saarland notiert

Saarbrücken. Seit 2008 wird auch Werner Otto in den DFB-Annalen als "deutscher Nationalspieler" geführt. Der Saarverband hatte mit Erfolg interveniert, weil die Namen der einstigen DDR-Auswahlkicker schon länger in der Nationalspieler-Liste des Deutschen Fußball-Bundes eingeschrieben waren. Otto ist mit sechs Einsätzen aus den 50er Jahren für das Saarland notiert. Dazu zählten alle vier Qualifikationsspiele zur WM 1954; zweimal gegen Norwegen (3:2 und 0:0) und zweimal gegen Deutschland (0:3, 1:3). Auch sonst führte Ottos sportlicher Karriereweg zu vielen Fußball-Festplätzen. Beispiele: Das deutsche Endspiel 1952 (2:3 in Ludwigshafen gegen den VfB Stuttgart), die beiden Saarbrücker Begegnungen im Europacup 1955 gegen den AC Mailand (4:3-Sieg in Milano, 1:4-Niederlage auf dem Kieselhumes). Gern denkt Werner Otto an den saarländischen 3:1-Sieg in Straßburg über Frankreich B. Wir zitieren die französische Sportzeitung "L` Equipe": "Lob dem spritzigen Flügel Otto, dem kleinen Stürmer Binkert, dem starken Halbstürmer Martin und auch Siedl." Ottos fußballsportliche Vergangenheit ist dicht vor seiner Haustür angesiedelt. Von der Wohnung bis in den Ludwigspark muss er nur wenige Minuten gehen. Der Besitzer der FCS-Ehrenkarte versäumt kein Heimspiel. Auch in Liga fünf nicht. Der Ex-Stürmer ist oft Trainingsbeobachter im Sportfeld. "Dabei kann ich auch die frische Luft genießen", nennt er einen positiven Nebeneffekt. Aus seiner sportlichen Vergangenheit trägt Otto seit über 50 Jahren dauerhaft ein Souvenir mit sich; eine "Brücke" am Gebiss. Tatort Düsseldorf. Gruppenspiel um die deutsche Meisterschaft 1957 zwischen dem Hamburger SV und dem 1. FCS. Otto stürmt in die HSV-Hälfte, in dem außer dem Torhüter noch der Mittelläufer Jupp Posipal Wache hält. Posipal, 1954 in Bern Weltmeister geworden, sieht nur eine Möglichkeit, den Saarbrücker zu bremsen - eine unsportliche. "Ich will ihm keine Absicht unterstellen, aber es war zumindest grob fahrlässig. Ich war in vollem Lauf durch, da hielt Posipal weit vor dem Tor den Ellenbogen raus", schildert Otto.Ergebnis: Schneidezähne gespalten, Otto ging benommen zu Boden. Der 1. FCS machte mit zehn Mann weiter und verlor 1:2. Der Ellenbogen-Check des Jupp Posipal hatte für den weiteren Lebensweg von Werner Otto eine wichtige Bedeutung: "Ab diesem Tag hatte ich keine Lust mehr am Fußballspiel und habe meine Karriere, erst 28 Jahre alt, beendet." Erst im Alter von 17 Jahren hatte der "Molschder Bub" die ersten richtigen Ballkontakte. Er wurde mit den kreativen Diensten des Halbstürmers beauftragt. In der A-Jugend erkämpfte er sich einen Stammplatz und wurde schon in der ersten Saison Saarmeister. Außenstürmer hatte er nicht werden wollen. 1949 erhielt er einen Halbvertrag für die erste Mannschaft. Dort erwartete ihn aber ein anderer Job: "Ich musste Rechtsaußen spielen, an die anderen Positionen war nicht ranzukommen." Otto wechselte nicht ganz wider Willen auf den Flügel: "Von meiner Schnelligkeit her war das sogar gut für mich." Das damalige System mit Verteidigung, Läuferreihe und Sturm garantierte mehr Fußballglanz als das taktische Hantieren der Gegenwart. Otto: "Karl Berg und Herbert Martin bedienten mich immer gut an der Außenlinie. Nach meinen Flankenläufen sind viele Tore gefallen. Vor allem Herbert Binkert hat von meinen Hereingaben profitiert." Bis zur Pensionierung war Werner Otto Referent im saarländischen Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung. 1986 wurde er von einem Herzinfarkt heimgesucht. Zuvor war einer seiner Zwillingssöhne mit erst 29 Jahren einer schweren Krankheit erlegen. Der zweite Sohn Joachim hat promoviert und praktiziert als Zahnarzt unweit von Heidelberg - für die Eheleute Otto heute noch oft ein Reiseziel.

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