Die Blitz-Karriere einer Genossin im Ministerium

Saarbrücken · Die schnelle Karriere einer Vertrauten von Kultusminister Commerçon sorgt für scharfe Kritik. Ex-Minister Kessler und Beamtenbundchef Linn befürchten, dass das Parteibuch den Ausschlag gab.

. Im teilweise baufälligen Bildungsministerium von Ulrich Commerçon (SPD) macht sich in Teilen der Belegschaft der Frust breit. Aktueller Anlass ist die Blitzkarriere einer Vertrauten des Ministers. Christine Streichert-Clivot hat mit ihren 33 Jahren schon viel erreicht: In ihrem Heimatort Gersheim führt die Frau eines ehemaligen Juso-Landeschefs die SPD-Gemeinderatsfraktion. Beruflich wirkte sie bis zum Eintritt der SPD in die Regierung im Mai 2012 als wissenschaftliche Mitarbeiterin für den Bereich Bildungspolitik in der SPD-Fraktion. Bildungspolitiker Commerçon machte sie bei seinem Wechsel ins Kultusressort zu seiner Bürochefin. Ein Job, der in der Regel für Seiteneinsteiger mit der Tarifgruppe E 14 (aktuell zwischen 3600 und 4050 Euro) entlohnt wird. Nach gut eineinhalb Jahren im Ministerium ist die Büroleiterin die Karriereleiter steil bergauf gefallen. Ministeriumssprecher Jürgen Renner bestätigte auf SZ-Anfrage, dass der Politikwissenschaftlerin Streichert-Clivot zum Jahresbeginn die Leitung der Abteilung "Bildungspolitische Grundsatz- und Organisationsangelegenheiten" übertragen wurde. "Eine Beförderung oder Höhergruppierung war damit nicht verbunden." Die Commerçon-Mitarbeiterin, an deren fachlicher Kompetenz nicht gezweifelt wird, wurde demnach schon als Büroleiterin in der Entgeltsgruppe E 15 (4400 bis 4600 Euro) bezahlt, was bedeutet, dass sie in ihrer kurzen Dienstzeit von 18 Monaten bereits höher gruppiert wurde. Als neue Chefin einer von insgesamt fünf Abteilungen dürfte die nächste Gehaltserhöhung, die dann deutlich höher ausfallen wird, nicht lange auf sich warten lassen. Üblicherweise, so erklärt Ewald Linn, Landesvorsitzender des Beamtenbundes, werden Regierungsangestellte in diesen Positionen analog der Beamtenbesoldung (B2 oder B3) bezahlt. Diese Gehälter liegen zwischen 6500 und 6880 Euro. Die Blitzkarriere der jungen Genossin stößt beim Beamtenbundchef auf scharfe Kritik: "Wir haben kein Verständnis dafür, dass die Landesregierung im eigenen Kämmerlein ihre eigene Personalpolitik nach dem Parteienversorgungsstrickmuster macht." In schwierigen Zeiten, da die Politik von der Schuldenbremse bestimmt wird und bis 2020 etwa 2400 Stellen eingespart werden sollen, "ist es Landesbeschäftigten nicht mehr vermittelbar, dass Seiteneinsteiger mit hohen Bezügen eingestellt werden und nach fast zwei Jahren nochmals befördert werden", sagt Linn. Beamte müssten laufbahnmäßig zwischen zehn und 20 Jahren auf eine Beförderung warten. Linn fordert die Regierung zudem auf, bei Neueinstellungen zuerst zu prüfen, ob nicht im eigenen Apparat bereits entsprechend qualifiziertes Personal abrufbar ist. Ex-Bildungsminister Klaus Kessler (Grüne) stimmt in die Kritik ein. Es sei "sehr ungeschickt", eine Büroleiterin nach weniger als zwei Jahren an die Spitze einer Abteilung zu befördern. Dies verstärke den Eindruck, dass "das Parteibuch vor Kompetenz und Erfahrung" geht. Er habe in seiner Amtszeit stets erfahrene Referatsleiter zu Abteilungschefs gemacht.

Commerçon sagte gegenüber unserer Zeitung: "Es war nicht das Parteibuch, das die entscheidende Rolle gespielt hat." In seinem Haus würden Stellen nach "Eignung, Befähigung und Leistung" besetzt. Streichert-Clivot sei hoch qualifiziert. Ihre Berufung sei sicher eine "politische Entscheidung", aber keine parteipolitische. Nach einer Neuorganisation im Ministerium werden in der von ihr geleiteten Abteilung die bildungspolitischen Grundsatzangelegenheiten gebündelt.

Eine neue Büroleiterin hat Commerçon bereits gefunden. Sofern der Ministerrat die Personalie absegnet, steht ihm ab Februar eine mehrsprachige Kulturwissenschaftlerin (36) zur Seite. Dass deren Mutter eine Ex-SPD-Abgeordnete ist, habe bei der Einstellung keine Rolle gespielt, so der Minister.

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