Herr Meyer-Landrut, wie erleben Sie die Stimmung in Frankreich seit Macrons Wahl? Haben die Franzosen ihre Liebe zur EU wieder entdeckt?
Interview Nikolaus Meyer-Landrut „Deutschland und Frankreich entscheidende Triebfedern“
Der deutsche Botschafter in Paris, Nikolaus Meyer-Landrut, sieht in Präsident Macron einen überzeugten Europäer unter hohem Erwartungsdruck.
03.11.2017
, 20:48 Uhr
MEYER-LANDRUT So, wie ich das wahrnehme, haben viele Franzosen schon immer an die Notwendigkeit von Europa geglaubt. Präsident Macron hat diesen Menschen wieder eine starke Stimme gegeben. Es ist mit Macron leichter geworden, wieder in Frankreich für Europa zu werben. Die Erwartungen, die er geschaffen hat, mit Blick auf Europa als Teil der Lösung, sind allerdings groß und diesem Erwartungsdruck muss er jetzt auch gerecht werden.
Denken Sie, dass es Macron durch diese pro-europäische Haltung gelingen wird, den Nationalisten in Frankreich den Boden unter den Füßen wegzuziehen?
MEYER-LANDRUT Ihm gelingt es, glaubwürdig zu vermitteln, dass die großen Herausforderungen unserer Zeit wie Terrorismus, Flüchtlingskrise oder Klimawandel, wenn überhaupt, nur von den Europäern gemeinsam gemeistert werden können, und dass nationalistische Strömungen keine Antworten auf die großen Fragen der Gegenwart haben. Entscheidend ist aber auch, dass er mit seinen Reformen auf nationaler Ebene Erfolg haben muss und dadurch das unmittelbare Leben der einzelnen Franzosen erreicht.
Sind Deutschland und Frankreich immer noch der Motor Europas oder handelt es sich bei dieser Metapher um ein antiquiertes Bild, das heute nicht mehr zutrifft?
MEYER-LANDRUT Schon allein aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit und ihrer Komplementarität bleiben Deutschland und Frankreich die entscheidenden Triebfedern Europas. Ohne eine Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich ist Fortschritt in der EU nicht denkbar. Aber eine Einigung zwischen beiden Ländern ist heute nicht mehr ausreichend, sondern die anderen Mitgliedstaaten müssen einbezogen werden.
