Deutschland mit statt gegen Italien

Dillingen. Calogero Gangi, Vorsitzender des Deutsch-Italienischen Freundeskreises, erscheint im blauen Italien-Trikot, mit Hut in den Landesfarben, einer Italienflagge als Schal. Thomas Marsili zeigt mit Deutschland-Trikot und Schirmkappe in schwarz-rot-gelb, wem er die Daumen drückt. Um 20 vor neun singt die Hand voll Italiener im Saal die Nationalhymne mit, lauthals und andächtig

 Der Deutsch-Italienische Freundeskreis aus Rehlingen schaut friedlich Fußball. Foto: Jenny Kallenbrunnen

Der Deutsch-Italienische Freundeskreis aus Rehlingen schaut friedlich Fußball. Foto: Jenny Kallenbrunnen

Dillingen. Calogero Gangi, Vorsitzender des Deutsch-Italienischen Freundeskreises, erscheint im blauen Italien-Trikot, mit Hut in den Landesfarben, einer Italienflagge als Schal. Thomas Marsili zeigt mit Deutschland-Trikot und Schirmkappe in schwarz-rot-gelb, wem er die Daumen drückt. Um 20 vor neun singt die Hand voll Italiener im Saal die Nationalhymne mit, lauthals und andächtig. Dann geht's los, der Ball rollt, die "Ihr fliegt sowas von raus"-Neckereien verstummen.Während eine in Schwarz-Weiß gehüllte Gruppe mit verblüffendem Durchhaltevermögen abwechselnd "Scheiß Italien" und "Ihr seid nur ein Pizzalieferant" singt, sind die Italiener im Saal friedlich. Aber nervös. So sehr wie Gangi mit den Beinen zappelt, vibriert die gesamte Holzsitzbank.

Dann ist Schluss mit Zappeln: Mario Balotelli köpft das 1:0. Nur acht Italiener im Lokschuppen springen auf. Einer schwenkt mit Grinsegesicht eine riesige grün-weiß-rote Flagge. Gangi sucht Blickkontakt zu Marsili, der weicht aus. "GER 0:1 ITA" steht auf der Leinwand. Trotzdem: Die deutschen Fans singen weiter, Gangi wackelt weiter.

"Gangi und ich fahren am Sonntag zusammen in Urlaub", sagt Marsili. "Deutschland muss gewinnen, sonst geht der mir auf die Nerven!" Es wird heißer im Lokschuppen, die Luft stickiger, salziger. Nach dem 0:2 wird das Wackeln schwächer.

Gangi ist nicht weniger enttäuscht als die deutschen Fans, wenn die Mannschaft am Tor vorbei schießt, auch als Italien längst vorne liegt. In den letzten vier Minuten geht das Wackeln wieder los. Wenn das deutsche Team nach dem Hand-Elfmeter noch ein Tor macht, geht es in die Verlängerung. "Meine Frau ist für Deutschland, aber meine Kinder sind für Italien", sagt Gangi. Wie er das geschafft hat? "Mit viel Taschengeld!", sagt er und lacht. Tochter Vanessa winkt den angstverschwitzten Zuschauern im Deutschland-Trikot hämisch. Das war es: Deutschland ein Tor, Italien zwei. Marsili gratuliert unmittelbar nach dem Spiel. So gehört sich das eben im Freundeskreis. "Und es ist ja auch nur Fußball."

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