Detektiv-Affäre OB Schneidewind klagt gegen seinen Amtsleiter

Saarbrücken/Homburg · Untreue-Prozess gegen Homburger Rathauschef: Chef des Rechtsamtes behauptet, er habe auf Kostenerhöhung und Befristung des Detektiv-Einsatzes hingewiesen.

 Rüdiger Schneidewind (SPD)   Foto: Oliver Dietze/dpa

Rüdiger Schneidewind (SPD) Foto: Oliver Dietze/dpa

Foto: dpa/Oliver Dietze

Im Rathaus der Kreisstadt Homburg geht es drunter und drüber. Dieser Eindruck drängt sich Beobachtern des Untreue-Prozesses gegen Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind (SPD) vor dem Saarbrücker Landgericht auf. Der Rathauschef muss sich wegen des fast vierwöchigen Einsatzes von Düsseldorfer Detektiven bei der Observierung von Bauhofmitarbeitern verantworten. Der Vorwurf: Untreue in Höhe von 101 827,19 Euro zum Nachteil der Stadtkasse. Schneidewind durfte maximal über 25 000 Euro im Alleingang verfügen. Die Detektei hatte über eine, so ihr Chef, „Feigenblatt-Adresse“ eine Schlussrechnung für „Dienstleistungen“ über 328 157,29 Euro geschickt. Davon sind 259 004,26 Euro aus dem städtischen Personalbudget überwiesen. Über die Differenz streitet die Stadt mit ihren Detektiven vor dem Landgericht Düsseldorf. Aber nicht nur dort wird prozessiert. Im Verfahren gegen Schneidewind offenbarte dessen Verteidiger Joachim Giring am Mittwoch, dass der OB persönlich vor dem Saarbrücker Landgericht gegen seinen engen Mitarbeiter, den Leiter des Rechts- und Ordnungsamtes, klagt. Die Zivilrichter sollen feststellen, dass der Mann mit in der Haftung steht, wenn die Stadt, wie vom Rat beschlossen, Schadenersatz von ihrem OB fordert.

Der Prozessgegner und Amtsleiter Schneidewinds saß am Mittwoch im Strafprozess vier Stunden im Zeugenstuhl. Er kam mit einem Anwalt an seiner Seite. Der 60-jährige Amtsleiter, der sich mit dem Angeklagten vor Gericht duzte, hatte den Kontakt zwischen dem OB und dem Düsseldorfer Detekteichef angebahnt, war im Internet und einer Fachzeitschrift auf die Firma gestoßen. „Wir hatten früher ein relativ offenes Verhältnis“, schilderte er das Arbeitsklima auf der Chefetage des Rathauses. Da spielten die unterschiedlichen Parteibücher angeblich keine Rolle. Er sei aber „aus allen Wolken gefallen“, als ihm sein Chef nach der Rückkehr aus dem Urlaub den bereits unterschriebenen „Dienstleistungsvertrag“ „zum Abheften“ präsentiert habe. Die Ansage damals war angeblich: „Das wird jetzt so gemacht!“ Die vorherige Absprache sei aber gewesen, der OB solle nicht sofort abschließen. Schneidewind soll den Amtsleiter sogar abwertend als „Verwaltungs- und Juristenfuzzi“ tituliert haben. Der Amtsleiter, selbst kein Jurist, habe daraufhin den Vertrag „abgeheftet“ und überhaupt erst Wochen später gelesen, als er über die Höhe der Kosten informiert wurde („Ich war entsetzt“).

Der Zeuge aus dem Rathaus widersprach damit der Erklärung Schneidewinds vor Gericht, wonach er um Prüfung des unterschriebenen Vertrages, der jederzeit hätte gekündigt werden können, gebeten habe. Der Verwaltungsmann will seinen OB auch darauf hingewiesen haben, dass die Observation maximal zehn Tage dauern dürfe. Alles andere sei „unverhältnismäßig“. Im Protokoll seiner polizeilichen Vernehmung und in einem Aktenvermerk sei davon nichts zu lesen, betonte Verteidiger Giring.

Eine Frage des Vorsitzenden Richters Ralf Schwinn wurde am Mittwoch eher ausweichend mit angeblich fehlenden Ermittlungsansätzen beantwortet: Warum wurde nicht die Polizei beim Bauhof eingeschaltet? Die habe doch bessere Möglichkeiten. Die Stadt setzte stattdessen auf teure Privatermittler.100 Euro werktags pro Detektivstunde (drei Ermittler wurden beschäftigt), 15 Euro pro Stunde für deren Autos, 1,30 Euro pro Kilometer plus Extrakosten für Technik sowie Infobeschaffung und eine Pauschale von 25 Prozent auf die gesamten Nettokosten hatte Schneidewind mit der Firma vereinbart. Der Einsatz wurde nach zwei Wochen verlängert. Der 75 Jahre alte Geschäftsführer sagte am Mittwoch als Zeuge aus, es sei „kundenfreundlich“ abgerechnet worden.

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