"Der Islam ist gesellschaftlich-kulturelle Realität"

Saarbrücken. Der Islam und die westliche Kultur sollten Wege finden, sich zu versöhnen. Diese Überzeugung vertrat der Islam- und Politikwissenschaftler Marwan Abou-Taam am Donnerstagabend in Dudweiler

 Migrantenkinder sind die Wähler von morgen. Darauf sollte die Politik eingehen, hieß es in Abou-Taams Vortrag. Foto: Heyder/dpa

Migrantenkinder sind die Wähler von morgen. Darauf sollte die Politik eingehen, hieß es in Abou-Taams Vortrag. Foto: Heyder/dpa

Saarbrücken. Der Islam und die westliche Kultur sollten Wege finden, sich zu versöhnen. Diese Überzeugung vertrat der Islam- und Politikwissenschaftler Marwan Abou-Taam am Donnerstagabend in Dudweiler. Zu dem Vortrag "Vom Vorurteil zur Realität: Islam - Muslime - Deutschland" hatten der Verein Ramesch - Forum für interkulturelle Begegnung, die Verwaltungsfachhochschule und die SPD-nahe Stiftung Demokratie Saarland anlässlich der bis November laufenden Veranstaltungsreihe "Klischee und Realität" eingeladen.Eine Aussöhnung zwischen Christen und Muslimen könnte gelingen, sagte Abou-Taam vor rund 140 Zuhörern, wenn sich die Vertreter beider Kulturen kritisch und vorurteilsfrei mit der jeweils anderen Seite auseinandersetzten. "Kritik am Islam kann mit dazu beitragen, dass Muslime über ihre eigene religiöse Identität nachdenken", sagte Abou-Taam, der unter anderem als Berater für das Landeskriminalamt Mainz arbeitet. Versöhnende und anerkennende Worte zum Islam äußerten aus seiner Sicht in der Vergangenheit wichtige Politiker wie Wolfgang Schäuble und Christian Wulff (beide CDU). Der damalige Bundesinnenminister Schäuble hatte 2006 gesagt, der Islam sei ein Teil Deutschlands und ein Teil Europas. Ebenso würdigte Abou-Taam die Worte "Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland" von Bundespräsident Wulff, der in seiner Rede zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit gesagt hatte, dass Europa zwar durch eine jüdisch-christliche Geschichte geprägt sei, doch auch "eine islamische Dimension" habe. Er sehe das Verdienst Wulffs darin, sagte Abou-Taam, dass dieser ausgesprochen habe, was längst "eine gesellschaftlich-kulturelle Realität" sei. Weiter verwies der Islamexperte auf eine neue Statistik, wonach in Städten wie Augsburg, Dortmund und Stuttgart weit mehr als ein Drittel der dort lebenden Bevölkerung einen Migrationshintergrund habe. In Nürnberg und Frankfurt am Main betrage der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund bei den unter Sechsjährigen über 60 Prozent, so Abou-Taam. "Sie wissen, was das bedeutet. In zwölf Jahren sind das die Wähler", kommentierte er die Zahlen. Oft werde in den öffentlichen Islam-Debatten ausgeblendet, dass die in Deutschland lebenden Muslime eine mannigfaltige Kultur mitbrächten. Abou-Taam: "Es leben etwa 40 Nationen mit den unterschiedlichsten kulturellen Hintergründen in Deutschland." Diese Vielfältigkeit erachte er als positiv und sie sei es wert, anerkannt zu werden. bera

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort