Interview mit Gerd Dudenhöffer ,,Der Heinz Becker ist mir passiert”

Saarbrücken · Gerd Dudenhöffer hält jetzt in der ARD Rückblick auf 40 Bühnenjahre. Neues von der „Familie Heinz Becker“ aber gibt es nicht.

 Nicht die Abbey Road, sondern der Ilseplatz in Saarbrücken. Ansonsten aber schreitet Heinz Becker im perfekten Beatles-Schritt. Foto: Andrew Wakeford

Nicht die Abbey Road, sondern der Ilseplatz in Saarbrücken. Ansonsten aber schreitet Heinz Becker im perfekten Beatles-Schritt. Foto: Andrew Wakeford

Foto: Andrew Wakeford

Gerd Dudenhöffer und sein Bühnen-Ich, Heinz Becker, schauen mittlerweile auf stolze 16 Kleinkunst-Programme zurück, gespielt seit 1977 auch auf den ganz großen Bühnen. Das letzte Programm, "Vita.Chronik eines Stillstandes", führte zurück in die Jugend des berühmtesten Betschkapp-Trägers der Republik. Am Donnerstag, 25. Mai, 23.45 Uhr, ist es im Ersten zu sehen. Dudenhöffer hält jetzt aber auch Rückschau. "Déjà vu" heißt das neue Programm des aus Bexbach stammenden Kabarettisten, für das er frühere Texte neu verdichtet hat. Damit ist er jetzt in ganz Deutschland auf Tournee. In ganz Deutschland? Nein, seine Heimat, das Saarland, spart er weiter aus.

Ihr Bühnen-Ego Heinz Becker schreitet auf dem Programm-Plakat über den Zebrastreifen am Saarbrücker Ilseplatz - wie einst die Beatles auf dem legendären ,Abbey Road'-Cover. Hört der Becker Heinz tatsächlich die Beatles? Da hätte ich Helene Fischer oder Andrea Berg erwartet...

DUDENHÖFFER Das hat damit gar nichts zu tun. Ich wollte das Programm, das ja retrospektiv ist, nicht einfach ,best of' nennen, das ist mir zu inflationär. Daher habe ich dann ‚Déjà vu' genommen. Und dieses prominente Plakatmotiv, das ja jeder kennt, sollte auch irritieren: Wenn der Heinz da drüber geht, fragt sich jeder: ‚Woher kenne ich das denn?'

Aber was hört der Heinz denn?

DUDENHÖFFER Da habe ich mir noch nie Gedanken darüber gemacht. Aber ganz sicher nicht das, was der Stefan hört.

Als ‚Abbey Road' rauskam, war mit den Beatles bald Schluss. Müssen wir uns Sorgen um Heinz Becker machen?

DUDENHÖFFER Nein, dem Heinz geht es gut. Mir geht es gut. Und solange mir das Publikum meine Auftritte noch so abnimmt, wie ich mir das vorstelle, mache ich weiter.

Von wenigen Ausnahmen abgesehen sind Sie Ihrem Heinz in all den Jahren treu geblieben. Was macht die Figur für Sie so ergiebig?

DUDENHÖFFER Diese Figur habe ich ja nicht konstruiert. Der Heinz Becker ist mir passiert. Die Figur war zwar in einer groben Skizze vor meinem geistigen Auge, aber dann habe ich sie sich im Laufe der Jahre entwickeln lassen. Und ich merkte, dass man mit der Figur viel mehr machen kann, als ich anfangs dachte. Das waren gute Anfänge beim Saarländischen Rundfunk, bei Peter Maronde, wo der Heinz ins Studio kam und dann sagte: ,Hädde se net mo e Bohrmaschin' für mich?' Aber dann merkte ich, man kann mit der Figur auch politisches Kabarett, Satire machen. Denn der Alltag ist ja viel ehrlicher, als man sich das am Schreibtisch ausdenken könnte.

Leiden Sie gelegentlich darunter, dass Gerd Dudenhöffer schon mal mit seiner Schöpfung, Heinz Becker, gleichgesetzt wird?

DUDENHÖFFER Das muss man aushalten. Das geht allen Kollegen so, die solche Figuren haben.

Engstirnigkeit, einen Hang zur Cholerik, chronisches Besserwissertum: fraglos Eigenschaften von Heinz Becker, aber auch solche von Donald Trump. Wieviel Heinz steckt in Donald?

DUDENHÖFFER Das ist eher die Frage: Wieviel Heinz steckt in uns allen? Der Heinz Becker ist der personifizierte Alltag. Wir sind alle so - mehr oder weniger. Deshalb können die Leute das im Programm auch so gut nachvollziehen. Auch wenn manche das von sich weisen möchten und sagen, ‚so sind wir doch nicht!' Aber man ist oft dem Heinz näher als einem lieb ist.

Populismus ist eine große Seuche dieser Zeit: von Trump über Marine Le Pen bis zur AfD. Ist der Becker Heinz heute besonders aktuell?

DUDENHÖFFER Das ist eine zufällige Aktualität. Ich habe den Heinz Becker aber nie einem Trend angepasst. Wenn es um Brandaktuelles geht, dann sind das Themen für Leute wie Urban Priol oder Sebastian Pufpaff. Aber es gibt sicher auch so etwas wie langfristige Aktualität - wie sich der Heinz etwa zu Randgruppen äußert. Aber ich bin eher ein Bastler in meinen Texten. Bis ich mit Trump fertig wäre, ist der schon nicht mehr Präsident.

Warum gibt es eigentlich keine Fortsetzung der ,Familie Heinz Becker' im Fernsehen?

DUDENHÖFFER In meinem Kopf gibt es sie. Aber das wird einem immer schwerer gemacht. Früher sagte ein Unterhaltungschef eines Fernsehsenders zu mir: ‚Du bekommst ein Format. Mach was.' Und so war die ‚Familie Heinz Becker' fürs Fernsehen geboren. Das gibt's nicht mehr. Heute muss man erst mal ein Exposé vorlegen, dann wird endlos diskutiert, und dann ist kein Geld da.

Immer noch machen Sie einen Bogen ums Saarland. Wäre ein Best-of-Programm nicht der passende Anlass hier wieder aufzutreten?

DUDENHÖFFER Das ist eine Entscheidung, die ist irgendwann mal gefallen. Ich müsste jetzt ja fast in der eigenen Heimat das Publikum neu aufbauen. Und andererseits, die, die es sehen wollen, kommen ja auch nach Mainz.

Das Interview führte Oliver Schwambach.

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