Den Alltag im Visier

Saarbrücken. Derzeit ist in der K4 Galerie ein mobiles Wahrnehmungskommando vorgefahren, um mit Mitteln der Kunst den Alltag ins Visier zu nehmen. Dazu sind Mann und Maschine, Jens Titus Freitag und sein Mercedes-Kastenwagen, in der Welt unterwegs. Genauer: an dessen Rändern und Industriebrachen

Saarbrücken. Derzeit ist in der K4 Galerie ein mobiles Wahrnehmungskommando vorgefahren, um mit Mitteln der Kunst den Alltag ins Visier zu nehmen. Dazu sind Mann und Maschine, Jens Titus Freitag und sein Mercedes-Kastenwagen, in der Welt unterwegs. Genauer: an dessen Rändern und Industriebrachen. Freitag, Absolvent der Hochschule der Bildenden Künste Saar und seit der ersten von Galerist Werner Deller der Camera Obscura gewidmeten Schau Künstler der Galerie, nimmt Dinge in den Blick, die allmählich aus unserer Mitte verschwinden. Dabei setzt er auf ein Verfahren, das sich der Ex-und-Hopp-Mentalität des digitalen, aber auch analogen Fotografierens verweigert. Freitag hat aus seinem Bus eine große Camera Obscura gemacht. Das Fahrzeug wird zur dunklen Kammer, in die durch ein Loch in der Seitenwand das Licht einfällt. Die Welt steht Kopf und was draußen weiß war, ist nun schwarz und umgekehrt. Dieser Prozess dauert Stunden und am Ende steht nicht die beliebig oft kopierbare Aufnahme, sondern ein Unikat in Schwarz-Weiß. Freitag schaut auf Dinge, die allmählich aus dem Blick geraten. Vor sich hin bröselnde oder zum Wahrzeichen erhobene Industriearchitektur und Einzelstücke, die ehemals Serien waren und nun streng wie Laborfunde von den Galeriewänden grüßen. Bohrhämmer, Tretroller, Dreiräder und Zentrierständer für die Reparatur von Fahrradspeichen sind aus der Zeit geraten und harren der Dinge als Sammlerstück oder schlimmstenfalls als Sperrmüll. Jens Titus Freitag hat mit seiner Camera Obscura eine Zeitmaschine zur Hand, mit der er sie in unsere Gegenwart zurückholt und darüber hinaus bewahrt: Nennen wir's Kunst. sg

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