Dank Preisgeld darf Carl Röchling feiern

Völklingen · Die Völklinger Mythenjäger, eine Arbeitsgruppe der Volkshochschule (VHS) Völklingen, haben beim Saarländischen Weiterbildungspreis als Beste abgeschnitten. Das Preisgeld hilft nun, das aktuelle Projekt zu finanzieren: Die Gruppe will im Herbst ein Fest nachinszenieren, das Hütten-Gründer Carl Röchling 1894 gefeiert hat.

Bei dieser Volkshochschul-Arbeitsgemeinschaft können mit einem Schlag viele Leute viel lernen - und es überhaupt nicht merken. Denn da wird nicht gebüffelt, sondern einfach gespielt. Man schlüpft in fremde Kleider, fremde Rollen, fremde Zeiten, erlebt etwas mit anderen zusammen und hat Spaß dabei. Und ist am Ende klüger als zuvor. Denn im Spielen, im Erleben begreift man eine Menge über Geschichte. Genauer: über den Alltag früherer Epochen in Völklingen.

Mit diesem Lern-Konzept haben die Völklinger Mythenjäger die Jury des 4. saarländischen Weiterbildungspreises überzeugt. Die Arbeitsgemeinschaft der Völklinger Volkshochschule (VHS), die sich unter dem offiziellen Namen "Alles Mythos, oder was?" der Völklinger Stadtgeschichte widmet, kam beim Wettbewerb - wie bereits kurz gemeldet - auf den ersten Platz. Das Preisgeld von 2500 Euro, das zur Auszeichnung gehört, hilft nun, das aktuelle Projekt der Mythenjäger zu verwirklichen: Das für Oktober geplante "Re-Enactment" eines stadthistorischen Ereignisses, dessen Finanzierung noch vor wenigen Wochen unsicher war, kann stattfinden. "Ja, wir werden das Preisgeld dafür einsetzen", sagt VHS-Leiter Karl-Heinz Schäffner. Und Hendrik Kersten, der das Mythenjäger-Team leitet, sagt mit hörbarer Erleichterung: Man brauche zwar nicht viel Geld für das Projekt, "aber unterhalb einer bestimmten Grenze funktioniert es einfach nicht mehr".

"Re-Enactment", Kern der Mythenjäger-Aktivitäten, bedeutet: Ein historisches Ereignis wird möglichst detailgetreu nachgespielt. Die Mythenjägern laden dabei stets das Publikum zum Mitspielen ein - und das lernt dabei. Vor zwei Jahren, zum Start, spürte die Gruppe Völklingens goldenen Kino-Zeiten nach. Film, Kostüme, Autos, Auftritte, Szenen im Stil der 1950er Jahre waren zu erleben. Im Herbst 2012 nahm sich die Gruppe, der neben Kersten noch Susanne Rist, Michael Samsel und Horst Schillinger angehören, den Stadtmythos des Hütten-Schichtwechsels vor. Hunderte durstiger Hüttenarbeiter, so haben es Zeitzeugen überliefert, stürmten beim Signal der Werkssirene in die zahlreichen Kneipen, die die Wege zur Hütte einst säumten, und leerten dort Hunderte fertig vorgezapfter Biere. Hier wie dort lieferten sorgsam recherchierte Broschüren Hintergrundinformationen zum Spiel, das für die Mitspieler amüsant ist und zugleich eine Idee vermittelt vom Lebensgefühl vergangener Epochen.

Beim neuen Projekt drehen die Mythenjäger die Zeitschraube ins Jahr 1894 zurück. Sie setzen das Fest in Szene, mit dem Hüttengründer Carl Röchling sein 50-jähriges Berufsjubiläum feierte. Im Mittelpunkt steht, was die Mythenjäger den "Rundgang des Patriarchen" getauft haben: Nach Reden, Chorgesang und Fackelzug ließ Röchling in Völklingens Gaststätten seine Belegschaft bewirten. Und zog dann, zum Handschlag und Prosit mit den Arbeitern, von Kneipe zu Kneipe. Am Samstag, 12. Oktober, gegen 18 Uhr soll es nun vor dem Alten Rathaus Völklingen losgehen.

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HintergrundFür ihr Carl-Röchling-Projekt, genauer: für das "Re-Enactment", taten sich die Mythenjäger schwer mit der Sponsorensuche. So haben sie versucht, die öffentliche Inszenierung über "Crowdfunding" zu finanzieren. Das ist eine aufs Internet gestützte Form des Geldsammelns für Projekte oder Firmengründungen. Die Mythenjäger werben im Portal Startnext um Unterstützer, vier Tage läuft die Kampagne noch. Jedoch wenig erfolgreich - "dazu muss man im Internet besser eingebunden sein, als wir es sind", hat Mythenjäger Hendrik Kersten aus dem Fehlschlag gelernt. dd

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