Da hängt der Baum an der Decke . . .

Kreis Neunkirchen. "Sie haben sich unterm Weihnachtsbaum verlobt", so erzählt man sich. Oder aber man liest davon, dass Lieder unterm Weihnachtsbaum gesungen wurden

Kreis Neunkirchen. "Sie haben sich unterm Weihnachtsbaum verlobt", so erzählt man sich. Oder aber man liest davon, dass Lieder unterm Weihnachtsbaum gesungen wurden. Selten macht sich jemand groß Gedanken darüber, dass unter den in schmucken Christbaumständern stehenden Bäumen höchstens Mäuschen, vielleicht noch besonders klein geratene Wichtel zu solcherlei Aktivitäten Platz fänden. Lediglich Geschenke, die finden da ohne Zweifel und Wenn und Aber in handlichen Päckchen immer Platz.Der Neunkircher Historiker Horst Schwenk nun hat die Berichterstattung über den Auftritt von Gotthilf Fischer im Center, in der die Rede davon ist, wie "unterm Weihnachtsbaum" Lieder gesungen wurden, zum Anlass genommen, Aufklärung zu betreiben. Längst hat sich diese Redensart eingebürgert, hinterfragt wird sie nicht. Dabei hat sie einen ganz korrekten Ursprung. Früher nämlich, so mutmaßt Schwenk, als die Wohnungen noch klein und der Geldbeutel sowieso eher schmal war, da war der Platz in der Stube knapp für einen Baum in voller Größe. Ihn auf den Boden stellen mit seinen ausladenden geschmückten Ästen? Unmöglich. Deshalb hing das Bäumchen von der Decke. Ein Stich aus dem frühen 19. Jahrhundert belegt, wie man sich das vorstellen kann. Zu sehen ist die Illustration in der 5. Auflage des 1803 entstandenen Gedichts "Die Mutter am Christabend" von Johann Peter Hebel. Andere Historiker glauben, dass das Weihnachtsbäumchen von der Decke hing, weil es sozusagen ein Nachfolger von Tannenreis und verschiedenen wintergrünen Sträußen war, die man zuvor auch oft an der Decke befestigt hatte. Die älteste Abbildung eines stehenden Weihnachtsbaumes stammt aus dem Jahr 1799, weiß man im Informationszentrum Nordmanntanne. Und: Das Deckenbäumchen war keine Tanne, sondern eine Stechpalme.

Horst Schwenk pflegt, wie es sich für einen Historiker gehört, den Brauch des hängenden Weihnachtsbaums. So hat er selbst immer wieder ein Bäumchen von der Decke hängen, statt im Ständer auf dem Boden stehen. Und dabei wird auf jeden Fall auf Brauchtumspflege geachtet. Das bedeutet nämlich: Am unteren Ende hängt ein Apfel, der soll an den Sündenfall erinnern.

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