"Cindy + Bert, 662 Völklingen, Mozartstraße 6""Immer auf dem Boden geblieben"

Im Erfinden von neuen Sendungen ist das Fernsehen nicht so gut wie im Wiederholen von alten. Deshalb sieht man auch die wunderbare ZDF-Hitparade mit Dieter Thomas Heck wieder, derzeit im ZDF-Theaterkanal

Im Erfinden von neuen Sendungen ist das Fernsehen nicht so gut wie im Wiederholen von alten. Deshalb sieht man auch die wunderbare ZDF-Hitparade mit Dieter Thomas Heck wieder, derzeit im ZDF-Theaterkanal. Musik vom Band, Gesang echt, diese Kleider, diese Frisuren, diese Fans mit den zerzausten Blumen und den mit Knicksen vorgetragenen Autogrammwünschen! Wer nicht im Berliner Studio dabei sein konnte, der schrieb seine Stars an. Die jeweilige Adresse für Fanpost wurde immer eingeblendet, ganz lang, zum Mitschreiben. Auch die: "Cindy + Bert, 662 Völklingen, Mozartstraße 6". In den Wiederholungen hat das ZDF diese Adresse drin gelassen. Fein, da schreiben und fahren wir jetzt mal hin, 35 Jahre später! Ob Cindy und Bert noch dort wohnen? Ein Brief kommt zurückNein, Cindy und Bert sind getrennt und verzogen. Der Brief ist exakt eine Woche nach dem Verschicken wieder zurück. "Empfänger konnte nicht ermittelt werden", hat die Post darauf vermerkt. Obwohl wir, um es dem Zusteller etwas leichter zu machen, als Postleitzahl nicht die alte (662), sondern die neue (66 333) angegeben hatten. Auf Anfrage sagt Post-Sprecher Heinz-Jürgen Thomeczek: "Cindy und Bert sind unter dieser Anschrift nicht mehr erreichbar. Es liegt kein Nachsendeantrag an eine andere Adresse vor, also geht der Brief an den Absender zurück." Mit etwas Glück hätten wir vielleicht an einen schlagerbegeisterten Postler geraten können, der aus privatem Interesse die neue Anschrift kennt. Der hätte den Brief auf den richtigen Weg bringen können. Hätte. Vielleicht. Die doppelte MozartstraßeIn Völklingen und Ludweiler, beide bis 1974 eigenständig, gab es in den Siebzigern je eine Mozartstraße. Die Mozartstraße von Cindy und Bert befand sich in der Innenstadt (Nähe Heinestraße). Nach der Gebietsreform von 1974, bei der Völklingen und Ludweiler verschmolzen wurden, musste eine Mozartstraße umbenannt werden, weil Dopplungen unerwünscht waren. Die Kommunalpolitiker entschieden sich dafür, der Ludweiler Mozartstraße ihren Namen zu lassen, da hier ungleich mehr Adressen beheimatet waren. In der Mozartstraße von Cindy und Bert standen nur wenige Häuser, deshalb war hier der Aufwand für eine Änderung kleiner. 1976 wurde die Straße in Schumannstraße umbenannt. So heißt sie bis heute. Ältere Bewohner erinnern sich noch an Cindy und Bert, jüngere haben von ihnen gehört. Fanpost nach LudweilerCindy und Bert änderten ihre Autogrammanschrift entsprechend um, dennoch schrieben viele Fans weiterhin an die Adresse Mozartstraße 6 statt in die Schumannstraße 6. Fast alle Postler trugen die Sendungen aber trotzdem richtig. Als "Immer wieder sonntags" 1973 zum Hit wurde und das Duo auf dem Gipfel des Erfolgs stieg, konnte man sogar an "Cindy und Bert, Deutschland" schreiben, der Brief kam an! Immer mal wieder, und das über Jahre bis in die 90er, verirrte sich aber auch Post nach Ludweiler. Die dortigen Bewohner der Mozartstraße 6, Familie S., gaben die Briefe umgehend dem Briefträger zurück. Kurios: Der Sohn des Hauses hatte zeitweise eine Freundin namens Nina. So kam auch Post für das zweite deutsche Schlagerduo, Nina und Mike, hier als Irrläufer an. Cindy und Bert, VölklingerCindy Berger wurde als Jutta Gusenburger am 26. Januar 1948 geboren. Ihr Vater Alfred war Oberamtsrat beim Bauamt der Stadt Völklingen. Die Familie lebte in besagter Mozartstraße 6, die später zur Schumannstraße 6 wurde. Es ist das Elternhaus der Jutta Gusenburger. Nach der Hochzeit (20. Mai 1967) mit Norbert Maria Berger, geboren am 12. September 1945, lebte das Ehepaar und Gesangsduo Cindy und Bert in der Dachgeschosswohnung Mozartstraße 6. Es war eng, aber sie waren wegen des riesigen Erfolges auch nicht so oft da. Bert Berger entstammt einer bekannten Musikerfamilie: Opa Josef und Vater Alex waren die Organisten der katholischen Pfarrei St. Eligius. Vor der Schlagerkarriere arbeitete Cindy als Sekretärin bei Karl Riedschy, dem Chef einer Versicherungsagentur in Völklingen. Bert war kaufmännischer Angestellter bei Telefunken in Heusweiler-Eiweiler. Ein eigener BriefträgerCindy Berger erinnert sich, dass in manchen Wochen bis zu drei große Säcke mit Fanpost nach Völklingen geliefert wurden, und zwar mit einem extra Auto außerhalb der gewöhnlichen Zustellung. Auf einen Brief musste man in den Siebzigern 40 Pfennige kleben. Es gehörte sich, dass Autogrammjäger adressierte und frankierte Rückumschläge mitschickten. Etliche Stars ließen aus Kostengründen Wünsche unbeantwortet, die ohne frankierte Rückpost ankamen. Für Cindy und Bert erledigte Cindys Vater Alfred Gusenburger die Autogrammpost. Als korrekter Beamter beantwortete er jedes Schreiben, und zwar auch solche ohne frankierte Kuverts. Auf nach ZweibrückenAls Cindy 1975/76 Sohn Sascha erwartete und die Völklinger Wohnung unzumutbar eng wurde, zog das Schlagerduo nach Zweibrücken. Kurz darauf, irgendwie symbolisch, kam es zur Neubenennung in Schumannstraße. "Mozart ist mit uns gegangen", sagte Cindy damals schon. Cindy Berger lebt auch nach der Trennung von Bert noch in Zweibrücken, und zwar bis heute und mit der noch sehr rüstigen Mutter Lotti. Die Autogrammadresse für Cindy Berger und auch für Cindy und Bert (es gibt relativ junge Autogrammkarten) lautet: Cindy Berger, Postfach 1264, 66462 Zweibrücken. Bitte frankierten und adressierten Umschlag beilegen! Und die Mozartstraße/ Schumannstraße 6?Nach dem Tod von Alfred Gusenburger kaufte Karl Riedschy, der ehemalige Chef der Cindy, deren Elternhaus und bewohnte es mit seiner Familie. Riedschy starb 1998, seine Frau Hildegard 2007. Das Anwesen Schumannstraße 6, in dem ein Stück deutsche Schlagergeschichte geschrieben wurde, gehört heute den Riedschy-Töchtern Susanne, Sabine und Gaby. Es gibt ein, zwei Interessenten, die es haben möchten. Über einen Verkauf ist aber noch nicht entschieden. Ein KonzertCindy und Bert treten hin und wieder noch gemeinsam auf. So sind sie zum Beispiel am Sonntag, 3. Mai, in der Saarbrücker Saarlandhalle bei der Show "Beschd uff Schlager" zu hören. Ein Tipp für RockerIn den frühen 70ern haben Cindy und Bert auch harten Rock gesungen, bekannt wurden sie mit einer deutschen Version von Black Sabbaths Titel "Paranoid". Das hieß dann "Der Hund von Baskerville" und kann im Internet bei Youtube geguckt werden. Völklingen. Die allererste Autogrammadresse von Cindy & Bert lag auf der Hermann-Röchling-Höhe, und zwar in der Sulzbacher Straße. Autogrammwünsche wurden dort von Franz-Rudolf "Rudi" Krämer bearbeitet. Der heute 58-Jährige, Bruder des ehemaligen Völklinger Kulturamtsleiters Peter Krämer, war ein enger Wegegefährte des Duos in dessen früher Ära (1968 bis 1972), eine Art technischer Beauftragter, der bei Auftritten die Beschallungsanlage aussteuerte. Als Mitarbeiter der Stadtverwaltung, wo auch Cindys Vater Alfred Gusenburger arbeitete, hatte er Cindy und Bert kennen gelernt. An den Wochenenden ging es gemeinsam auf Konzertreisen. Krämer erinnert sich an die Betriebsfeier von Honda Deutschland in Schwäbisch-Gmünd: "Damals kam der Seniorchef Soichiro Honda mit Gefolge aus Japan, um persönlich die deutschen Verkaufsleiter zu inthronisieren. Japanische Autos waren Exoten hier. Wir reisten damals mit dem legendären Opel Admiral, azurblau, über die Lande, gefolgt von einem königsblauen Mercedes 280 C. Die Japaner fanden besonderen Gefallen an den Interpretationen von Esther-&-Abi-Ofarim-Titeln. Bert, der ein vorzüglicher Instrumentalist war und am liebsten live auftrat, spielte eine klassische Konzertgitarre." Krämer ging damals in der Mozartstraße 6 ein und aus. So lernte er auch etliche deutsche Schlagerstars kennen, die zu Besuch kamen, etwa den jungen Frank Fahrian. Er schwärmt bis heute von dem erfolgreichsten saarländischen Gesangsduo aller Zeiten: "Sympathische, aufrichtige Menschen, die immer auf dem Boden geblieben sind." wp

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