"Beihilfe zum Suizid ist nicht verboten"

Völklingen. Die Patientenverfügung ist für den Arzt verbindlich, unabhängig von der Art oder dem Stadium der Erkrankung des Patienten. Mit der Verfügung darf der Mensch Vorsorge treffen, kann unter anderem bestimmen, auf lebenserhaltende Maßnahmen zu verzichten. Dem Patientenwillen nachzukommen, hat rechtlich nichts mit Sterbehilfe zu tun

Völklingen. Die Patientenverfügung ist für den Arzt verbindlich, unabhängig von der Art oder dem Stadium der Erkrankung des Patienten. Mit der Verfügung darf der Mensch Vorsorge treffen, kann unter anderem bestimmen, auf lebenserhaltende Maßnahmen zu verzichten. Dem Patientenwillen nachzukommen, hat rechtlich nichts mit Sterbehilfe zu tun. Wie sieht es aber bei der Beihilfe zum Suizid aus? Darüber sprach Dr. Alfred Simon von der Akademie für Ethik in der Medizin Göttingen am Samstag beim ersten Saarländischen Ethik-Tag in Völklingen. Dazu eingeladen hatten die Ethikkomitees einiger saarländischer Kliniken.Simon hat sich zwei anspruchsvolle Themen der Ethik ausgesucht, beide werden kontrovers und zum Teil emotionsgeladen diskutiert. Da ist zunächst die Patientenverfügung. "Ein Sterben unter würdevollen Bedingungen setzt die Achtung des Patientenwillens und Aspekte der ärztlichen Fürsorge voraus", erklärte der Ethiker. Dabei müssten Autonomie und Fürsorge keine Gegensätze sein. "Selbstbestimmung ist ohne menschliches Miteinander nicht möglich", meinte er. Die ärztliche Fürsorge schaffe die Rahmenbedingungen für eine selbstbestimmte Entscheidung. Eine Patientenverfügung sei jedoch mit einer Versorgungsvollmacht zu kombinieren.

Die rechtlichen Aspekte bei der Beihilfe zum Suizid nahm Simon anschließend ins Visier. "Tötung auf Verlangen ist in Deutschland verboten. Die Beihilfe zum Suizid nicht", sagte er und meinte damit die strafrechtliche Grundlage. Die Selbsttötung sei rechtlich nicht verboten, der Versuch, die Anstiftung und die Beihilfe daher auch nicht. Wenn der Patient einen freiverantwortlichen Entschluss des Suizids getroffen hat, bestünde für den Arzt keine Plicht der Intervention. Berufsrechtlich gesehen, sähe das anders aus. "Leistet ein Arzt Beihilfe, verhält er sich gegen den ärztlichen Ethos", sagte Simon. In den neu gefassten Grundsätzen der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung wird ausdrücklich betont, dass die Beihilfe zum Suizid keine ärztliche Aufgabe ist. Bei einer Legalisierung im berufsrechtlichen Sinne sieht Simon die Gefahr einer schleichenden Ausweitung zur Sterbehilfe. Auswirkungen auf den Arzt könnten dabei sein, dass der Druck auf ihn wächst, dass das Vertrauen in ihn verletzt werde.

Seine Themen trafen den Nerv mancher Zuhörer, die ihre Meinungen mit Pro und Contra austauschten. Mit dem ersten Saarländischen Ethik-Tag boten die Ethik-Komitees der Marienhaus Kliniken Saarlouis, Wadern und Losheim, der Caritas-Kliniken Saarbrücken und Dudweiler, des Knappschaftskrankenhauses Püttlingen, der Saarlandkliniken der Kreuznacher Diakonie und der SHG Kliniken in Völklingen als Gastgeber die Gelegenheit, im Podium und in Workshops über die ethischen Grenzen der modernen Medizin zu diskutieren. 220 Gäste aus der Ärzteschaft, der Pflege, der Seelsorge und der Hospiz nahmen daran teil.

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