Niedtalstrecke Bahn-Experten fordern stärkere Elektrifizierung im Saarland

Saarbrücken · Der Bund stellt Geld für die Modernisierung von Bahntrassen zur Verfügung. Auf welchen Strecken würde sich eine solche Förderung lohnen?

  80 Prozent der Bahnstrecken im Saarland sind elektrifiziert.

80 Prozent der Bahnstrecken im Saarland sind elektrifiziert.

Foto: dpa/Jens Büttner

Der Verband deutscher Eisenbahningenieure (VDEI), der Verkehrsclub Deutschland (VCD) sowie Politiker von Grünen und CDU haben die Landesregierung aufgefordert, für die Elektrifizierung von Bahnstrecken im Saarland Mittel aus einem neuen Programm des Bundes zu beantragen. Landesplanung, Nachbarregionen und die Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs müssten an einen Tisch, um weitsichtig zu planen und die jetzt besonders günstigen Fördermöglichkeiten für die Elektrifizierung von Nebenstrecken gerade im grenzüberschreitenden Kontext zu nutzen, erklärte der VDEI-Bezirksvorsitzende Gerhard Erbel. Das Saarland sei eines der wenigen Bundesländer, die noch keine Förderanträge gestellt hätten, erklärte der VDEI. Die Elektromobilität im Bahnverkehr sei „unschlagbar zuverlässig und kostengünstig gegenüber Diesel- und anderen Antriebstechniken“.

Der VCD wies darauf hin, dass sich Investitionen in Oberleitungen recht bald amortisierten. Für die Bahnunternehmen sei es viel zu kostspielig, Extra-Dieselloks und Personal für Elektrifizierungslücken vorzuhalten, erklärte VCD-Landesvize Werner Ried. Lückenschlüsse in der Elektrifizierung seien daher das Gebot der Stunde. „EU und Bundesregierung fördern das auch noch. Das Geld sollten wir am Saarland nicht vorbeiziehen lassen!“

Die Diskussion entzündete sich am Fall der Niedtalstrecke zwischen Dillingen und Bouzonville. Das Verkehrsministerium sieht keine Chance für eine Elektrifizierung dieser Strecke, weil sie nur „sehr geringes Potenzial“ für den Personen- und Güterverkehr habe. „Ist es wirklich sinnvoll, Projekte zu finanzieren, die keinen Mehrwert oder nur einen geringen Nutzen haben?“, fragte das Ministerium. Hingegen will das Ministerium versuchen, die Strecke Wemmetsweiler–Lebach in einem Förderprogramm unterzubringen, obwohl Bahn und Bund dies 2017 bereits abgelehnt hätten.

Aus Sicht von Eisenbahn-Ingenieuren und VCD verwechselt das Ministerium bei der Niedtalstrecke jedoch Ursache und Wirkung. Sie argumentieren: Gerade weil die Strecke nicht elektrifiziert sei, sei sie nicht wirtschaftlich. Der VDEI-Bezirksvorsitzende Gerhard Erbel sagte, eine Nutzung der 20 Kilometer langen Niedtalstrecke scheitere für viele Eisenbahnverkehrsunternehmen an den Kosten, weil kein Bahnunternehmen dafür zusätzliche Diesellokomotiven und Personal bereithalten könne, um diese für die Saar-Wirtschaft interessante Entlastungsstrecke befahren zu können.

Der VCD-Experte Ried sagte, bei der Sichtweise des Verkehrsministeriums fehle ihm jeder Weitblick, Kooperations- und Gestaltungswille. Mit einer Elektrifizierung könnten nicht nur der europäische Schienenverkehr, sondern auch saarländische Unternehmen profitieren und die Chancen auf einen neuen Personenverkehr ins Moseltal und nach Luxemburg wachsen.

Bundesweit sind 60 Prozent aller Bahnstrecken elektrifiziert, im Saarland 80 Prozent. Das Bundesverkehrsministerium hatte kürzlich ein Förderprogramm vorgestellt, mit dem gerade auch Nebenstrecken elektrifiziert werden sollen. „Die Niedtalbahn ist wie prädestiniert für das neue Bundesprogramm und könnte damit in ihrer Durchgängigkeit nach Frankreich gerettet werden“, erklärte Grünen-Landeschef Markus Tressel. Verkehrsministerin Anke Rehlinger (SPD) müsse diese Chance im Interesse des Landes konsequent ergreifen.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Günter Heinrich sagte, es sei „kurzsichtig und auch unredlich, das wirtschaftliche Potenzial für diese Strecke wegzureden“. Mit Blick auf das Förderprogramm des Bundes sagte er: „Wenn es Brei regnet, muss man den Teller auch hinhalten können und nicht das eigene Potenzial in Abrede stellen.“

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