Sportlegende Armin Hary Sind die Medaillen von Armin Hary verloren?

Saarbrücken. · Die Sportsammlung der Leichtathletik-Legende ist einem US-Käufer eine Million Euro wert. Aber warum sucht Hary jetzt in seiner früheren Heimat, dem Saarland, einen Sponsor?

  Armin Hary (Archivfoto).

Armin Hary (Archivfoto).

Foto: dpa/Sven Hoppe

Früher lief er der Zeit davon, heute holt sie ihn ein. Gleich in zwei Fällen. Zum einen streitet sich Armin Hary (81) seit drei Jahrzehnten mit seinem früheren Kunsthändler um ein vermeintliches Leonardo-da-Vinci-Bild. Just dieser Tage brachte dieser Kunstkrimi und Gerichtsmarathon den früheren Star-Athleten wieder in die Schlagzeilen. Doch dies alles belastet Hary weniger, wie er der SZ am Telefon berichtet, ihn treibt etwas anderes weit mehr um – sein Vermächtnis.

Am 15. Dezember läuft eine Frist ab, die den 81-Jährigen beunruhigt. Hat er bis dahin keinen deutschen Käufer für seine Medaillen und Sport-Erinnerungsstücke gefunden, gehen sie Deutschland verloren, wandern in die USA. Rund eine Million Euro werde ein deutsch-amerikanischer Sportfan dafür zahlen, so Hary. Für zwei Goldmedaillen, die vielleicht wie keine davor und danach deutsche Sportgeschichte schrieben. Denn Hary war einst der schnellste Mann der Welt, lief 1960 als erster Deutscher und Europäer den 100-Meter-Sprint in zehn Sekunden. Zunächst in Zürich, dann holte er bei den Olympischen Spielen in Rom Gold – ein „Unbekannter vom Dorf“. Gemeint war Quierschied, woher Hary stammt, ein Bub aus einer Bergmannsfamilie. Doch bereits ein Jahr nach dem Triumph machte Hary Schluss mit dem Sport, und hatte sein Image weg. Nicht etwa als deutscher Leichtathletik-Star, sondern als „böser Bube“, als eine Art James Dean der Aschenbahn, der sich gegen die allmächtigen Funktionären auflehnte und mit unkorrekten Spesenabrechnungen erwischt wurde. „Ich habe mich immer eingeordnet, aber nie untergeordnet“, sagt er heute.

Doch als „böser Bube des Sports“ will Hary nicht in Erinnerung bleiben. Deshalb richtet er jetzt eine Art Appell an die Öffentlichkeit: „Ich möchte, dass meine Sammlung in Deutschland bleibt“, sagt er. Er fürchtet, „dass es nachher, wenn die Sachen weg sind, heißt: Wenn wir das gewusst hätten, dann hätten wir das Geld doch auch in Deutschland aufgetrieben!“ Laut Hary gibt es im bereits unterschriebenen Kaufvertrag eine Klausel, die ihm die Möglichkeit gibt, seine Erinnerungsstücke doch noch an jemand anderen zu geben. Die Bedingungen: Der muss Deutscher sein, und das Ganze muss bis 15. Dezember über die Bühne gehen. Zu einem ähnlich hohen Betrag, so Hary. Verschenken will er nichts.

Seine Sammlung umfasst mehr als nur die legendären Goldmedaillen, auch die Sportschuhe von damals, das Trikot und den Startblock. Auflagen verbindet der Ex-Sportler mit dem Verkauf keine, etwa, dass die Stücke der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen. Genau dafür will der US-Käufer jedoch sorgen. Laut Hary kam dieser aus sich auf ihn zu: „Er hatte ein Konzept, das mir sehr gefiel“. Geplant sei eine zweijährige Ausstellungstour der Stücke durch Museen in vier US-Bundestaaten. Verlockend? Nur die zweitbeste Lösung für Hary: „Das Maximale wäre, wenn sich jemand im Saarland fände.“ Hary betont, er habe sich „immer als Saarländer gefühlt“, habe „die schönsten Erinnerungen“ an den Beginn seiner Laufbahn beim FC Saarbrücken. Kontakte in die alte Heimat, wo noch Verwandschaft lebt, gibt es, Besuche kaum. Seit Jahrzehnten wohnt Hary mit seiner Frau in Bayern (Adlhausen), verdient dort sein Geld als Immobilienmakler. Hat er Geldsorgen? „Nein, ich habe keine Schulden“, heißt es entschieden. „Ich lebe nicht in Saus und Braus.“ Warum aber trennt man sich dann von emotional kostbaren Stücken? Offenbar aus Fürsorge. Hary wirkt am Telefon ebenso hellwach wie bestimmt: „Ich möchte wissen, was mit den Sachen nach meinem Tod passiert. Sie sollen nicht auf irgendeinem Flohmarkt landen.“ Dass es Stress mit den Erben, den beiden Kindern, gibt, bestätigt Hary. Näher darauf eingehen möchte er nicht.

Es ist Zufall, dass die Sponsoren-Initiative zeitlich mit einem Gerichtstermin im Da-Vinci-Streit zusammenfällt. Am Montag wurde die Sache vor dem Oberlandesgericht München (OLG), wieder verhandelt. Ob die „Verkündigungsmadonna“ Hary gehört, ist ungeklärt. Ebenso, ob sie von Da Vinci stammt. Überaus kostbar dürfte das Renaissance-Gemälde jedoch sein. Doch Hary muss auf eine Zahlung weiter warten. Im Umfeld des Prozesses hatte er erklärt, das Bild sei als „Altersabsicherung“ gedacht gewesen. Was womöglich erklärt, warum Hary nicht als Mäzen in eigener Medaillen-Sache auftritt. Denkbar wäre ja, dass er die Stücke als Dauerleihgabe in ein Museum gibt. Seine Madonna jedenfalls ist schon dort, in den Münchner Pinakotheken, freilich aus konservatorischen Gründen.

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