Über die Auswirkungen eines Jamaika-Bündnisses „Annegret, jetzt gib’ auch mal Gas!“

Saarbrücken · Warum eine Jamaika-Koalition im Bund die Zusammenarbeit von CDU und SPD im Saarland erschwert.

 Bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags im Mai war die Stimmung zwischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und ihrer Stellvertreterin Anke Rehlinger (SPD) noch gelöst. Doch mit Jamaika im Bund könnte sich das Verhältnis zwischen CDU und SPD abkühlen.

Bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags im Mai war die Stimmung zwischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und ihrer Stellvertreterin Anke Rehlinger (SPD) noch gelöst. Doch mit Jamaika im Bund könnte sich das Verhältnis zwischen CDU und SPD abkühlen.

Foto: BeckerBredel

Den großen Konflikt, der die schwarz-rote Koalition an den Rand einer echten Krise gebracht hätte, den gab es im Saarland seit Bestehen des Bündnisses im Jahr 2012 bisher nicht. Sicher, die Sozialdemokraten schimpfen regelmäßig über Innenminister Klaus Bouillon, den sie für einen Dampfplauderer halten. Umgekehrt lästern die CDU-Leute über Bildungsminister Ulrich Commerçon, der ihnen wie ein verbohrter Ideologe vorkommt.

Das ist nichts Neues. Neu ist, dass sich zuletzt auch Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) mitten in die Auseinandersetzungen begab und die SPD scharf angriff. Gemeint war die Bundes-SPD, aber ihre Sätze verfehlten auch im Saarland ihre Wirkung nicht.

Nun kommt es in den besten Ehen vor, dass es nach einigen Jahren auch mal knallt und sich das Verhältnis etwas abkühlt. Auch in einer politischen Ehe werde es mit zunehmender Dauer schwieriger, sagt SPD-Mann Eugen Roth. Der Gewerkschafter steht nicht im Verdacht, dass er die große Koalition schlechtreden will, er bezeichnet sich selbst als koalitionstreuen Pragmatiker, der den Koalitionsvertrag mit der CDU „ausgezeichnet“ findet.

Roth prognostiziert aber auch, dass es mit Jamaika im Bund schwieriger werden wird. Mit dieser Einschätzung ist er nicht allein: Die SPD wird bald nicht mehr Teil der gemeinsamen Bundesregierung sein, aus der Opposition heraus wird sie zum Angriff auf die CDU blasen. Und wenn Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer in der Bundes-CDU wirklich noch mehr werden will, wird sie nicht umhin können, in dieser Auseinandersetzung auf Bundesebene mitzumischen.

Einen ersten Vorgeschmack lieferte sie am 8. Oktober beim „Deutschlandtag“ der Jungen Union in Dresden. Dort sagte Kramp-Karrenbauer unter anderem: „Das ist es, was uns von den Sozialdemokraten unterscheidet: Wenn wir sagen, zuerst das Land und dann die Partei, dann meinen wir das so. Die Sozialdemokraten fühlen sich nur wohl, wenn sie zuerst an die Partei und zuerst an sich selbst denken. Deswegen waren sie und sind sie und werden sie auch nie geeignet sein, dieses Land zu führen.“ Die SPD wolle mit AfD und Linken um die populistischste Oppositionsarbeit wetteifern. Außerdem sei die SPD mitverantwortlich für das Erstarken der AfD. Diesen letzten Satz – nur über ihn hatten die Medien, auch die SZ, zunächst berichtet – empfanden die SPD-Leute im Saarland als böses Foul.

Und schließlich fielen noch Sätze, die die Sozialdemokraten mindestens genauso geschmerzt haben müssen: „Heute ist der 25. Todestag von Willy Brandt“, sagte Kramp-Karrenbauer bei der JU. „Angesichts dieses Verhaltens der Sozialdemokraten würde es mich nicht wundern, wenn er heute in seinem Grab rotieren würde, vor lauter Scham auf die Sozialdemoraten.“

Die Saar-SPD feuerte umgehend zurück: Das Beste gegen Populismus sei, nicht selbst populistisch zu werden. Allein die CDU habe sich von einer starken AfD strategische Vorteile erhofft. „Zutiefst ehrverletzend“ nannten die Jusos die Angriffe der Regierungschefin. Der Partei-Nachwuchs ermunterte die Mutterpartei zu mehr Härte gegen die Saar-CDU. „Frau Kramp-Karrenbauer sollte dieses Spiel nicht zu weit treiben“, erklärte Juso-Landeschef Pascal Arweiler. „Sonst dürfte dieses Verhalten auch Konsequenzen für den Umgang innerhalb der Koalitionsregierung im Saarland nach sich ziehen.“

Dagegen ist Saar-SPD-Vize Roth für Gelassenheit. Zwar sagt auch er, Kramp-Karrenbauers Angriff habe ihn verwundert, das habe sie gar nicht nötig, und nun müsse sie damit rechnen, dass die SPD ihr Kontra gebe. Aber: „Unser Problem ist nicht AKK, sondern das sind wir selbst, das erkennen bloß nicht alle.“ Die SPD müsse zusehen, wie sie sich in Zukunft aufstellt, da dürfe man keine Schuldigen suchen. „Wir müssen deutlich sagen, was wir wollen.“ An einer Eskalation hat in der SPD zumindest derzeit niemand ein Interesse. Ein Parteisprecher sagte staatstragend: „Die Haushaltsberatungen zeigen, dass die große Koalition im Saarland gemeinsame Ziele verfolgt. Das wird sich auch unter einer möglichen Jamaika-Regierung im Bund nicht ändern.“

Was sich aber ändern wird, ist Folgendes: Wenn die künftige Jamaika-Koalition im Bund Entscheidungen trifft, die nicht im Interesse des Landes sind, wird die SPD auf Kramp-Karrenbauer zeigen. Das gilt zum Beispiel für die dringend nötige Entschuldung der Kommunen. SPD-Vertreter haben dieser Tage in der Haushaltsdebatte des Landtages bereits Ansprüche formuliert, ohne sie ausdrücklich an Kramp-Karrenbauer zu adressieren. Eugen Roth sagt, Kramp-Karrenbauer sei in der CDU jetzt so weit oben, da müsse man zu ihr sagen: „Annegret, jetzt gib’ auch mal Gas!“

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