Brandstiftung mit Todesfolge Anklage nach Brandkatastrophe erhoben

Saarbrücken · Saarbrückerin (38) soll vier Menschen auf dem Gewissen haben, die in einem Mietshaus am Saarufer ums Leben kamen.

 Nur über eine Drehleiter konnte die Feuerwehr Menschen aus dem brennenden Haus retten.

Nur über eine Drehleiter konnte die Feuerwehr Menschen aus dem brennenden Haus retten.

Foto: Peter Stefan Herbst

Vier Menschen, die erstickten, zwölf zum Teil schwerverletzte Mieter, vier Feuerwehrleute, die Blessuren davontrugen: Das ist die traurige Bilanz eines Wohnhausbrandes, der am 3. Dezember vergangenen Jahres für einen Großeinsatz der Hilfskräfte in der Saarbrücker Innenstadt gesorgt hat. Dafür soll sich jetzt eine 38-Jährige verantworten. Der Anklagevorwurf, den die Saarbrücker Staatsanwaltschaft erhebt, wiegt schwer: Brandstiftung mit Todesfolge. Demnach legte die Frau in ihrer Wohnung mit Absicht Feuer und soll „wenigstens leichtfertig den Tod anderer Menschen verursacht“ haben, schreibt Staatsanwaltssprecher Christoph Rebmann in einer Mitteilung. Dass es sich um Brandstiftung handelt, sieht auch ein Sachverständiger als „plausibelste Ursache“ für die Brandkatastrophe in dem 1965 errichteten Wohnhaus mit Geschäftsräumen an der Saaruferstraße oberhalb der Stadtautobahn.

Die Staatsanwaltschaft weitete ihre Ermittlungen unterdessen aus: Wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung sind der Hauseigentümer, die Bauaufsichtsbehörde, der Bauherr sowie Architekten im Visier. Es geht darum, wer dafür verantwortlich ist, dass nach Ansicht von Sachverständigen gegen Brandschutzvorschriften verstoßen wurde. So habe es keinen Rauchabzug im Treppenhaus gegeben. Zudem waren Abschlusstüren zu den Fluren defekt oder blockiert, die den Qualm hätten aufhalten können.

Nach den Ermittlungsergebnissen sollen sich in dem sechsstöckigen Bauwerk mit 42 Kleinwohnungen dramatische Szenen abgespielt haben, die die Angeschuldigte, selbst Mieterin dort, zu verantworten habe. Dabei war die Mutter von drei Kindern zur Tatzeit betrunken, wie Rebmann mitteilt.

Und so soll das Drama an jenem Dezembertag nach Schilderung der Staatsanwaltschaft seinen Lauf genommen haben: Es war kurz nach 13 Uhr, als die nun angeschuldigte Frau im Schlafzimmer ihres Ein-Zimmer-Appartements in der ersten Etage Feuer legte. Sie wollte ihre Wohnung abfackeln. Dabei hatte sie zudem einen wahren Drogencocktail intus. Nach ihrer Aussage habe sie das Kopfkissen ihres Bettes mit Feuerzeugbenzin angezündet, um mit ihrem bisherigen Leben Schluss zu machen.

Um 13.12 Uhr verließ die ledige Mutter das Haus. Das Fatale: Die psychisch kranke Frau ließ die Tür zu ihrer Unterkunft offen. Der so entstandene Luftzug zog rasch den Qualm durchs Treppenhaus, das als Fluchtweg diente. So war es bereits um 13.20 Uhr unmöglich, den Bau hierüber zu verlassen.

Das wurde für vier der 24 sich zu dem Zeitpunkt im Gebäude aufhaltenden Bewohner zum Verhängnis: Drei Männer (29, 69 und 70 Jahre) erstickten in ihren Wohnungen, die sich im dritten und vierten Stockwerk befanden. Ein 46-Jähriger wollte von der fünften Etage aus flüchten, kam aber auf der Treppe durch eine Rauchvergiftung ums Leben. Mit zahlreichen Knochenbrüchen musste ein Mieter in die Klinik, der von der dritten Etage aus dem Fenster sprang, um sich zu retten. Er landete bei dem Sturz auf dem Restaurantdach im Parterre. Elf weitere Mitbewohner erlitten Rauchvergiftungen. Verletzte gab es bei dem Brand, bei dem 500 000 Euro Schaden entstand, auch unter Feuerwehrleuten: Drei kamen mit leichter Rauchvergiftung davon, einer musste für mehrere Tage ins Krankenhaus.

Noch am selben Tag kehrte die Frau um 22.15 Uhr an den Tatort zurück und gestand gegenüber den Ermittlern die Tat. Alkoholtests ergaben, dass sie da immer noch betrunken war. Seitdem sitzt sie in Zweibrücken in Untersuchungshaft. Da die Saarbrückerin seit ihrer Jugend unter Angstzuständen leidet sowie womöglich alkohol- und drogenabhängig ist, könnte bei der Gerichtsverhandlung darüber zu befinden sein, sie in einer Entziehungsanstalt oder Psychiatrie unterzubringen. Die Saarbrückerin ist mehrfach vorbestraft und saß schon öfter hinter Gitter.

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