Justiz Angeklagte bricht im Brandprozess in Tränen aus

Saarbrücken · Die Hände der Angeklagten zittern, als sie ihr Gesicht vor den Kameraleuten mit einer Aktenmappe verdeckt. Melanie D. ist sichtlich nervös, als sie am Mittwochmorgen den Gerichtssaal am Landgericht Saarbrücken betritt.

Und sie weint, als der Staatsanwalt die Anklage vorliest, die auf Brandstiftung mit Todesfolge lautet.

An der Stelle, als er schildert, wie vier Männer am 3. Dezember in dem brennenden Wohn- und Geschäftshaus in der Saaruferstraße in Saarbrücken an Rauchgasen erstickten, schluchzt die 38-Jährige vor sich hin. Sie selbst soll es gewesen sein, die das Feuer entzündete, als sie nach Alkohol- und Drogenkonsum ein Kissen in ihrem Zimmer in Brand steckte. Danach soll sie das sechsstöckige Gebäude, in dem sich viele Sozialwohnungen befanden, verlassen haben. Weil sie die Tür offenließ, erhielt das von ihr gelegte Feuer einen ausreichenden Luftzug, so dass sich die Rauchgase schnell durch das Treppenhaus ausbreiteten.

24 Menschen waren zu diesem Zeitpunkt im Haus. Vier Bewohner im Alter von 29, 46, 69 und 70 Jahren schafften es nicht mehr ins Freie und starben an Rauchgasvergiftungen im Flur oder ihren Apartments. Später soll die mutmaßliche Brandstifterin noch einmal zum Brandort gekommen sein und mehrfach erklärt haben, dass sie in ihrer Wohnung ein Kopfkissen mit Feuerzeugbenzin angezündet habe.

Aber äußern will sich Melanie D. im Prozess nicht: „Mit einer Einlassung ist nicht zu rechnen. Weder zu ihrer Person, noch zur Sache“, sagt einer ihrer Pflichtverteidiger, als der Richter wissen will, ob die Angeklagte bei der nächsten Sitzung aussagen werde. Weil an diesem Morgen keine psychiatrischen Sachverständigen dabei sind, wäre eine Einlassung ohnehin erst am kommenden Dienstag, 5. Juni, vorgesehen. Doch Christian Kessler hat seiner Mandantin geraten, zu schweigen – und auch, ein psychiatrisches Gutachten abzulehnen.

Er setzt darauf, dass im Zweifel für die Angeklagte entschieden wird und will verhindern, dass seine Mandantin in die Psychiatrie eingewiesen wird. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, was die Anklage ebenfalls prüfen lassen möchte, hält er hingegen für „durchaus geboten“. Für die Psychiatrie seien seiner Ansicht nach jedoch die Voraussetzungen nicht gegeben. „Wenn meine Mandantin keine Drogen nimmt und keinen Alkohol trinkt, ist sie vollkommen gesund“, sagt er nach dem Prozessauftakt vor Journalisten. Davon gehe auch das vorläufige schriftliche Sachverständigengutachten aus.

Laut Anklageschrift hat Melanie D., deutsche Staatsbürgerin, ledig und ohne Berufsausbildung, den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Es bestehe die Gefahr, dass sie in dieser Folge erhebliche rechtswidrige Taten begehe und für die Allgemeinheit gefährlich sei.

Der Verteidiger ist nach Aktenlage zu der Einschätzung gekommen, dass die damals 37-Jährige einen Suizid vorbereitet habe, als sie das Haus verließ. „Sie wollte nichts hinterlassen und deshalb die letzte Habe anzünden.“ Niemand unterstelle ihr, gewollt oder billigend in Kauf genommen zu haben, andere Menschen zu töten. „Ihr wird lediglich eine schwere Form der Fahrlässigkeit, die Leichtfertigkeit, vorgeworfen.“ Ein wesentlicher Aspekt des Prozesses sei es, zu klären, ob ihr dies vorzuwerfen sei und ob sie vollständig schuldfähig sei.

Das Gesetz sieht als Höchstmaß für Brandstiftung mit Todesfolge die lebenslängliche Freiheitsstrafe vor. Bis zum 19. Juli sind noch sechs weitere Verhandlungstage angesetzt.

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