Am Osthafen wird eine Römerleiche ausgegraben

Saarbrücken. Dass sie - nicht unweit des Römerkastells - irgendetwas finden würde, sei ihr klar gewesen, sagt Ines Berwanger. Dass die Funde die Ergebnisse der Grabungen von 1925 und in den 60er Jahren in einem neuen Licht erscheinen lassen würden, hat aber auch die Ausgrabungsleiterin nicht ahnen können

Saarbrücken. Dass sie - nicht unweit des Römerkastells - irgendetwas finden würde, sei ihr klar gewesen, sagt Ines Berwanger. Dass die Funde die Ergebnisse der Grabungen von 1925 und in den 60er Jahren in einem neuen Licht erscheinen lassen würden, hat aber auch die Ausgrabungsleiterin nicht ahnen können. Der Leiter des Landesdenkmalamtes, Josef Baulig, sprach am Freitag sogar davon, dass "die Geschichte Saarbrückens zwar nicht vollständig neu geschrieben, aber doch umgeschrieben werden muss". Sieben Wochen und einen Tag hat das sechsköpfige Team von Ines Berwanger südlich des Osthafens gegraben. Teile der Fläche sollen im Rahmen des Projekts "Stadtmitte am Fluss" zur so genannten Retentionsfläche werden, also zu einem Gebiet, auf das sich die Saar ausbreiten kann, um Hochwasser in der Innenstadt abzumildern. Dass auf einem solchen Gelände, in dessen nähe früher bereits archäologisch interessante Funde aus der Römerzeit gemacht wurden, erstmal Testgrabungen gemacht werden, sei ein Standardverfahren.In diesem Fall eins, das die Historiker entzückt. Das Team hat nicht nur das Skelett eines vermutlich männlichen, jugendlichen Römers aus dem dritten oder vierten Jahrhundert gefunden. Von noch größerer Bedeutung ist wohl die römische Hauptstraße, die freigelegt wurde. 63 Meter Straße wurden freigelegt. Eine Straße, die offenbar weiter am bereits historisch dokumentierten Römerkastell vorbeiführt, als bisher angenommen. "Es war wohl so, dass die Römer da große Pläne hatten, sie aber nicht umsetzen konnten", vermutet Baulig. Warum sich der Siedlungsschwerpunkt später ganz weg aus dieser Ecke des heutigen Saarbrückens ins heutige St. Johann und Alt-Saarbrücken verlagert hat, sei noch unklar. Die Grabungen könnten da aber neue Hinweise geben.Saarbrückens Baudezernentin Rena Wandel-Hoefer hat da einen Verdacht. "Das wurde denen da zu ungemütlich", vermutet sie. Dass die jetzt freigelegte Straße etwa 1,50 Meter tief unter der Erde gefunden wurde, deutet darauf hin, dass die Saar viel angeschwemmt hat. Die Römer und die, die nach ihnen kamen, wären also die ersten Saarbrücker Hochwasseropfer gewesen.Einige Funde im Umkreis der Straße werden nun näher untersucht. Dabei handelt es sich zum Beispiel um eine große, rechteckige Grube, die Holzkohle und zahlreiche Tierknochen enthält. Ihre Funktion konnte bisher noch nicht vollständig geklärt werden. Bereits bekannt sei, dass ähnliche Gruben in römischen Tempelbezirken angesiedelt waren. Auch die Rolle zweier parallel laufender Gräben und eines Pfostenlochs konnten noch nicht ermittelt werden. Hans Mildenberger, der städtische Denkmalschützer, geht jedenfalls davon aus, dass noch mehr gefunden wird, wenn man weitergräbt. Bevor über die Finanzierung weiterer Grabungen oder die Ausweitung des Grabungsfelds entschieden wird, sollen die Funde ausgewertet werden. Weil die Fundorte am Rand der vorgesehenen Retentionsfläche liegen, gebe es "keine negativen Auswirkungen auf die weiteren Planungen", betont die Baudezernentin.

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