Am Anfang war "der Deutsche"

Saarbrücken. Wenn die "Soiree der Freundschaft" morgen Abend (siehe Infokasten) gelingt, wird sich wohl vor allem einer freuen: Irakli Rukhadze. Gemeinsam mit Tina Ebiashvili und Lasha Oniani bildet er den Vorstand des Vereins art.Transfer, der sich den deutsch-georgischen Kulturaustausch zum Ziel gesetzt hat

Saarbrücken. Wenn die "Soiree der Freundschaft" morgen Abend (siehe Infokasten) gelingt, wird sich wohl vor allem einer freuen: Irakli Rukhadze. Gemeinsam mit Tina Ebiashvili und Lasha Oniani bildet er den Vorstand des Vereins art.Transfer, der sich den deutsch-georgischen Kulturaustausch zum Ziel gesetzt hat. Dieses Ziel hat schon sein Vater Nodar Rukhadze in den 70er Jahren verfolgt, als er maßgeblich an der Gründung der Städtepartnerschaft zwischen Saarbrücken und Tiflis mitwirkte. Damals hatte Nodar Rukhadze sich in Georgien längst einen Namen als Übersetzer deutscher Literatur und Autor gemacht und war gern gesehener Ansprechpartner von Hermann Wedekind, dem damaligen Intendanten des Saarbrücker Stadttheaters, und Martin Buchhorn vom Saarländischen Rundfunk, die beide die Städtepartnerschaft wesentlich vorantrieben.Hilfe vom Fernsehen"In Georgien hatte mein Vater den Beinamen ,der Deutsche'", erinnert sich Irakli. Und auch die Besuche von Wedekind, der für ihn bis heute "der Hermann" ist, sind ihm noch präsent, obwohl er gerade vier Jahre alt war. Unverhofft profitierte er sogar von den prominenten Freunden seines Vaters: "Ich lag damals als kleiner Junge mit Gehirnerschütterung im Krankenhaus, als Buchhorn einen Dokumentarfilm über meinen Vater und unsere Familie drehen wollte. Die schäbigen Krankenzimmer wollte man den deutschen Zuschauern aber offenbar nicht zeigen, so kam ich in ein neues, sauberes Zimmer." Den Behörden war der umtriebige Vater allerdings ein Dorn im Auge. "Spätestens nachdem mein Vater die Werke von Heinrich Böll ins Georgische übersetzt hatte, wurde er genau beobachtet. Er war ja Mitarbeiter einer Literaturzeitschrift, wurde aber nie befördert. Auch seine Dissertation wurde nie anerkannt", sagt der Sohn rückblickend. Per Du mit BöllHeinrich Böll, Martin Walser und andere Größen der deutschen Literaturszene waren häufiger bei den Rukhadzes zu Gast. Einige Dokumente aus dem Nachlass sind Irakli geblieben, darunter eben auch Briefe von Böll und ein bislang wohl unveröffentlichtes Gedicht, das Böll seinem Übersetzerfreund Nodar geschickt hatte. Auch nach seinem Besuch 1977 in Saarbrücken war Rukhadze Schikanen ausgesetzt. "Er wurde öfter vorgeladen und verhört. Wenige Monate später starb er dann unter seltsamen Umständen", erinnert sich Irakli. Nähere Vermutungen will er nicht äußern. Tatsache ist aber, dass seine Mutter und er selbst bis 1990 Ausreiseverbot hatten. "Wir wussten das selbst nicht einmal. Nach dem Tod meines Vaters brachen alle Kontakte, sei es nach Ost- oder Westdeutschland abrupt ab, keiner wusste mehr, wo wir lebten, bis Martin Buchhorn uns Jahre später wieder ausfindig machte." Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion kam Irakli dann in den Genuss neuer Freiheiten. Sein Germanistikstudium, das er in Tiflis begonnen hatte, setzte er in Saarbrücken fort - und blieb. Bis heute. "Die Städtepartnerschaft zwischen Saarbrücken und Tiflis begann damals mit menschlichen Kontakten und der Liebe zur Kultur. Genau das möchten wir mit unserem Verein wieder aufleben lassen", sagt Irakli Rukhadze. Seinen Vater würde es sicher freuen, dass sein Engagement aus den 70er Jahren wieder eine Fortsetzung findet und die Partnerschaft neu belebt wird.

Auf einen Blick"Georgien - Ein Stück vom Paradies". Soiree der Freundschaft Saarbrücken - Tbilissi - Nantes. Mehr als 50 Künstler aus Georgien zeigen in einer Deutschland-Premiere eine Show mit Ballett, Tanz, Schauspiel und Gesang zur Geschichte Georgiens, Freitag, 12. Dezember, E-Werk Saarbrücken. Einlass 19.30 Uhr, Beginn der Show 20.30 Uhr. Karten gibt es an allen bekannten Vorverkaufsstellen und im Internet unter der Adresse www.cts.de.Weitere Infos erteilt der Kulturverein www.art-transfer.eu unter Telefon (06 81) 416 23 80. red

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