Jomi feiert 40-jähriges Bühnenjubiläum Als stilles Chamäleon durch die Zeit

Saarlouis · Der Pantomime Jomi alias Michael Kreutzer feiert am Freitag sein 40-jähriges Bühnenjubiläum mit einer Gala im Saarlouiser Theater am Ring.

 Auch ungeschminkt und abseits der Bühne ist Michael Kreutzer eine lebhafte Gestalt, hier mit seinen Unterstützern Manfred Voltmer (links) und Winfried Götzinger.

Auch ungeschminkt und abseits der Bühne ist Michael Kreutzer eine lebhafte Gestalt, hier mit seinen Unterstützern Manfred Voltmer (links) und Winfried Götzinger.

Foto: Rich Serra

Seine Augenbrauen bewegen sich auf und ab – wie eine Welle. Seine Hände, immer nah am Gesicht, begleiten jedes Wort. Spricht man mit ihm über Theater, Kinder oder seine Leidenschaft für Käsespätzle, strahlt er über das ganze Gesicht. Wäre es nach seinen Eltern gegangen, wäre aus Michael Kreutzer, 65, nie der berühmte Pantomime Jomi geworden. Schon als Kind brachte der gehörlose Junge seine Mitschüler durch Tanz- und Comedy-Einlagen zum Lachen. Aus dem Elternhaus hieß es aber „Lern’ mal was Vernünftiges“. Und das tat Michael Kreutzer auch.

Er machte eine Ausbildung und arbeitete als Zahntechniker. Doch sein Talent und seine Liebe für die Bühne führten ihn weiter. Mit 24 schaffte es der junge Mann aus Lebach nach Paris, in die Schule des weltweit bekannten Pantomimen Marcel Marceau. Es wurden drei lehrreiche, aber auch harte Jahre. Von der französischen Hauptstadt bekam Kreutzer nicht viel mit. Statt wilden Partys war Büffeln angesagt. „Ich war der einzige gehörlose Student. Ich hatte viele nette Kommilitonen, die mir Teile aus dem englischsprachigen Theorie-Unterricht übersetzt haben, es war trotzdem schwer. Ob Theorie, Ballett, Jazztanz, Fechten, Akrobatik oder Maske: Ich habe den ganzen Tag gelernt und geübt“, erinnert er sich.

Am Wochenende fuhr er immer wieder ins Saarland zurück, wo er mittlerweile einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt hatte. Mit Auftritten bei kleineren Festen verdiente er sich das Schulgeld für Paris. „Auch wenn ich relativ schnell meinen eigenen Stil entwickelt habe: Was ich dort gelernt habe, hat mich für immer geprägt“, blickt er auf seine Zeit bei Marceau zurück.

Mit dem Diplom in der Tasche startete Jomi seine internationale Karriere. Mal als Unterhalter, mal als Sozialkritiker, mal als Lyriker – sein Repertoire zählt mehr als 100 Nummern. „Man muss sich dem Publikum anpassen. Ich bin zwar gehörlos, doch was bei den Menschen ankommt oder nicht, das spüre ich“, sagt Jomi. „Ich mag es, vor unterschiedlichem Publikum und an außergewöhnlichen Orten aufzutreten.“ Davon gab es in seiner 40-jährigen Karriere eine Menge. Eine der schönsten Erinnerungen: der Auftritt im Schloss Versailles. Doch nicht nur im Nachbarland Frankreich eroberte Jomi die Bühnen. Von Südamerika bis nach Georgien spielte er in der ganzen Welt. Zuletzt in Russland.

Doch die russische Tour wurde zur bitteren Enttäuschung. „Der Tournee-Manager aus Moskau hat die Einnahmen in Höhe von 50 000 Euro unterschlagen. Dieser Verdienstausfall hat mich schwer getroffen, ich konnte meinen Bühnentechniker nicht mehr bezahlen“, blickt der Künstler zurück. Die Schicksalsschläge nimmt Jomi gefasst. Wenn es nicht klappt, wie man es sich vorgestellt hat, muss man umdisponieren. So verlief es auch mit seinem Kulturzentrum in Lebach-Eidenborn. Pantomime ist nicht mehr so angesagt wie früher. Um professionelle Räumlichkeiten dauerhaft zu mieten, kamen zu wenig Studenten ins Saarland. Also läuft es jetzt anders und Jomi ist derjenige, der regelmäßig die Koffer packt und zu seinen Privatstudenten quer durch Europa fährt.

Vor kurzem feierte das stille Chamäleon mit den hunderten Figuren seinen 65. Geburtstag. Eigentlich könnte Jomi sich zur Ruhe setzen. Für seine Kunstart hat er mehr als genug getan. Das, worauf viele Menschen warten – der verdiente Ruhestand – erweckt bei ihm Grauen. Er verdreht die Augen und sagt: „Rente mit 65? Auf gar keinen Fall. Ich habe Angst, dass es mir zu langweilig wird.“ Stattdessen entwickelt er immer wieder neue Nummern, etwa die mit dem Smartphone oder die mit dem überforderten Vater in Elternzeit. Manche davon wird er auch bei seiner Gala in Saarlouis spielen. Solche großen Auftritte in der Heimat sind seltener geworden. Viel Zeit verbringt er nun bei Kindern. In sechs saarländischen Schulen bringt er Jungen und Mädchen Pantomime bei. Die Arbeit macht großen Spaß. „Kinder sind witzig und begeisterungsfähig. Sie sind auch extrem kreativ und lernen sehr schnell, ihre Emotionen durch die Kunst auszudrücken.“ Auch Inklusion und Integration ließen sich durch die Theaterpädagogik effizient voranbringen.  Um das eigene Kind muss sich Jomi keine Sorgen machen. Seine Tochter arbeitet auch in einer Schule. Nicht als Künstlerin, sondern als Lehrerin. Sie hat halt was Vernünftiges gelernt...

Jomis Gala findet am Freitag, 22. September, ab 20 Uhr, im Theater am Ring (Saarlouis) statt. Tickets im Internet www.ticket-regional.de oder unter Telefon (06381) 1 68 90 00.

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