Neuer Generalinspekteur der Bundeswehr Alles hört bald auf sein Kommando

Saarlouis · Der Saarländer Eberhard Zorn wird im Mai oberster Bundeswehr-Soldat. Auf ihn warten in den nächsten Jahren viele Herausforderungen.

Eberhard Zorn hat Grund zum Feiern: Ab 1. Mai ist der Mann, der als guter Chef und Teamspieler gilt, Vorgesetzter aller 180 000 Bundeswehr-Soldaten.

Eberhard Zorn hat Grund zum Feiern: Ab 1. Mai ist der Mann, der als guter Chef und Teamspieler gilt, Vorgesetzter aller 180 000 Bundeswehr-Soldaten.

Foto: dpa/Jörg Carstensen

Wer es an die Spitze der Saarland-Brigade geschafft hat, für den ist die Karriere in aller Regel noch nicht zu Ende. Der Verband mit seinen mehr als 4000 Soldaten ist eine Kaderschmiede der Bundeswehr. Aber noch nie hat das Saarland einen Generalinspekteur, also den höchsten Soldaten der Bundeswehr, hervorgebracht. Das ändert sich zum 1. Mai. Dann wird der Saarbrücker Eberhard Zorn Vorgesetzter aller 180 000 Soldaten. Den 58-Jährigen, von 2010 bis 2012 Brigadekommandeur in Saarlouis, erwartet dann auch die Beförderung zum Vier-Sterne-General. Seine künftige Wirkungsstätte im Bendlerblock in Berlin-Tiergarten ist ihm bestens vertraut: Von 2012 bis 2014 war Zorn bereits Büroleiter des jetzigen Generalinspekteurs Volker Wieker (64).

Eines der vordringlichen Ziele Zorns wird es sein, in der Truppe um Vertrauen zu werben. Die Ausrüstung ist zum Teil marode, das Beschaffungswesen schwerfällig, Waffensysteme nur beschränkt einsatzbereit, die Soldaten in mehr als einem Dutzend Einsätzen gefordert.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erklärte am Freitag, Zorn sei durch seine Erfahrung im Ministerium und als Truppenführer auf allen militärischen Ebenen „bestens gewappnet, um unsere Streitkräfte in einer schwierigen Zeit zu führen, aber auch zentrale Themen wie Ausbildung und Einsatzbereitschaft weiter voranzubringen“. Mit seiner Vita stehe er für das Ziel einer „Armee der Europäer“. Zorn absolvierte in den 1990er Jahren auch die französische Generalstabsausbildung und führte 2014/15 eine Division, der eine niederländische Brigade unterstellt ist.

Zorn, bald das Gesicht der Bundeswehr in der Öffentlichkeit, gilt als kommunikativ und umgänglicher Vorgesetzter, der auf dem Flur auch mal mit Gefreiten einen lockeren Plausch hält. „Verantwortung für Menschen zu tragen, ist für mich nie eine Last gewesen, auch wenn es nicht immer leicht ist“, sagte er vor kurzem. Sein früherer Stabschef in Saarlouis, Holger Schäfer, charakterisierte Zorn einmal als „bescheidenen und angenehmen Menschen mit Mut zum Entschluss“ und „absoluten Teamplayer“, der nicht stur auf seiner Meinung beharre. Als im Jahr 2011 mehr als 600 seiner Soldaten in Afghanistan waren, schickte Zorn per Feldpost regelmäßig Briefe, Fotos und Zeitungsausschnitte ins Einsatzland. Der evangelische Militärbischof Sigurd Rink nennt ihn einen „sehr offenen, gewinnenden und gut zuhörenden Menschen“.

Dass von der Leyens Wahl auf Zorn fiel, ist einerseits überraschend. Als neuer Generalinspekteur wurden beispielsweise auch Heeres-Inspekteur Jörg Vollmer (60) und Nato-General Markus Kneip (61) gehandelt. Beide verfügen, anders als Zorn, über Afghanistan-Erfahrungen, Kneip wurde dort bei einem Sprengstoffanschlag 2011 sogar verwundet.

Andererseits hat sich der Saarländer seit Jahren in Schlüsselpositionen bewährt und dabei das Vertrauen von der Leyens gewonnen. Die Ministerin berief ihn 2015 erst zum Leiter der für die Einsatzbereitschaft der Truppe zuständigen Abteilung im Verteidigungsministerium und machte ihn 2017 zum Personalchef der Bundeswehr. Eine schwierige Aufgabe, weil das Militär in den nächsten Jahren 20 000 zusätzliche Soldaten rekrutieren will. Vor wenigen Tagen verkündete Zorn: „Die Kurve zeigt jetzt nach oben.“

Die von der Ministerin ausgerufenen „Trendwenden“ bei Personal und Ausrüstung lobte Zorn in der Öffentlichkeit stets. Dass von der Leyen 2017 in einem Fernseh-Interview über ein angebliches „Haltungsproblem“ in der Bundeswehr klagte, trug der im Ministerium für seine Loyalität geschätzte Zorn ihr nicht nach: „Das hat die Ministerin alles abgeräumt, sie hat sich entschuldigt, das ist für mich und für die meisten Angehörigen der Bundeswehr erledigt“, sagte er im Dezember.

Als Personalchef setzte er sich dafür ein, die Truppe als Arbeitgeber attraktiver zu machen. Flachbildschirme auf Stuben, Kinderbetreuung und Teilzeit-Arbeit – für manch einen Altgedienten sind das die falschen Prioritäten. „Die Ministerin sollte noch Wecker anschaffen, bei denen statt einem Klingeln nur Meeresrauschen und Vogelgezwitscher ertönt“, ätzte der ehemalige Generalinspekteur Harald Kujat einmal.

Zorn bestreitet, dass das Militär auf diese Weise weichgespült wird. „Ein bisschen Wohlfühlen im Grundbetrieb zu Hause muss schon sein. Das haben die Soldaten verdient, die in den Einsätzen Leib und Leben für unser Land riskieren“, sagte er kürzlich in einem SZ-Interview. Die Bundeswehr müsse heute um jeden einzelnen Soldaten werben. Dazu gehört für Zorn auch, dass die Ausbilder ihre jungen Rekruten in den ersten Wochen nicht gleich überfordern und auch im Ton ordentlich mit ihnen umgehen.

Auch in der Diskussion um die Tradition in der Truppe gehört Zorn zu den Modernisierern. Mit Diskussionen, ob Wehrmachtssoldaten als Vorbild taugen, kann er nicht viel anfangen. „Ich habe mir in meinen fast 40 Dienstjahren immer Vorbilder aus der Ist-Welt gesucht.“

Zorn ist, obgleich er in seiner Laufbahn mit seiner Familie 14 Mal umziehen musste, ein heimatverbundener Saarländer. Innenminister Klaus Bouillon (CDU) versuchte daher, den 2015 zum „Saarlandbotschafter“ berufenen General für die Reduzierung des militärischen Fluglärms über dem Saarland einzuspannen. Doch die Idee, die Kampfjets andernorts üben zu lassen, hielt Zorn aus militärischen Gründen nicht für machbar.

 2010 übernahm Eberhard Zorn (rechts) auf dem Großen Markt in Saarlouis das Kommando über die Luftlandebrigade 26 „Saarland“.

2010 übernahm Eberhard Zorn (rechts) auf dem Großen Markt in Saarlouis das Kommando über die Luftlandebrigade 26 „Saarland“.

Foto: Seeber

Über die Aufgaben der Bundeswehr wird sich Zorn in Zukunft mit einem anderen Saarländer in Berlin austauschen können. Denn für die Sicherheitspolitik der Bundesrepublik und auch für die Auslandseinsätze der Bundeswehr primär zuständig ist das Auswärtige Amt von Heiko Maas (SPD).

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