Aldi-Kasse als Vorbild für Fiskus?

Saarbrücken. So schädlich und ärgerlich die jüngst bekannt gewordenen Schwarzgeld-Fälle in Steuerparadiesen wie den Bermudas oder Cayman-Inseln für den Fiskus sein mögen - für Matthias Bittner haben sie auch ihre gute Seite. "Uns freut an der Geschichte, dass die Bevölkerung wach wird", sagt der Landeschef der Deutschen Steuergewerkschaft (DSTG)

 Mehr Kassierer, wie bei Aldi zur Angebotszeit, will die Gewerkschaft beim Fiskus. Foto: Imageservice

Mehr Kassierer, wie bei Aldi zur Angebotszeit, will die Gewerkschaft beim Fiskus. Foto: Imageservice

Saarbrücken. So schädlich und ärgerlich die jüngst bekannt gewordenen Schwarzgeld-Fälle in Steuerparadiesen wie den Bermudas oder Cayman-Inseln für den Fiskus sein mögen - für Matthias Bittner haben sie auch ihre gute Seite. "Uns freut an der Geschichte, dass die Bevölkerung wach wird", sagt der Landeschef der Deutschen Steuergewerkschaft (DSTG). Denn um den großen Sumpf der Steuerhinterziehung trockenzulegen, das sollen die Schlagzeilen der vorigen Tage zeigen, könne die Politik nicht weiter Personal in den Finanzämtern abbauen. "Skandalös" sei die Personalsituation im Saarland jetzt schon, sagte Bittner gestern bei einer Pressekonferenz. Seine Gewerkschaft vertritt nach eigenen Angaben 85 Prozent der Beschäftigten."Wenn bei Aldi viele Leute an der Kasse stehen, werden ja auch nicht Verkäuferinnen abgezogen, sondern neue Leute eingesetzt, um zu kassieren." So sei es auch bei den Steuern: "Das Geld liegt auf der Straße, gebt uns das Personal", fordert er die Regierung auf. Stattdessen verschärfe diese die Situation mit zusätzlichen Stellenkürzungen. Die Steuerverwaltung habe bereits zehn Prozent zu wenig Stellen und könne ihre Aufgaben nicht mehr alle erledigen, die Arbeitsbelastung steige von Jahr zu Jahr.

Das Finanzministerium erklärte dazu, es arbeite derzeit an einer neuen Struktur der Finanzverwaltung: "Wenn die vorhandenen Aufgaben durch neue Verfahren und Strukturen effizienter erledigt werden können, führt ein Personalabbau nicht zu einer Verringerung der Einnahmen", hieß es.

Bittner bestreitet das. Schon heute habe die Steuerfahndung 50 Prozent zu wenig Personal, die Betriebsprüfung 30 Prozent. Dabei setze ein Betriebsprüfer jährlich im Durchschnitt eine Million Euro Steuern fest, ein Steuerfahnder 1,5 Millionen - bei Personalkosten von 80 000 Euro. Dennoch habe ihm die Regierung erklärt, die Einstellung rechne sich für das Land am Ende nicht.

Die große Koalition will bis 2020 im öffentlichen Dienst mindestens 2400 Stellen einsparen - einen noch nicht näher bezifferten Teil soll die Finanzverwaltung beitragen. Bittner fürchtet die Streichung von 150 bis 200 Jobs. "Das führt zu einem völligen Zusammenbruch der Steuererhebung und Steuerfestsetzung", so der DSTG-Chef. Wenn die Finanzämter vom Stellenabbau nicht ausgenommen würden, werde spätestens 2016 der Bundesfinanzminister im Saarland einschreiten müssen, weil keine gleichmäßige Besteuerung mehr gewährleistet sei.

Finanzminister Stephan Toscani (CDU) hatte im Dezember im Landtag erklärt, die Finanzverwaltung brauche bundesweit keinen Vergleich zu scheuen: "Wir haben eine ordentliche Ausstattung. Wir arbeiten ständig daran, sie auf hohem Niveau zu halten." Für Bittner klang das wie Hohn. Er spricht mittlerweile von "beängstigenden" Zuständen bei der personellen Ausstattung.

Im Juni soll Klarheit über den Stellenabbau herrschen, bis dahin verhandeln Gewerkschaften und Landesregierung. Dann soll auch feststehen, ob der Tarifabschluss für die Tarifbeschäftigten auf die Beamten übertragen wird. "Sie glauben doch nicht, dass die Motivation der Kollegen steigt, wenn ihnen immer weniger Gehalt gezahlt wird", sagte Bittner unter Hinweis auf die Opfer der Beamten in den vergangenen Jahren.

Für die Gespräche mit der Regierung hat Bittner, dem am 25. April Personalratswahlen ins Haus stehen, bereits eine rote Linie gezogen. Er werde nichts unterschreiben, was am Ende die Einsparung von 150 oder 200 Kollegen bedeute. In Briefen an die fünf Fraktionschefs im Landtag hat er bereits mit einem Ausstieg aus den Konsens-Gesprächen gedroht.Foto: Privat

Meinung

Minister ist Erklärung schuldig

Von SZ-RedakteurDaniel Kirch

Die Forderung nach mehr Steuerfahndern und Betriebsprüfern zur Erhöhung der Einnahmen ist seit Jahrzehnten ein landespolitischer Klassiker. Nur weil sie aus Gewerkschaftssicht bislang nicht umgesetzt wurde, muss sie nicht unbedingt falsch sein. Zumal nicht in einem hochverschuldeten Bundesland, das sich angesichts der Schuldenbremse zur Decke strecken muss, um seine Steuereinnahmen zu erhöhen. Entweder es gibt einen Zusammenhang zwischen der Zahl derer, die fürs Land das Geld eintreiben, und der Höhe der Steuereinnahmen - oder es gibt ihn nicht. Es wäre nun an der Zeit, dass die Landesregierung dies nachvollziehbar aufklärt. Der Ball liegt im Spielfeld des Finanzministers.

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