Warnstreik im Saarland 5000 gehen für mehr Lohn auf die Straße

Saarbrücken · Ein Warnstreik von öffentlich Beschäftigten legte gestern Teile des Landes lahm. Kommt jetzt die Einigung?

 Rund 5000 Demonstranten versammelten sich auf dem Tbilisser Platz in Saarbrücken und machten ihrem Unmut über die stockenden Tarifverhandlungen lautstark Luft.

Rund 5000 Demonstranten versammelten sich auf dem Tbilisser Platz in Saarbrücken und machten ihrem Unmut über die stockenden Tarifverhandlungen lautstark Luft.

Foto: BeckerBredel

Sie waren viele, und sie waren laut: 5000 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes waren dem Aufruf der Gewerkschaften gefolgt und machten gestern in Saarbrücken ihrem Unmut über die stockenden Tarifverhandlungen Luft. Es war eine beachtliche Menge, die mit Trillerpfeifen in drei Demonstrationszügen zur Kundgebung am Tbilisser Platz marschierte – das übertraf sogar die Erwartungen der Gewerkschaften. Zum Verkehrschaos führte das aber nicht: „Die meisten Verkehrsteilnehmer haben sich offenbar darauf eingestellt. Es war nicht viel los“, sagte Harald Groß, Einsatzleiter der Polizei.

Ohrenbetäubend laut war der Protest der 5000, die stellvertretend für die rund 30 000 Beschäftigten von Bund und Kommunen im Saarland durch die Straßen zogen. Den Lärm dürften auch die kommunalen Arbeitgeber mitbekommen haben, deren Verbandsbüro auf der anderen Seite der Saar liegt.

Nachdem die Arbeitgeber bei zwei Verhandlungsrunden kein Angebot vorgelegt hatten, läuteten die Gewerkschaft Verdi und der Beamtenbund DBB den Arbeitskampf ein. Tausende legten die Arbeit nieder. In weiten Teilen des Landes ging gar nichts mehr: Der Betrieb stand still – unter anderem in Rathäusern, Landratsämtern, Jobcentern, bei der Müllabfuhr, den Stadtwerken, der Zollverwaltung und der Bundesagentur für Arbeit. In Saarbrücken und Neunkirchen waren laut Verdi-Bezirksgeschäftsführer Thomas Müller sämtliche städtische Kitas geschlossen, auch Krankenhäuser in Sulzbach, Püttlingen, Saarbrücken, Merzig, Völklingen und St. Ingbert wurden bestreikt.

Sechs Prozent mehr Lohn, mindestens aber 200 Euro mehr pro Monat fordern die Gewerkschaften. Das Argument, dass dafür kein Geld da sei, ließ Verdi-Landesleiter Michael Blug nicht gelten. Bund, Länder und Gemeinden haben 2017 einen Rekordüberschuss von 62 Milliarden Euro erzielt. „Wir wollen unseren Anteil!“, rief Blug. „Wir sind es wert!“

Am Tag zuvor hatten die kommunalen Arbeitgeber den Streik scharf kritisiert, er sei unverhältnismäßig und treffe die Falschen: Eltern, die ihre Kinder nicht in die Kitas bringen können, oder Patienten in Krankenhäusern. Den Schuh wollten sich die Gewerkschafter nicht anziehen: „Streiken fällt niemandem leicht“, entgegnete Christel Pohl von der Bildungsgewerkschaft GEW bei der Kundgebung. Immer schwinge das schlechte Gewissen mit, aber die Arbeitgeber ließen den Beschäftigten mit ihrer Blockadehaltung keine andere Wahl.

„Was die Arbeitgeber in Potsdam veranstaltet haben, war eher eine Tarifverschleppung als eine Tarifverhandlung“, schimpfte auch DBB-Landeschef Ewald Linn. Es sei keine Anmaßung, sechs Prozent mehr Lohn zu fordern, wenn die Steuereinnahmen „ungeahnte Höhen erreichen“. Die Mieten stiegen, die Lebenshaltungskosten ebenfalls. „Das Leben wird teurer, die Arbeit wird mehr, aber das Gehalt soll nicht mitwachsen“, sagte Linn. Das könnten sich vor allem Menschen in den unteren Einkommensgruppen nicht leisten.

Für die kommunalen Arbeitgeber ist vor allem der Mindestbetrag von 200 Euro, von dem insbesondere die unteren Entgeltgruppen profitieren würden, ein Knackpunkt. Vor dem Hintergrund der Digitalisierung brauche man IT-Fachkräfte und deshalb attraktivere Gehälter in den höheren Gruppierungen, hatte die Geschäftsführerin des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Saar, Barbara Beckmann-Roh, gesagt. Linn warf den Arbeitgebern deshalb gestern vor, die Einkommensgruppen gegeneinander auszuspielen: „Fachkräfte suchen und brauchen wir auf allen Ebenen!“

Am 15. und 16. April starten die Unterhändler in die nächste Verhandlungsrunde. Wie könnte es weitergehen? Drei Szenarien seien denkbar, sagte Blug: Die Arbeitgeber legten ein akzeptables Angebot vor, es komme zur Schlichtung oder die Arbeitgeber legten gar nichts vor, „dann kann es sein, dass wir uns hier sehr schnell wieder sehen“.

Die Arbeitgeber zeigten sich vorsichtig optimistisch, dass es am Sonntag zu einer Einigung kommen könnte. Die Positionen lägen zwar noch weit auseinander, doch es werde wahrscheinlich ein Angebot auf den Tisch kommen, sagte Beckmann-Roh. „Das liegt allerdings nicht an den bundesweiten Streiks im Laufe dieser Woche, sondern eben daran, dass es sich um die dritte Verhandlungsrunde handelt.“ Es gebe keine „Blockadehaltung“ der Arbeitgeber, die Verhandlungen seien auch nicht „festgefahren“, betonte sie.

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