42 Archivkästen voller spannender Dokumente

Saarbrücken/Dudweiler. Dass die Sparsamkeit eines Menschen, sonst eine lobenswerte Tugend, der Nachwelt das Leben schwer machen kann, mussten jüngst der Literaturwissenschaftler und Archivleiter Sikander Singh und seine Mitarbeiter feststellen

 Auch die alte mechanische Schreibmaschine von Karl Conrath gehört zum Nachlass. Foto: Marc Nauhauser/Literaturarchiv Saar-Lor-Lux-Elsass

Auch die alte mechanische Schreibmaschine von Karl Conrath gehört zum Nachlass. Foto: Marc Nauhauser/Literaturarchiv Saar-Lor-Lux-Elsass

Saarbrücken/Dudweiler. Dass die Sparsamkeit eines Menschen, sonst eine lobenswerte Tugend, der Nachwelt das Leben schwer machen kann, mussten jüngst der Literaturwissenschaftler und Archivleiter Sikander Singh und seine Mitarbeiter feststellen. Ende Januar hat das Literaturarchiv Saar-Lor-Lux-Elsass der Universität des Saarlandes den umfangreichen literarischen und wissenschaftlichen Nachlass von Dr. phil. Karl Conrath (1910 bis 1992) übernommen. Das laut Singh "wie Kraut und Rüben" geordnete Erbe musste erst mal sortiert und "vom Schlimmsten befreit" werden: Der lange als verschollen und unzugänglich geltende Nachlass lagerte in teils uralten Aktenordnern überwiegend im Keller und war entsprechend feucht, verstaubt und wegen oxidierter Heft- und Büroklammern auch angerostet. Außerdem waren viele Blätter des qualitativ minderwertigen Nachkriegs-(Durchschlags-)Papiers nicht nur von Mäusen zerfressen, sondern auch von Säure: Mit Klebstoff hatte der wirtschaftlich haushaltende Conrath etliche Schnipsel zwecks Wiederverwendung zusammengepappt und somit sein eigenes - leider archivierungs-unfreundliches - Recyclingsystem eingeführt.Jetzt ermöglichte das Archiv einen ersten Blick in die bislang von den Erben übernommenen Text- und Tondokumente, Erstausgaben, Zeichnungen, Skizzen und Lebenszeugnisse - ein bis dato 42 Archivkästen umfassender Nachlass, der geeignet ist, die gesamte Geschichte des Saarlandes ab 1945 zu illustrieren. War der in Mettlach geborene Conrath doch ein in der Nachkriegszeit einflussreicher saarländischer Autor, Journalist, Volks- und Heimatkundler und unter anderem auch als Referent und Redenschreiber im saarländischen Kultusministerium tätig. Unter den hier vorsichtig mit Baumwollhandschuhen ausgepackten Exponaten fanden sich etwa Propaganda-Material zur Saar-Abstimmung 1955 und andere Zeitzeugnisse, zig Zeichnungen, unzählige Manuskripte und Conraths alte mechanische Schreibmaschine.

Bekannt geworden ist Conrath vor allem mit moselfränkischen Mundartdichtungen und regional gefärbten (historischen) Anekdoten und Feuilletons (allein rund 500 Musikkritiken sind erhalten) sowie Forschungen zu Kunst und Kultur im Mettlacher Raum. Außerdem verfasste er Hörspiele und Theaterstücke mit regionalem Bezug, ein moselfränkisches Wörterbuch und den einzigen moselfränkischen Roman: Auszüge aus "Dä Konschtebaiass vu Rom", entstanden nach einer wahren Begebenheit, wurden hier von Peter Spelz aus dem Vorstand des "Mundartringes Saar" vorgetragen, während Projekt-Mitarbeiterin Sarah Wegmann Hochdeutsches und Schnurren in Gedichtform beisteuerte. kek

Infos zum Literaturarchiv Saar-Lor-Lux-Elsass im Internet:

literaturarchiv.uni-saarland.de

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