20 Jahre Hilfe gegen den Schmerz

Saarbrücken. Schmerz ist nicht grundsätzlich schlecht. Denn er zeigt, dass etwas im Körper nicht stimmt. "Ohne Schmerz können wir nicht überleben", sagt Dr. Ludwig Distler, der Chefarzt der Schmerzklinik an der Caritasklinik St. Theresia auf dem Rastpfuhl. Die Schmerzklinik feiert an diesem Wochenende ihr 20-jähriges Bestehen

Saarbrücken. Schmerz ist nicht grundsätzlich schlecht. Denn er zeigt, dass etwas im Körper nicht stimmt. "Ohne Schmerz können wir nicht überleben", sagt Dr. Ludwig Distler, der Chefarzt der Schmerzklinik an der Caritasklinik St. Theresia auf dem Rastpfuhl. Die Schmerzklinik feiert an diesem Wochenende ihr 20-jähriges Bestehen. Seit deren Gründung hat sich viel in der Forschung getan. "Als ich hier 1991 angefangen habe, hieß es: Schmerztherapie? Kann man damit überhaupt den ganzen Tag vollkriegen?", erinnert sich Distler. Dabei betreffen chronische Schmerzen schätzungsweise jeden zehnten Deutschen. Es gebe eine hohe Dunkelziffer. Aber immer mehr Menschen erkennen mittlerweile, dass sie chronisch schmerzkrank sind. So sind zum Beispiel häufig wiederkehrende Kopf- und Rückenschmerzen auf dem Vormarsch. Und die dadurch verursachten volkswirtschaftlichen Kosten sind enorm. Mittlerweile sehen Mediziner den Dauerschmerz als ganzheitliches Phänomen."Es ist ein bio-psycho-soziales Sinnes- und Gefühlserlebnis. Das ist wissenschaftlich nachgewiesen. So zeigen Kernspinaufnahmen, dass egal, ob bei körperlichem Schmerz, Trauer oder sozialer Ausgrenzung, dieselben Gehirnareale arbeiten", erklärt Distler. Seine Hoffnung für die Zukunft ist, dass die Schmerztherapie möglichst schnell auch Bestandteil des Medizinstudiums wird.Auf dem Rastpfuhl kämpft ein interdisziplinäres Team gegen den Schmerz. Darunter sind eine Internistin, Neurologin, Allgemeinmedizinerin, Anästhesistin und Ärzte für physikalische Therapie. Zudem findet eine psychologische Schmerztherapie statt. Die Schmerzklinik auf dem Rastpfuhl ist die einzige im Saarland. Stationär werden im Jahr 300, ambulant 1800 neue Patienten behandelt. Die Versorgung umfasst unter anderem Ergotherapie, Physiotherapie, einen psychologischen Schmerztherapeuten, Sozialdienst und Seelsorger. Das Personal ist auch in Sachen Onkologie (Krebstherapie), Palliativmedizin und Hospiz (Sterbebegleitung) spezialisiert.Mehr als nur Medikamente"Wichtig ist, dass bei aller Therapie der Schmerz als Alarmsignal erhalten bleibt", sagt Distler. Ihm geht es um die Lebensqualität der Betroffenen. Die Therapie besteht aus viel mehr als nur aus Medikamenten. Und sie muss auch vom Patienten, wenn der aus dem Krankenhaus entlassen ist, eigenverantwortlich übernommen werden können. Der Chefarzt weiß: "Die dollste Therapie nutzt nichts, wenn es zu Hause nicht klappt." Früher galt derjenige als schmerzkrank, der trotz ärztlicher Behandlung länger als ein halbes Jahr Schmerzen hat. Heute sind es nur vier Wochen. "Das, was wir in der Schmerztherapie brauchen, ist Zeit", benennt Distler den Knackpunkt und weiß zugleich: "Zeit ist aber auch das, was wir im Gesundheitssystem am wenigsten haben." Eines sollte man jedenfalls nicht tun: den Schmerz ignorieren. Das kann der Mensch nämlich gut perfektionieren, weiß Distler. Denn, auch wenn der biologische Sinn des Schmerzes noch so sinnvoll sein mag, die Betroffenen könnten gut auf ihn verzichten.

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