15 Bürgerarbeiter sind im Einsatz

Kreis Neunkirchen. Jan-Hendrik Schneider spielt mit einem älteren Mann im Rollstuhl Mensch-ärgere-dich-nicht oder auch Schach, Yvonne Pfeiffer ist an der Seite einer leicht dementen Frau, wenn sie ihre Wohnung verlässt und bringt sie unter anderem dazu, ihre Angst vorm Aufzug-Fahren zu überwinden. Zwei Beispiele für das Projekt "Gemeinsam geht's besser"

Kreis Neunkirchen. Jan-Hendrik Schneider spielt mit einem älteren Mann im Rollstuhl Mensch-ärgere-dich-nicht oder auch Schach, Yvonne Pfeiffer ist an der Seite einer leicht dementen Frau, wenn sie ihre Wohnung verlässt und bringt sie unter anderem dazu, ihre Angst vorm Aufzug-Fahren zu überwinden. Zwei Beispiele für das Projekt "Gemeinsam geht's besser". Mit diesem Modellvorhaben will die gemeinnützige AQA GmbH Menschen, denen die Vereinsamung droht, am gesellschaftlichen Leben teilhaben lassen. Und sie vielleicht in ein "kleines soziales Umfeld" zurückzuführen, wie es AQA-Geschäftsführer Anton Jacob ausdrückte.Jacob machte gestern erneut auf das Projekt aufmerksam, gemeinsam mit Landrätin Cornelia Hoffmann-Bethscheider, die den kooperierenden Landkreis Neunkirchen repräsentierte, und Katja Sauerbrey, Geschäftsführerin des Job-Centers Neunkirchen, das kraft Amtes die vom Bund aufgelegte Bürgerarbeit umsetzt. Von 15 "Bürgerarbeitern", die sich durchweg freiwillig für das Betreuungsprojekt gemeldet haben, berichteten neben Jan-Hendrik Schneider und Yvonne Pfeiffer auch Daniela Wilhelm, Lashmi Chumate und Jutta Guth von ihren bisherigen Erfahrungen, unterstützt von der sozialpädagogischen Leiterin Melanie Seiler und Maria Ernst, die als Hauswirtschaftsmeisterin und Familienpflegerin fachliche Anleitung gibt.

Seit zwei Monaten läuft nun das Projekt "Gemeinsam geht's besser", kostenlos für jene, die es in Anspruch nehmen. Doch es scheint nicht ganz leicht, an die Zielpersonen, die mehr oder weniger in soziale Isolation abgeglitten sind, heranzukommen. "Leute, die in Vereinsamung leben, sind am Anfang sehr scheu", diese Erfahrung hat Jan-Hendrik Schneider gemacht. Gerade für sie ist aber diese Initiative gedacht, daneben auch als Entlastung für Angehörige, die sich um sie kümmern und einmal Auszeit nehmen wollen.

Berührungsängste sind fehl am Platz, denn das Angebot sei eine "absolut seriöse Sache", betont AQA-Chef Jacob. Die zehn Frauen und fünf Männer, die sich für diese Art von Bürgerarbeit entschieden haben, seien für die Aufgabe absolut geeignet. "Wir haben uns ihren Lebenslauf genau angeschaut und ein polizeiliches Führungszeugnis angefordert", so Jacob. Es sei nun die Möglichkeit gegeben, ein Vertrauensverhältnis zwischen Betreuer und dem zu Betreuenden aufzubauen. "Die Teilnehmer sind auch bereit, mal abends mit ins Kino oder Theater zu gehen oder am Wochenende eine kleine Geburtstagsfeier zu organisieren."

Wobei die AQA-Mitarbeiter im wahrsten Sinne des Wortes Gesellschafter sein wollen und keine "Professionellen" wie Pflegedienste oder Essens-Zulieferer ersetzen dürfen und können (Siehe auch "Hintergrund"). "Es geht um ergänzende Dinge, wir füllen hier eine Lücke mit einem zusätzlichen Angebot", so die Devise der Landrätin, die von einem "tollen Ansatz" spricht. Man müsse der Vereinsamung alter Menschen gegensteuern: "Der Fernseher gibt keine Antwort!"

"Es ist eine gute Sache, gemeinnützige Arbeit per Arbeitsvertrag anzubieten", sagt Katja Sauerbrey vom Job-Center. Die "Bürgerarbeiter", die einen Vertrag über sozialversicherungspflichtige Arbeit über 30 Stunden in der Woche haben, würden ein Stück weit von Hartz IV wegkommen. Derzeit seien bereits etwa 100 von 250 Bürgerarbeitsplätzen im Kreis Neunkirchen, die der Bund fördert, besetzt, davon seien 45 bei der AQA angesiedelt. Der Bund zahlt zwar die Lohnkosten - im Fall des Projektes "Gemeinsam geht's besser" rund 800 000 Euro in drei Jahren - doch weil darüber hinaus Kosten entstünden, sei man froh das Land und den Kreis als "Ko-Finanzierer" mit im Boot zu haben.

Wer Interesse daran hat, das zusätzliche Betreuungsangebot der AQA ins Anspruch zunehmen, kann Kontakt aufnehmen unter Telefon (06821) 8 69 18 20.

"Dieses Projekt macht eine menschlichere Gesellschaft aus."

Landrätin Cornelia Hoffmann-Bethscheider

"Ich war angenehm über-

rascht, dass auch fünf Männer mitmachen."

AQA-Geschäfstführer Anton Jacob

Hintergrund

Im Mittelpunkt des Projekts "Gemeinsam geht's besser" steht die Begleitung von allein lebenden Menschen mit dem Wunsch nach Gesellschaft und sozialen Kontakten, ohne den Verzicht auf die gewohnte häusliche Umgebung. Die zur Verfügung stehenden Betreuer sind Begleiter im Alltag und Gesprächspartner, erledigen mit der betreuten Person kleinere Einkäufe und gehen mit ihr spazieren. Mögliche Tätigkeitsfelder sind die Begleitung zum Arzt, zu Behörden, zum Friseur usw.; gemeinsam spielen und fernsehen, gemeinsam Freizeitangebote wahrnehmen (wie Besuch im Kino, Theater, Museum, Zoo, bei Sportveranstaltungen); miteinander kochen und backen; vorlesen, basteln, spazieren gehen, Begleitung zum Friedhof; Vorbereitung und Hilfe bei Festen, Unterstützung bei Hobbies.

Nicht übernommen werden generell Arbeiten, die von gewerblichen Unternehmen angeboten werden wie Pflegedienst, Reinigungstätigkeiten, Essenszubereitungen, Gartenarbeiten, Körperpflege oder ähnliche Tätigkeiten.

Auf einen Blick

Die gemeinnützige AQA (= Arbeit, Qualifizierung, Ausbildung) wurde 1995 zunächst unter dem Namen "Verein für Arbeit statt Sozialhilfe" gegründet. Die AQA versucht, Langzeitarbeitslose für den ersten Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Arbeitsgelegenheiten bietet die AQA auch in der Regel nicht mehr vermittelbare sozial benachteiligte und erwerbsgeminderte Personen, die vom Landkreis Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch XII erhalten.

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