Saarland will Busfahrer nach Tarif bezahlen

Saarbrücken. Das Saarland soll in Kürze ein Tariftreuegesetz für den öffentlichen Nahverkehr erhalten. Ministerpräsident Peter Müller kündigte gestern mit Arbeitsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (beide CDU) an, dass die Fraktionen von CDU, FDP und den Grünen Mitte Mai einen Entwurf des im Koalitionsvertrag vereinbarten Gesetzes in den Landtag einbringen werden

Saarbrücken. Das Saarland soll in Kürze ein Tariftreuegesetz für den öffentlichen Nahverkehr erhalten. Ministerpräsident Peter Müller kündigte gestern mit Arbeitsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (beide CDU) an, dass die Fraktionen von CDU, FDP und den Grünen Mitte Mai einen Entwurf des im Koalitionsvertrag vereinbarten Gesetzes in den Landtag einbringen werden. Ursprünglich hatte die Regierung geplant, sich mit Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg auf ein Tariftreuegesetz zu einigen. Müller sagte, dass er dazu kurzfristig keine Möglichkeit gesehen habe. Das neue Gesetz soll bei öffentlichen Aufträgen an Busunternehmen, die Einhaltung eines Tarifvertrages sicherstellen. Eine Ausweitung auf andere Bereiche sei wegen europarechtlicher Bedenken nicht möglich. Der Europäische Gerichtshof hatte 2008 das bis dahin bestehende saarländische Tariftreuegesetz gekippt. Die neue Regelung könnte womöglich noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. Der Landesleiter der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Alfred Staudt, nannte das geplante Gesetz gestern "einen Schritt in die richtige Richtung". Staudt sieht alle 80 bis 90 Busunternehmen im Land von dem Vorhaben betroffen. Wieviele Beschäftigte von dem Gesetzesvorhaben profitieren werden, konnte weder die Gewerkschaft noch das Arbeitsministerium sagen. Staudt erklärte, dass es derzeit keine private Bahnlinie gebe, die unter die Regelung fallen würde.Wer sich künftig um öffentliche Aufträge bewirbt, muss laut Entwurf erklären, einen gültigen Tarifabschluss einzuhalten, so die Ministerin. Die Regierung wolle aber vor dem Hintergrund mehrerer Abschlüsse im Transportgewerbe nicht in die Tarifautonomie der Gewerkschaften und Unternehmen eingreifen. Deshalb sei kein bestimmter Tarifvertrag als Voraussetzung genannt worden, um öffentliche Aufträge zu erhalten. Verdi-Chef Staudt erklärte, dafür werben zu wollen, dass der Tarifvertrag Geltung erlange, der regional für die meisten Beschäftigten gelte. Kramp-Karrenbauer kündigte weiter Kontrollen an. Bei Vergehen drohten Vertragsstrafen und ein Ausschluss aus Bieterverfahren für bis zu drei Jahre. Die Linke kritisierte unterdessen das angekündigte Gesetz. "Es genügt nicht, nur Unternehmen im öffentlichen Nahverkehr zu verpflichten, tariflichen Lohn zu bezahlen", monierte Wirtschaftsexperte Heinz Bierbaum. Vielmehr müssten bei allen öffentlichen Aufträgen durch Land oder Kommunen Tariflöhne gezahlt werden. Im Januar hatten SPD und Linke ein umfassendes Tariftreuegesetz eingebracht, das abgelehnt worden war. Meinung

Bei weitem zu kurz gesprungen

Von SZ-RedakteurNorbert Freund Das von der Landesregierung nun geplante Tariftreue-Gesetz ist besser als der Status Quo, doch schöpft es die vorhandenen rechtlichen Spielräume bei weitem nicht aus. Die Jamaika-Koalition sollte sich lieber am rot-grünen Bremer Senat orientieren, der ein viel weitergehendes, weil nicht auf den ÖPNV beschränktes Gesetz verabschiedet hat. In Bremen wird die Vergabe öffentlicher Aufträge nicht nur - branchenübergreifend - an die Bedingung geknüpft, dass allgemeinverbindliche Mindestlöhne eingehalten werden, sondern auch daran, dass in all jenen Branchen, in denen es einen solchen Mindestlohn nicht gibt, im Grundsatz ein vergabespezifischer Mindeststundenlohn von 7,50 Euro eingehalten wird. Wenig überzeugend ist auch der Plan der Saar-Regierung, irgendeinen Tarifvertrag im ÖPNV zum Maßstab zu machen und nicht - wie es naheliegend wäre - einen repräsentativen Tarifvertrag mit einer tariffähigen Gewerkschaft.

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