Saarland verzichtet auf Steuern

Saarbrücken. Die Prüfer des Landesrechnungshofes sehen beim Saar-Fiskus teilweise akuten Handlungsbedarf. Bei der Vorstellung ihres Jahresberichtes gestern im Landtag wiesen Präsident Manfred Plaetrich und die Direktoren Klaus Schmitt, Karl Albert und Manfred Jacobs unter anderem auf ein "großes Steuerausfallrisiko" im Bereich der Erbschafts- und Schenkungssteuer hin

Saarbrücken. Die Prüfer des Landesrechnungshofes sehen beim Saar-Fiskus teilweise akuten Handlungsbedarf. Bei der Vorstellung ihres Jahresberichtes gestern im Landtag wiesen Präsident Manfred Plaetrich und die Direktoren Klaus Schmitt, Karl Albert und Manfred Jacobs unter anderem auf ein "großes Steuerausfallrisiko" im Bereich der Erbschafts- und Schenkungssteuer hin. So sei nach dem derzeitigen Organisationsablauf nicht sichergestellt, dass das Finanzamt überhaupt die erforderlichen Informationen über den kompletten Nachlass eines Verstorbenen bekomme. Dies gelte insbesondere für die Fälle, in denen Grundbesitz, Betriebsvermögen oder Kunstwerke hinterlassen werden. Bei der Erbschaftssteuer handelt es sich um eine Landessteuer. 2008 betrug das Aufkommen rund 41 Millionen Euro. Auf offenbar gravierende organisatorische Defizite weisen die Prüfer bei der Besteuerung von ausländischen Einkünften hin. Ein Großteil der bei zwei Finanzämtern überprüften Fällen sei von nicht entsprechend qualifizierten Steuerbeamten bearbeitet worden. Fazit des Rechnungshofes: "Es wurden nicht unerhebliche Steuerausfälle in Kauf genommen."

Auf eher seltsame Geschäftsmethoden stießen die Prüfer beim Leibniz-Institut für Neue Materialien, das zu 51 Prozent der Universität und zu 49 Prozent dem Saarland gehört. So entdeckten die Kontrolleure, dass in den Jahren 2000 bis 2007 28 Mitarbeiter des Institutes insgesamt 20 435 Arbeitsstunden als genehmigte Nebentätigkeit für ein ausgegründetes Unternehmen leisteten. Im jetzt vorgelegten Prüfbericht heißt es dazu wörtlich: "Vielfach wurden Haupt- und Nebentätigkeit am selben Arbeitsplatz verrichtet." Drei ehemals leitende Mitarbeiter des Institutes, die gleichzeitig Gesellschafter des ausgegründeten Betriebes waren, wurden zudem bereits vor ihrem Ausscheiden drei Monate bei Fortzahlung der Bezüge freigestellt. Einer aus diesem Trio erhielt zudem noch eine Abfindung von 62 000 Euro. Die Prüfer beanstanden dies auch deshalb als "problematisch", weil der damalige Geschäftsführende Direktor des Institutes seit 2006 Vorstand der ausgegründeten Firma "und damit Nutznießer der umfänglichen Unterstützungsleistungen war".

Ein "strategisches Lösungskonzept" reklamiert der Rechnungshof von der Landesregierung für die Berufsschulen. Zwischen fünf und sechs Prozent des Unterrichts (1792 Wochenstunden) seien dort in drei überprüften Schuljahren wegen Lehrermangels ausgefallen.

Mit Blick auf den Landesetat plädierte Plaetrich für eine Effizienzkontrolle der Subventionen zur Wirtschaftsförderung. Zudem forderte er eine "grundlegende Überprüfung" der Krankenhauslandschaft.

Meinung

Vornehme Zurückhaltung

Von SZ-Redakteur

Michael Jungmann

Im Vergleich zu früheren Jahren und dem knallharten Votum im Sonderbericht "Gondwana" kommt der sonst so kritische Landesrechnungshof in seinem aktuellen Jahresbericht erstaunlich zahm, fast brav daher. Über den Hintergrund der vornehmen Zurückhaltung darf spekuliert werden. Spielen etwa Überlegungen in der Politik eine Rolle, im Rahmen der Sparbemühungen den unbeliebten Rechnungshof des Landes mit dem in Rheinland-Pfalz zu fusionieren? Erstaunlich ist auch im Einzelfall die Wortwahl der Prüfer, so wird beispielsweise der berechtigte Ruf nach einer einzigen Personalabteilung für die Landesverwaltung nicht als Forderung, sondern dezent als Anregung verkauft.

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