Kinder- und Jugenpsychiatrie Verdacht auf Missbrauch an Homburger Uni-Klinik

Saarbrücken/Homburg · Ein früherer Arzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie soll junge Patienten missbraucht haben.

Erst mit jahrelanger Verspätung hat das Universitätsklinikum Homburg gestern im Rahmen einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz darüber informiert, dass möglicherweise junge Patienten der Kinder- und Jugendpsychiatrie von einem Assistenzarzt missbraucht wurden. Darüber hatte zuvor unsere Zeitung bereits online berichtet. Die Vorfälle ereigneten sich zwischen 2010 und 2014. Der Arzt war auch Jugendtrainer eines Judo-Vereins in Homburg-Erbach. Nach Angaben des ärztlichen Direktors Professor Wolfgang Reith behandelte der Mediziner mehr als 300 Patienten in einer Spezialambulanz. Der Arzt soll medizinisch nicht notwendige Untersuchungen, vorwiegend im Genitalbereich, gemacht und als Routinemaßnahmen dargestellt haben.

Die Klinik erstattete Ende 2014 Strafanzeige und trennte sich von dem Arzt, der 2016 starb. Die Staatsanwaltschaft musste daraufhin ihre Ermittlungen einstellen. Sie hatte die Akten von 34 Patienten beschlagnahmt. Die Uniklinik hat diese Patienten nun schriftlich informiert. 22 wurden bislang telefonisch erreicht. Die Rechtsaufsicht beim Wissenschaftsministerium in der Staatskanzlei wurde erst im April 2019 eingeschaltet. Sie drängt auf lückenlose Aufklärung. „Wir wollen uns der Verantwortung stellen“, betonte Reith. Ziel sei jetzt „größtmögliche Transparenz“ und eine „Aufklärung ohne Wenn und Aber“.

Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) reagierte erschüttert: „So etwas darf nie wieder passieren.“ Gerade Kinder und Jugendliche und ihre Eltern müssten sich darauf verlassen können, dass ihr Vertrauen nicht durch Behandler „schändlich ausgenutzt wird“. Schockiert reagierten Sprecher der Landtagsfraktionen. Stefan Pauluhn (SPD) sprach von einem Fall „besonderer Qualität“, weil Schutzbefohlene an der Klinik nicht vor Übergriffen gefeit waren. Hermann Scharf (CDU) bezeichnete den Fall als „beschämend für das Uniklinikum“. Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine fordert Klarheit, wer verantwortlich ist, dass vier Jahre lang Eltern nicht informiert wurden.

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