Christliche Assyrer sagen aus Saar-Staatsanwälte prüfen Verdacht gegen IS-Geiselnehmer in Syrien

Saarbrücken · Derzeit werden im Saarland assyrische Christen im Auftrag der Staatsanwaltschaft Saarbrücken als Zeugen für mutmaßliche Verbrechen von IS-Terroristen in Syrien vernommen. Nach einem SZ-Bericht sei unter dem Aktenzeichen 304 AR 6/19 ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet und die Befragung des Hinweisgebers angeordnet worden, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Mario Krah, auf SZ-Anfrage.

  Charli Kanoun, Chef der assyrischen Christen an der Saar   Foto: R. Ruppenthal

Charli Kanoun, Chef der assyrischen Christen an der Saar Foto: R. Ruppenthal

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Man wolle nach der Befragung des Hinweisgebers prüfen, ob sich aus seinen Angaben der Anfangsverdacht strafbaren Verhaltens ergebe, sagte Krah.

Bei dem „Hinweisgeber“ handelt es sich um den Chef des Assyrischen Kulturvereins in Saarlouis, Charli Kanoun. Dieser hatte der SZ mitgeteilt, dass  21 Mitglieder seines Kulturvereins bereit seien, gegen IS-Terroristen in Syrien auszusagen. Diese aussagewilligen Assyrer, die auf urchristliche Gemeinden im Nahen Osten zurückgehen und teilweise noch Aramäisch, die Sprache Jesus, sprechen, waren 2015 bei Angriffen von IS-Einheiten auf ihre Dörfer am Charbour-Fluss im Nordwesten Syriens zusammen mit 229 weiteren Christen vom Islamischen Staat als Geiseln genommen worden. Es geht also um den mutmaßlichen Straftatbestand der Verbrechen gegen die Menschheit. Nach Angaben Kanouns waren die 21 Geiseln im Rahmen einer humanitären Aktion der saarländischen Landesregierung ins Saarland gekommen. Zuvor hatte demnach der assyrische Bischof von Al-Hasseke in Nord-Syrien die Geiseln für 50 000 Dollar pro Mensch freikaufen können. Die auf der ganzen Welt verstreuten assyrischen Christen hatten die Riesensumme durch Spenden zusammengetragen.

Kanoun erklärte der SZ, dass er bereits von Saar-Ermittlern befragt worden sei und noch weitere Befragungstermine anstünden. Über die Inhalte der Gespräche mit den Ermittlern sei jedoch Stillschweigen vereinbart worden. Auch die ehemaligen IS-Geiseln im Saarland sollen nach Angaben Kanouns noch befragt werden.

Doch die Zeit dränge, erklärte Kanoun: denn einige der mutmaßlichen IS-Geiselnehmer, die im Zuge des Syrienkriegs von kurdischen Kämpfern der YPG gefangen genommen worden waren, sollen sich bereits wieder auf freiem Fuß befinden. Kanoun berichtete, seine Quellen in Syrien hätten ihm glaubhaft versichert, dass die kurdischen YPG-Einheiten gefangene mutmaßliche IS-Terroristen gegen die Zahlung von Lösegeld an sunnitische Beduinen-Verbände in Syrien übergeben hätten. Dadurch würde ein Zugriff auf diese Terror-Verdächtigen für die deutsche Justiz unmöglich werden.

Solange jedoch die IS-Leute  von den Kurden festgehalten würden, gebe es die Chance des Zugriffs auch für die deutsche Justiz.  Bundespolizeichef Dieter Romann hatte 2018 den der Tötung der 14-jährigen Mainzerin Susanna verdächtigen Kurden Ali B., der in den Irak geflohen und dort von kurdischen Sicherheitskräften festgesetzt worden war, nach Deutschland zurückbegleitet. Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit Deutschland ist bei den Kurden also vorhanden.

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