Hilferufe aus den Saar-Kliniken Gehen im Winter die Lichter aus? „Unsere Krankenhäuser werden zu kranken Häusern“

Saarbrücken · „Ohne Hilfe werden im Winter in vielen Krankenhäusern die Lichter ausgehen“: Die saarländischen Krankenhäuser stecken in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und schlagen Alarm. Wie Minister Jung reagiert.

 Vor den Sonnenberg-Kliniken in Saarbrücken versammelten sich am Donnerstag Beschäftigte und Vertreter der saarländischen Krankenhäuser, um von der Politik Hilfe einzufordern. Viele Kliniken stecken in wirtschaftlicher Not.

Vor den Sonnenberg-Kliniken in Saarbrücken versammelten sich am Donnerstag Beschäftigte und Vertreter der saarländischen Krankenhäuser, um von der Politik Hilfe einzufordern. Viele Kliniken stecken in wirtschaftlicher Not.

Foto: SKG

„Unsere Krankenhäuser drohen angesichts der Kostenexplosion durch die hohe Inflation und stark gestiegenen Energiepreise zu kranken Häusern zu werden“, sagte Dr. Thomas Jakobs, der Geschäftsführer der Saarländischen Krankenhausgesellschaft (SKG) am Donnerstag auf einer Pressekonferenz. Die Veranstaltung war plakativ mit „Alarmstufe Rot: Krankenhäuser in Gefahr“ angekündigt worden. Jakobs erklärte, die 22 Krankenhäuser im Saarland seien mit zusammen 22 000 Beschäftigten und einer Milliarde Euro Erlöse pro Jahr ein wichtiger Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor. Jetzt jedoch bestehe die Gefahr, dass viele in die roten Zahlen rutschten bis hin zu Insolvenzen.

„Die Vergütungen der Krankenkassen, die den Betrieb der Krankenhäuser finanzieren, sind vom Gesetzgeber so streng reglementiert und limitiert, dass die Kliniken keine Möglichkeiten haben, die Preissteigerungen in Rechnung zu stellen“, erklärte Jakobs. „Angesichts der dramatischen Lage fordern wir die Landes- und Bundesregierungen auf, umgehend zu handeln und einen Inflationsausgleich einzuführen.“

Dr. Christian Braun, der Vorsitzende der SKG sowie Geschäftsführer und Ärztliche Direktor des Winterberg-Klinikums in Saarbrücken, sagte zur wirtschaftlichen Situation der Krankenhäuser: „Das Korsett, das den Krankenhäusern angelegt wurde, wird immer enger geschnürt. Dadurch kommt es erst zum Hecheln, dann zur Schnappatmung. Davon sind wir nicht mehr weit entfernt.“

 Über die schwierige wirtschaftliche Situation der saarländischen Krankenhäuser informierten (von links) Manfred Klein, stellvertretender Vorsitzender der Saarländischen Krankenhausgesellschaft (SKG), Dr.  Thomas Jakobs, Geschäftsführer der SKG, Dr. Christian Braun, Vorsitzender der SKG, und Bernd Mege, Geschäftsführer der SHG-Kliniken.

Über die schwierige wirtschaftliche Situation der saarländischen Krankenhäuser informierten (von links) Manfred Klein, stellvertretender Vorsitzender der Saarländischen Krankenhausgesellschaft (SKG), Dr. Thomas Jakobs, Geschäftsführer der SKG, Dr. Christian Braun, Vorsitzender der SKG, und Bernd Mege, Geschäftsführer der SHG-Kliniken.

Foto: SKG

Lücken in der Versorgung im Saarland drohen spürbar zu werden

Braun verwies darauf, dass die Kliniken bereits durch die Pandemie wirtschaftlich stark gebeutelt worden seien, aber dennoch ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt hätten. Jetzt jedoch habe er den Eindruck, dass die Politik den Kliniken zu wenig Wertschätzung entgegenbringe. Braun brachte auch den anhaltenden Personalmangel zur Sprache. „Wenn nicht umgehend politisch gehandelt wird, werden die Lücken in der Versorgung im Herbst und im kommenden Jahr für die Menschen auch hier bei uns im Saarland spürbar werden. Ich habe noch die Hoffnung, dass wir gehört werden. Ohne Hilfe werden im Winter in vielen Krankenhäusern die Lichter ausgehen.“

Bernd Mege, der Geschäftsführer der SHG-Kliniken im Saarland (Völklingen, Saarbrücken, Merzig), nannte für seine Krankenhausgruppe konkrete Zahlen: „Allein die SHG hat in diesem Jahr 6,5 Millionen Euro zusätzliche Energiekosten. Das in den Kliniken benötigte Verbrauchsmaterial ist bis zu zehn Prozent teurer geworden. Da kommen Riesensummen zusammen. Die Kliniken haben auch bei ihren Neu- und Umbauten große Probleme, die angestrebten Fertigstellungstermine einzuhalten. Wir sind auf einen sofortigen Inflationsausgleich angewiesen.“ Mege betonte, die Pandemie sei noch nicht vorbei. „Doch die Coronahilfen des Bundes sind ausgelaufen. Sie müssten aber verlängert werden.“

Minister Magnus Jung reagiert auf Forderungen

Manfred Klein, stellvertretender Vorsitzender der SKG und Geschäftsführender Direktor des Sankt-Nikolaus-Hospitals in Wallerfangen, betonte ebenfalls, die Personalnot in den Kliniken sei nicht gelöst. „Wir können freie Stellen kaum besetzen, und altersbedingt scheiden bei uns 20 Prozent des Personals in den kommenden Monaten aus. Auch um neue Pflegekräfte angemessen bezahlen zu können, brauchen wir eine auskömmliche Finanzierung durch die Krankenkassen“. Derzeit sehe er jedoch nirgendwo einen Rettungsanker. „Ich kann nicht erkennen, dass uns die Politik zu Hilfe kommt.“

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Foto: Ruppenthal

Jakobs sieht auch den saarländischen Gesundheitsminister Magnus Jung (SPD) in der Pflicht. „Wir erwarten, dass auch Minister Jung im Interesse der Patientinnen und Patienten hier bei uns im Saarland gegenüber dem Bundesminister Lauterbach die Verantwortung zum Handeln deutlich macht“, betonte Jakobs. „Die Krankenhäuser dürfen mit den massiv gestiegenen Kosten nicht allein gelassen werden. Die Häuser sind gezwungen, mehr auszugeben als sie einnehmen. Das Letzte, was wir jetzt von Corona-Herbst und -Winter brauchen, sind weitere wirtschaftlich bedingte Abteilungs- und Krankenhausschließungen.“

Magnus Jung hat zu den Appellen der SKG Stellung genommen: „Ich nehme diese Anliegen sehr ernst und habe mich bereits vergangene Woche bei einem Treffen mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in Berlin für die Unterstützung seitens des Bundes eingesetzt. In einem ersten Schritt hat der Bund bereits einen Zuschuss zu den enorm gestiegenen Energiekosten signalisiert.“ Weiterhin sollten bei einem Treffen mit allen Krankenhausträgern und den Kassen noch in diesem Monat Ansätze für eine bessere Liquidität besprochen werden. „Wir lassen in diesem Winter niemanden alleine, auch die Krankenhäuser nicht“, sagte Jung.

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