Übernimmt Land kommunale Kassenkredite? „Saarland-Kasse“ soll Kommunen entlasten

Saarbrücken · Der Vorstoß des Regierungschefs zur Teilentschuldung stößt auf Zustimmung bei den Fraktionen. Manchen geht er nicht weit genug.

 Mit Kleingeld ist den saarländischen Kommunen nicht geholfen. Die Kassenkredite betragen inzwischen mehr als zwei Milliarden Euro. Am drängendsten ist das Problem in der Landeshauptstadt Saarbrücken.

Mit Kleingeld ist den saarländischen Kommunen nicht geholfen. Die Kassenkredite betragen inzwischen mehr als zwei Milliarden Euro. Am drängendsten ist das Problem in der Landeshauptstadt Saarbrücken.

Foto: dpa/Jens Büttner

Der Vorstoß von Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) für eine teilweise Entschuldung der saarländischen Städte und Gemeinden ist bei den Fraktionen im Landtag überwiegend auf Zustimmung gestoßen. Hans will prüfen lassen, ob es möglich ist, die Kommunen von ihren Kassenkrediten zu befreien (wir berichteten). Diese werden bis 2020 auf 2,2 Milliarden Euro anwachsen. Sie könnten in einen Fonds überführt werden, der dann mit langfristig günstigem Zinssatz unter Beteiligung des Landes getilgt wird. Im Gegenzug erwartet Hans von den Kommunen mehr Zusammenarbeit und den Verzicht auf neue Kassenkredite.

Die CDU-Fraktion im Landtag begrüßte die Initiative als „riesigen Schritt in die richtige Richtung“. Fraktionschef Alexander Funk sagte, die Kassenkredite seien ein enormes Risiko: „Was passiert, wenn in drei, vier Jahren die Zinswende eingeleitet wird und die Zinsen steigen? Dann haben die Kommunen überhaupt keinen finanziellen Spielraum mehr. Insofern ist jetzt der richtige Zeitpunkt, hier eine Saarland-Kasse einzurichten und über die nächsten Jahrzehnte diese Kassenkredite zurückzuzahlen.“ Auch die Kommunen müssten sich daran beteiligen. Funk mahnte jedoch, die Kommunen ohne Kassenkredite dürften nicht vergessen werden. „Hier muss ein Zeichen gesetzt werden, dass das Land auch ihnen hilft“, forderte Funk. Er räumte ein, dass die Übernahme der Kassenkredite alleine die Finanzprobleme der Kommunen nicht lösen werde. Er setze auf die Bundesregierung, die im Koalitionsvertrag festgeschrieben habe, für gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland zu sorgen. Die „Saarland-Kasse“ müsse so flexibel sein, dass bei einem überraschenden Geldsegen aus Berlin die Kredite vorzeitig getilgt werden könnten. Die Kommunen seien nach wie vor gefordert, selbst zu sparen und untereinander zusammenzuarbeiten.

Vom Grundsatz her positiv äußerte sich der Koalitionspartner SPD. Seit Jahren fordere man die Entlastung der Kommunen. „Es ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Elke Eder-Hippler, die von Hans’ Vorstoß aus der Saarbrücker Zeitung erfuhr. „Ob der Weg, nur die Kassenkredite zu beseitigen, der Königsweg ist (...), da hätte ich jetzt ein bisschen Bauchweh.“ Schließlich blieben noch die Schulden für die Investitionen der Kommunen. Kassenkredite seien ein drängendes Problem vieler, aber nicht aller Kommunen. „Wir müssen uns die Situation vor Ort sehr genau anschauen, wie wir nachhaltig helfen können. Denn es nutzt auch nichts, jetzt die Kassenkredite abzuräumen und in fünf Jahren stehen alle wieder am gleichen Punkt“, sagte sie. Entscheidend werde sein, wie der Fonds ausgestaltet werde: „Wo kommt das Geld her? Wer bringt welchen Anteil auf?“, fragte sie. Hier warte sie auf eine konkretere Ausgestaltung.

„Wir haben erhebliche Bedenken, ob das die richtige Strategie ist“, kommentierte der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jochen Flackus, den Vorstoß. Es sei fragwürdig, wenn das Land einspringe, wo der Bund in der Pflicht sei. Acht Bundesländer hätten bereits Entschuldungsprogramme. „Wenn alle Länder versuchen, ihre Kommunen aus eigener Kraft zu entschulden, wird der Bund kaum eine Notwendigkeit erkennen, selbst Verantwortung zu übernehmen“, sagte er. Für die Sanierung des Landeshaushalts habe das Land in den letzten Jahren über 650 Millionen Euro von den Kommunen genommen. Die Folge sei eine heruntergekommene kommunale Infrastruktur.

Die AfD-Fraktion bezeichnete die Idee als „ordentlichen Vorschlag“. Fraktionschef Josef Dörr befürchtet jedoch, dass als Gegenleistung die Rechte der Kommunen beschnitten werden: „Es wird in die Hoheit der Gemeinden eingegriffen. Das ist kein guter Weg.“ Die Entschuldung müsse gerecht sein. Die Kommunen, die keine oder nur niedrige Kassenkredite aufgenommen hätten, dürften nicht leer ausgehen.

Die Grünen bemängelten, der Vorschlag greife zu kurz, um den Handlungsspielraum der Kommunen zu erhöhen. An einem Altschuldenfonds führe kein Weg vorbei. Grünen-Landeschef Markus Tressel warnte davor, die Finanzautonomie der Kommunen durch restriktive Gegenleistungen zu beschneiden.

Der Saarländische Städte- und Gemeindetag forderte, den Anteil der Kommunen bei einer möglichen „Saarland-Kasse“ so gering wie möglich zu halten. Das Modell der „Hessen-Kasse“, das Hans als Vorbild genannt hatte, sei im Saarland nur schwer umsetzbar. Diese Kasse werde zu rund 70 Prozent aus kommunalen Mitteln finanziert, denn neben dem Eigenanteil der Kommunen von einem Drittel verwende das Land Hessen auch Gelder, die sowieso den Kommunen zustehen: Anteile aus dem kommunalen Finanzausgleich und Gelder des Bundes zur Entlastung der Kommunen.

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