Staatliche Kontrolle Saarland kämpft gegen Ausbeutung und Sozialdumping

Saarbrücken · Wanderarbeiter und ehrliche Arbeitgeber gleichermaßen schützen: Das ist Ziel einer neuen Beratungsstelle. Zwei Frauen arbeiten ab sofort bei der Arbeitskammer.

 Damit sich ein Skandal wie beim Bau des Ferienparks am Bostalsee nicht wiederholt: Berater sollen aufklären. (Symbolbild)

Damit sich ein Skandal wie beim Bau des Ferienparks am Bostalsee nicht wiederholt: Berater sollen aufklären. (Symbolbild)

Foto: dpa/dpaweb/A3399 Arne Dedert

Fünf Jahre nach dem Betrugsskandal auf der damaligen Großbaustelle zum Bau eines Ferienparks am Bostalsee haben Wanderarbeiter zwei staatliche Ansprechpartnerinnen. Ekaterina Yacheva (34) aus Bulgarien und ihre rumänische Kollegin Madalina-Cristina Berchi (25) arbeiten ab sofort bei der Arbeitskammer des Saarlandes. Die Landesregierung lässt sich diese Anlaufstelle nach Angaben von Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) 180 000 Euro im Jahr kosten. Wie die Politikerin am Mittwoch während der Landespressekonferenz sagte, sollen die Mitarbeiterin dabei unterstützen, „gegen Sozialdumping und Ausbeutung am Arbeitplatz“ anzugehen. Dabei sollen Yacheva und Berchi nicht in ihrem Büro auf jene warten, die Beratungen brauchen. Unangekündigte Besuche in Betrieben seien ebenfalls vorgesehen, um dort mit den Mitarbeitern Kontakt aufzunehmen.

 Madalina-Cristina Berchi

Madalina-Cristina Berchi

Foto: Matthias Zimmermann
 Ekaterina Yacheva

Ekaterina Yacheva

Foto: Matthias Zimmermann

Viele Wanderrarbeiter aus Osteuropa

Der Bedarf ist groß, wie Rehlinger unterstreicht. „Pro Jahr kommen an die 2000 Arbeitskräfte zu uns. 2005 waren es sogar doppelt so viele.“ Die meisten stammen aus Ost- und Südosteuropa. Den Löwenanteil machten Rumänen aus. Dahinter folgten Arbeitssuchende und Angeworbene aus Bulgarien. Darum sei auch die Wahl aus rund 40 Bewerber auf diese beiden Frauen gefallen, um den Wanderarbeitern Muttersprachler zu bieten. Der Bedarf ist aus Sicht der Beraterin da. „Viele wissen nichts über Sozialstandards und über Rechte in Deutschland“´, sagte Berchi.

Bostalsse-Skandal war der Auslöser

Auslöser für dieses im CDU/SPD-Koalitionsvertrag verankertes Vorhaben waren die Machenschaften 2013, als Wanderarbeiter aus Rumänien für den Bau des Ferienparks am Bostalsee über Wochen gar nicht oder nur sporadisch entlohnt worden waren. „Dies sind Bilder, die wir nicht mehr sehen wollen“, sagte Rehlinger während der Vorstellung der beiden Beraterinnen.

Lächerliche Verträge

Es bedarf gar nicht erst solch extremer Auswüchse, um die neuen Stellen zu rechtfertigen, ergänzte Jörg Caspar, Chef der Arbeitskammer. Denn erst vor einigen Tagen sei seinen Kollegen ein Arbeitsvertrag eines Gebäudereinigers vorgelegt worden, der diesen Namen nicht verdiene. Auf diesem einseitigen Papier sei lediglich der Auftraggeber und der Name des Beschäftigten aufgeführt. Angaben über Tariflohn, Arbeitszeit, Urlaub und Fortzahlung im Krankheitsfall: Fehlanzeige. Caspar spottete: „Alles weitere regelt wohl das Faustrecht.“

Viele Branchen betroffen

Dies sei kein Einzelfall und branchenübergreifend: „Das gibt es im Bauhauptgewerbe, in der Fleischindustrie, in der Landwirtschaft, Gastronomie und der Gebäudewirtschaft“, nannte die Ministerin Beispiele. Nach der Katastrophe am Bostalsee seien aber viele sensibilisiert.

Zusammenarbeit mit Gewerkschaften

Das Saarland steht mit dem Projekt nicht alleine da. Es arbeite mit Experten anderer Bundesländer und der Gewerkschaften zusammen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort