Wahl am 26. Mai Saarland bangt um Sitze im Europaparlament

Saarbrücken · Das Saarland an der Grenze zu Frankreich gilt als besonders europäisch. Umso härter wäre es für das Land, wenn es künftig keinen EU-Abgeordneten mehr in Straßburg und Brüssel hätte. Deshalb wollen die Spitzenkandidaten besonders fleißig um Wähler werben.

 Eine Europafahne weht vor dem Europäischen Parlament in Straßburg.

Eine Europafahne weht vor dem Europäischen Parlament in Straßburg.

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Das Saarland, das 1992 als erstes Bundesland die europäische Einigung als Staatsziel in die Verfassung aufnahm, bangt derzeit um seine Stimmen im Europäischen Parlament. „Es wäre ein Unglück für diese Region, wenn sie in der Bürgerkammer der EU nicht mehr vertreten wäre“, sagt der saarländische EU-Abgeordnete Jo Leinen, der seit 1999 dem EU-Parlament angehört und bei der Wahl am 26. Mai erneut antritt. Ihn hat seine Partei auf der Bundesliste auf Platz 20 gesetzt. Das heißt: Die SPD müsse bei der EU-Wahl 20 Prozent holen, damit Platz 20 zieht. „Es ist noch drin, aber es ist ein steiler Weg“, sagt Leinen der Deutschen Presse-Agentur.

Auch der Spitzenkandidat der saarländischen CDU für die Europawahl, Roland Theis, weiß, dass ein Wiedereinzug eines CDU-Abgeordneten von der Saar kein Selbstläufer ist. Die CDU hatte bei der Wahl 2014 erstmals seit der Einführung der Direktwahl zum EU-Parlament 1979 keinen Sitz mehr gewonnen. Theis gibt sich kämpferisch: „Ich will es schaffen“, sagt der Saar-Staatssekretär für Justiz und Europa in Saarbrücken. Und rechnet sich Chancen aus, auch weil im Saarland am 26. Mai mehr als 30 Direktwahlen stattfinden. Die Wahlbeteiligung werde somit deutlicher höher sein als in 2014. „Ich denke, wir werden eher an die 65 Prozent rankommen als unter die 60“, sagt er.

Bei der Europawahl 2014 hatten zwei Saarländer ein Mandat gewonnen. Neben Leinen war Stefan Bernhard Eck als Vorsitzender der Deutschen Tierschutzpartei eingezogen: Er ist inzwischen parteilos. Anders als bei der SPD entscheiden bei der CDU Landeslisten über den Einzug von Abgeordneten. Und da ist die Höhe der Wählerstimmen entscheidend. 2014 lag die Wahlbeteiligung bei 54,1 Prozent. Die CDU erreichte 34,9 Prozent der Stimmen, die SPD kam auf 34,4 Prozent.

„Das Saarland hat von seiner Geschichte und von seiner Geografie her eine europäische Mission“, sagt Leinen (70). „Und die Saarländer verstehen sich auch als Europäer, weil sie im Alltag auch durch den grenzüberschreitenden Austausch Europa ganz praktisch erleben.“ Die Arbeit als EU-Abgeordneter sei wichtig, um einen Kontakt nach Brüssel zu haben: Als „ein Frühwarnsystem“ bei Dingen, die das Land betreffen - und als Kontaktstelle für Sorgen und Nöte der Menschen und Firmen.

„Keine saarländische Vertretung im Europaparlament wäre ein echter Verlust“, sagt Theis, der an diesem Sonntag 39 Jahre alt wird. Wesentliche rechtliche Rahmenbedingungen unter anderem für den Außenhandel oder die Industrie würden dort gemacht - da sei eine Interessensvertretung des Saarlandes wichtig. Rechnerisch betrachtet sei seine Kandidatur „die aussichtsreichste“: „Wenn ein Saarländer will, dass er mit seiner Stimme auch eine saarländische Vertretung sicherstellt, sollte er - unabhängig davon, ob er die CDU mag oder nicht - mich wählen.“

Nach Einschätzung von Leinen ist die Europawahl Ende Mai die wichtigste seit vor 40 Jahren die Direktwahl zum EU-Parlament eingeführt wurde. „Das hier ist wirkliche eine Testwahl für die europäische Idee der Einigung der Völker und der Staaten, weil es Anfeindungen von innen und von außen gibt“, sagt er. Er gehe davon aus, dass diese Wahl europaweit mehr Wähler mobilisieren werde: „Wir haben dieses Mal wirklich ein Weggabelung: Ob wir die nationalistischen Kräfte stoppen oder ob die europäischen Kräfte das Werk der europäischen Einigung fortsetzen können.“

Theis sieht ebenfalls wichtige „Weichenstellungen“, die bei der Wahl vorgenommen würden. „2019 ist in den Köpfen sowohl der Wähler als auch der Entscheider drin, dass das europäische Integrationsprojekt scheitern kann“, sagt er. Zuvor sei man immer davon ausgegangen, dass das Projekt immer weiter gehe - mal schneller, mal langsamer. „Diese Vorstellung ist leider nicht mehr aktuell“, sagt er. Auch der Brexit habe das gezeigt. Und diese Ausgangslage motiviere viele, sich neu Gedanken über Europa zu machen und jetzt wählen zu gehen.

Für Leinen sind die größten EU-Themen der nächsten Jahre der Klimawandel, der soziale Ausgleich und der Kampf gegen „grassierende Steuerflucht“. Theis sieht als wichtige Handlungsfelder die Sicherung der EU-Außengrenzen, Migration, eine stärkere Harmonisierung auf dem Binnenmarkt und die Förderung der Mobilität von jungen Menschen über Grenzen hinweg. Er werde am nächsten Mittwoch (20. März) eine persönliche Programmplattform vorstellen, kündigt er an.

(dpa)
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