Junge Saarländer auf großer Tanzfestival-Bühne Tanz-Geschichten von Annäherung und Distanz

Saarbrücken · „imove“, die Jugendtanz-Gruppe des Saarländischen Staatstheaters, machte beim Tanzfestival Saar mit. Die Jugendlichen erforschten das Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft.

 „InnerMOVEments“ heißt das neue Stück der Nachwuchs-Gruppe „imove“  des Saarländischen Staatstheaters.

„InnerMOVEments“ heißt das neue Stück der Nachwuchs-Gruppe „imove“  des Saarländischen Staatstheaters.

Foto: KERSTIN KRAEMER

Kurios, was man zu dem Stichwort „iMove“ alles findet. Unter diesem Kürzel firmiert beispielsweise eine Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Anbahnung und Förderung internationaler Geschäftsbeziehungen in der beruflichen Aus- und Weiterbildung (International Marketing of Vocational Education). Zugleich bezeichnet der Name ein innovatives Auszugssystem für Hängeschränke - und diverses andere mehr. Um Ausbildung, Förderung und Kreativität geht’s aber auch bei der Jugendtanzgruppe des Saarländischen Staatstheaters, die ebenfalls unter dem Nenner „iMove“ auftritt. Das Nachwuchs-Ensemble für Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren existiert seit 2009; seit 2018 wird es von der Tanzpädagogin und Choreografin Claudia Meystre geleitet. In der laufenden Spielzeit bereichert iMove nicht nur die Opernproduktion „Alcina“, sondern präsentierte sich am Sonntag in der Alten Feuerwache außerdem mit einer Uraufführung beim Tanzfestival Saar.

Im gleichen Rahmen hatte das Ensemble vor zwei Jahren bereits verdient stehenden Beifall eingeheimst, und auch jetzt wieder zollte ihm das Publikum zu Recht begeisterte Anerkennung. Damals wurde das Phänomen Zeit vertanzt, diesmal ging's um „InnerMOVEments“ - Emotionen aller Art also, die sich hier in Körperhaltungen und Bewegungen ausdrucksvoll Bahn brachen. Was macht die Umwelt mit mir, wie verhalte ich mich zur Gesellschaft? Kapsele ich mich ab? Oder will ich dazu gehören, Vertrauen fassen, mich auf andere einlassen? Und wie reagiere ich auf Verlust oder Enttäuschung?

Erneut setzt Meystre auf die Spannungen zwischen Individuum und Gesellschaft und findet dafür in gruppendynamischen Prozessen beredte Bilder. Dabei collagiert sie wechselnde Szenen, zwischen denen ständig Stühle neu aufgestellt werden – sie dienen als Ausgangspunkte; Menge und Position markieren persönliche Haltungen und deuten Konfrontationen an. Da ist etwa die junge Frau, die sich auf ihrer einsamen Sitzgelegenheit einigelt, während eine andere so gelöst scheint, dass sie ihren Stuhl als Anspielpartner für ein sinnliches Solo nutzt. Da sind Menschen, die ihre Arme hilflos gen Himmel recken, während vergeblich auf Linie schwankende Körper haltlos zu Boden gehen. Mal wiegen sich Paare in verlässlichen Zweierkonstellationen, dann wieder brechen solche intimen Schutzräume auf, bis in der großen Gruppe Frust und Aggression offen eskalieren – man schubst und prügelt einander.

Zu wechselnden Lichtstimmungen und in unterschiedlichen Konstellationen, begleitet von kammermusikalischen Klängen bis hin zu elektronischen Beats, erzählt Meystre Geschichten: von Freundschaft und Entfremdung, Annäherung und Distanz; Liebe, Trauer und Wut. Dabei spielt sie gekonnt mit Synchronizität: Mal scheint homogenes Agieren freiwillig, mal von außen aufgezwungen – uniforme Kleidung macht's mitunter deutlich. Am Ende siegt die Harmonie, und Meystre verteilt Rosen an ihr Ensemble, das wiederholt mit beispielhafter Präsenz und Körperspannung punktete.

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