Polizei im Saarland Notruf aus Inspektionen und Kommissariaten

Saarbrücken · Die Gewerkschaft der Polizei will wegen akuter Personalnot die jüngste Organisationsreform erneut auf den Prüfstand stellen.

 Die Einsatzkommandos im Saarland eilen nach GdP-Angaben nur noch von Notruf zu Notruf.

Die Einsatzkommandos im Saarland eilen nach GdP-Angaben nur noch von Notruf zu Notruf.

Foto: dpa/Carsten Rehder

„Im Sommer sind wir Land unter“, sagt David Maaß, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) wenige Wochen vor Ferienbeginn voraus. Wenn die großen Feste und Partys unter freiem Himmel anstehen und auch in den Inspektionen und Kommissariaten die Urlaubszeit ansteht, könnte es demnach passieren, dass wegen akuter Personalnot keine Polizei dort ist, wo sie gebraucht wird. Maaß und seine Stellvertreter Christof Wilhelm, Hauptkommissar in Wadern, und Andreas Rinnert, Oberkommissar in Saarbrücken, schlagen Alarm.

Die ohnehin bereits seit Jahren arg gebeutelte Belegschaft pfeife auf dem letzten Loch, stehe mit dem Rücken zur Wand. Vor Journalisten berichteten Maaß und seine Kollegen am Freitag, dass etwa in den rund um die Uhr besetzten Inspektionen die Streifenkommandos nur noch von Notruf zu Notruf eilen. „Wir sind nur noch eine Notruf-Polizei!“ Für Prävention oder Streifendienst fehlten Zeit und Kapazitäten. Land unter wird auch aus den Ermittlungsdiensten gemeldet, Kriminalität werde quasi nur noch verwaltet. Bestimmte Delikte könnten wegen Personalmangels nicht ausermittelt werden. Sogar Durchsuchungsbeschlüsse blieben wegen Personalnot unerledigt. Vernehmungen könnten nicht zeitnah erfolgen.

Kommissar Frust macht sich unter diesen Umständen in den Dienststellen breit. Die Millionen-Investitionen, die Innenminister Klaus Bouillon (CDU) und die große Koalition für Sachausstattung und die Infrastruktur der Dienststellen zugesagt und bereits locker gemacht haben, werden von der GdP-Spitze anerkannt. Beim drängenden Personalproblem sei aber eine Lösung nicht wirklich in Sicht.

Offenbar gibt es noch in einigen Dienststellen Nachholbedarf, was die Ausstattung betrifft: Rinnert, der in der Großinspektion in der Saarbrücker Karcherstraße im Wachdienst arbeitet, berichtet, dass für 20 Beamte in Interventionskommandos nur eine funktionierende Digitalkamera zur Verfügung stehe. Handyfotos seien aus datenschutzrechtlichen Gründen untersagt. Rinnert: „Wir jubeln über die Anschaffung von Drohnen, haben aber nicht genügend Digitalkameras.“

Geht es nach den Vorstellungen der Gewerkschaft, muss die erst Ende Oktober umgesetzte Polizeireform umgehend wieder auf den Prüfstand. Eine weitere Zentralisierung von Dienststellen, etwa der Polizeiposten in der Fläche, könnte das konsequente Ergebnis sein. Die Begründung: Personalnot. Die sei mittlerweile sogar so groß, dass Führungspositionen nicht besetzt werden können.

 David Maaß

David Maaß

Foto: GdP

Maaß und seine Stellvertreter zählen noch 2450 Beamte, die derzeit bei der Saar-Polizei im Dienst sind. Der GdP-Landeschef spricht von einem „zu kleinen Tischtuch“, das auf einem großen Tisch hin- und hergeschoben wird. Die GdP-Vertreter fordern von der Politik deutlich mehr Neueinstellungen, die aber erst nach dreieinhalb Jahren Ausbildung für den Alltagsdienst zur Verfügung stehen. Die Zahl der Bewerber für den Polizeidienst im Saarland sei jedoch rückgängig. Einen Grund sehen Maaß und Kollegen in der deutlich schlechteren Bezahlung im Saarland im Vergleich zu anderen Bundesländern und bei der Bundespolizei. In Bayern verdiene etwa ein Berufsanfänger (Besoldungsgruppe A9) monatlich 300 Euro mehr. Zudem beobachten die Personalvertreter, dass ausgebildete Beamte sich als Sicherheitsberater in die Privatwirtschaft verabschieden.

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