Wander-Bloggerin Bianca Gade „Bewusstseinserweiterung“ in der Natur

Saarbrücken · Wer wandert, gilt heute als cool. Es müssen aber nicht immer extreme Touren sein, wie der Blog der Saarländerin Bianca Gade zeigt.

 Bianca Gade betreibt unter www.lebedraussen.de einen erfolgreichen Blog über das Wandern.

Bianca Gade betreibt unter www.lebedraussen.de einen erfolgreichen Blog über das Wandern.

Foto: dpa/Oliver Dietze

Wenn Bianca Gade aus Mandelbachtal im Saarland ihre Wanderschuhe anzieht und losgeht, dann nicht, um Kilometer zu machen. Sie will mit der Natur allein sein. Sie bleibt stehen, beobachtet den Wind in den Baumwipfeln, lauscht dem Gezwitscher der Vögel oder genießt das Plätschern eines Bachlaufes. Immer wieder macht sie Fotos.

Manchmal greift die 40-Jährige auch zu ihrem Handy und postet direkt etwas von dem, was sie sieht und empfindet. Denn Gade ist keine „normale“ Wanderin: Sie ist eine Wander-Bloggerin. Auch eine bekannte: Rund 30 000 Mal wird ihre Seite „lebedraussen.de“ im Monat angeklickt, 10 000 Wander- und Abenteuerfreunde gehören inzwischen zum festen Leserstamm.

Im vergangenen Jahr wurde ihr digitales Erlebnis-Tagesbuch zu einem der 100 beliebtesten Reiseblogs in der Internet-Szene gewählt. Ihr Angebot reicht von Tipps für kleinere Tageswanderungen im Saarland und dem benachbarten Rheinland-Pfalz bis zu mehrtägigen Trekkingtouren in Slowenien und Norwegen, Frankreich oder Italien.

Die Marketing-Leiterin, die vor zehn Jahren „der Liebe wegen“ aus Karlsruhe in den Bliesgau kam, stellt ihre Wander- und Reiseerfahrungen nicht hauptsächlich deshalb online, weil sie damit Geld verdienen möchte. Eher mag sie es, kreativ zu sein und ihre Gefühle und Erlebnisse in Worte zu fassen und festzuhalten. Gleichzeitig möchte sie die Menschen dazu animieren, die Couch zu verlassen.

Längst habe das Wandern das verstaubte Image von einst verloren und sei „cool“ geworden. „Die jüngere Generation hat es auf jeden Fall gepackt“, meint Gade. „Da gilt es schon als trendig; vor allem die Extrem-Wanderungen, weil sie den sportlichen Ehrgeiz fordern.“ Das bestätigt auch der Deutsche Wanderverband. „Wandern ist nach wie vor „in‘ und die Outdoor-Aktivität Nr. 1 in Deutschland“, meint der stellvertretende Geschäftsführer Erik Neumeyer (43). Beim Saarwald-Verein, der für Wandern, Heimat und Natur steht und dem mehr als 30 Ortsvereine angeschlossen sind, ist die Zahl der rund 4000 Mitglieder über die 110 Jahre seines Bestehens konstant geblieben. „Wir sind Abbild der demografischen Realität und als Gruppe älter geworden“, sagt Präsident Christian Ege (47). Während man früher von der „Wanderjugend“ als Menschen zwischen 18 und 30 Jahren sprach, habe sich das entsprechende Alter auf 55 und 60 verschoben.

Um die Zukunft müsse man sich keine Sorgen machen. „Wir haben ein Angebot, mit dem wir witzigerweise auch als Verein nicht vom Aussterben bedroht sind“, sagt Ege. „Ein Fußballverein braucht immer Junge - wir nicht!“. Im Mittelpunkt stehe jedoch der Anspruch, die Natur zu erleben, sich zu bewegen und dabei nicht allein zu sein.

Der letzte Aspekt trifft auf Bloggerin Bianca allerdings nicht zu. „Es gibt wenige Menschen, mit denen ich gerne zusammen wandere“, gibt sie zu. „Ich habe eher das Alleinewandern für mich entdeckt.“ Weil sie dann selbst ihr eigenes Tempo, ihre eigenen Pausen wählen könne.

Das Wandern genießt sie nicht nur deshalb, weil sie so am besten abschalten kann, sondern auch, weil sie für sich immer wieder Neues und Überraschendes entdeckt. Und dafür muss sich gar nicht quer durch die Welt reisen. „Ich wusste beispielsweise lange nicht, was für tolle Buntsandsteinfelsen wir in der Gegend haben, etwa in Kirkel“, erzählt sie. Spannend findet es Gade bei ihren Streifzügen durch die Region auch, mehr über die geologische Beschaffenheit, die Entstehung der Felsen und der Landschaften zu erfahren. „Man ist beim Wandern so nah dran an Natur und Geschichte“, sagt sie. „Das ist wirklich „bewusstseinserweiternd‘.“

Ganz bewusst habe sie einen „Bushcraft-Kurs“ zum Überleben in der Wildnis teilgenommen. „Ich wollte lernen, mich autark zu ernähren und keine Angst vor der Natur zu haben“, gibt sie zu. So habe sie „immer höllischen Respekt“ davor gehabt, im Wald allein zu schlafen. „Dieses Verloren-Sein-Gefühl wollte ich loswerden.“ Gelernt habe sie nicht nur, wie man aus Tannenzweigen, Moos und Stöcken einen Unterschlupf bauen kann, sondern auch, dass die Dunkelheit per se gar nicht schlimm sei.

Auf die Frage, ob es denn nicht unsicher sei „als Frau allein“ unterwegs zu sein, kann Gade nur amüsiert den Kopf schütteln. „Mir ist noch nie etwas Schlimmes passiert, ganz im Gegenteil. Meistens begegne ich sehr friedlich lächelnden Menschen“, erzählt sie. „Angst habe ich eher, wenn ich irgendwo in der Stadt im Dunkeln unterwegs bin.“

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