Saarländer sehnen sich häufiger nach gutem Rat

Saarbrücken. Internetbetrügereien, fragwürdige Telekommunikationsangebote, steigende Energiekosten: Der Beratungsbedarf der Saarländer ist bei diesen Themen überproportional gestiegen. Diese Jahresbilanz 2008 hat gestern die Verbraucherzentrale Saar gezogen. Einsamer Spitzenreiter bei Beschwerden ist Kabel Deutschland

Saarbrücken. Internetbetrügereien, fragwürdige Telekommunikationsangebote, steigende Energiekosten: Der Beratungsbedarf der Saarländer ist bei diesen Themen überproportional gestiegen. Diese Jahresbilanz 2008 hat gestern die Verbraucherzentrale Saar gezogen. Einsamer Spitzenreiter bei Beschwerden ist Kabel Deutschland. "Hier kommen mehr Beschwerden, als bei 1&1 und Telekom zusammen", sagt Yvonne Schmieder, Expertin für Internet und Telekommunikation. Die Beschwerdeliste ist lang: Kündigungen oder Widerrufe der Verbraucher werden nicht bearbeitet, in Auftragsbestätigungen fänden sich Vertragsbestandteile, die die Kabel-Kunden nicht beantragt haben, zudem berichten Kunden von falscher und irreführender Beratung (die SZ berichtete).

Auch bei Telefonverträgen sei der Beratungsbedarf sehr groß: "Es ist einfacher sich von seinem Partner scheiden zu lassen, als aus den zweijährigen Verträgen mit einem Telefonanbieter herauszukommen", so Schmieder. Und das nächste Problemfeld sei schon abzusehen: Der Mobilfunkanbieter E-Plus habe Kurznachrichten mit dem Hinweis verschickt, dass sich die Vertragsbedingungen für Prepaid-Kunden ändern würden. Das heißt, so Schmieder: Wer in Zukunft sein Handy zwei Monate nicht benutzt, muss eine Gebühr in Höhe von einem Euro pro Monat zahlen. "Wenn da die anderen Anbieter mitgehen, dann steht der Prepaid-Markt vor dem Aus", erklärt die Beraterin. Aber: Die Kunden hätten ein Sonderkündigungsrecht.

Besondere Vorsicht sei auch im Internet geboten, so Heike Linster, Expertin für Verbraucherrecht. Bei Downloads und Abos werde der Verbraucher regelmäßig "abgezockt". Für vermeintlich kostenlose Angebote wie das Herunterladen von Programmen (etwa Firefox) werde bei Anbietern wie opendownload.de oder softwaresammler.de Gebühren verlangt (SZ berichtete). Ein Millionengeschäft, so Linster. Allein die Inkassosumme der vergangenen zwei Jahre läge im zweistelligen Millionenbereich. "Wenn da nur jeder zehnte Betroffene dem Druck nachgibt und zahlt, ist das für die Unternehmen ein Riesengeschäft", sagt Linster.

Verdoppelt haben sich nach Angaben der Energie-Expertin Gertrud Truar die Anfragen zu Energiespar-Tipps. Beratung liefert die Verbraucherzentrale auch für Einwände gegen Preiserhöhungen, so etwa für die Eschberger Interessengemeinschaft "Fernwärmekunden Saarbrücken".

Die 48 Mitarbeiter der Verbraucherzentrale Saar müssen jährlich rund 70 000 Anfragen beantworten - "und geraten damit an ihre Grenzen", sagt Geschäftsführer Jürgen Zimper. Früher habe es ausgereicht, die Bürger zu beraten und eventuell ein Musterschreiben mitzugeben. Heute müsse sich der Berater auch mit den Unternehmen auseinander setzen. "Unser Zeitbudget ist ausgeschöpft", sagt Zimper. Die Verbraucherzentrale brauche mehr Geld und mehr Leute. In St. Wendel und im Saarpfalz-Kreis sei man aus Geld- und Personalmangel deshalb nur in der Energieberatung tätig. Finanziert wird die Verbraucherzentrale aus Landes-, Bundes- und EU-Mitteln sowie kommunalen Beiträgen. Und guter Rat ist Geld wert: Rund vier Millionen Euro Ausgaben habe die Hilfe der Verbraucherzentrale den Saarländern erspart, sagt Zimper.

Verbraucherzentrale, Tel. (06 81) 50 08 90.

"Es ist einfacher sich von seinem Partner scheiden zu lassen, als aus den zweijährigen Verträgen mit einem Telefonanbieter herauszukommen."

Yvonne Schmieder, Verbraucherzentrale Saar

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