Saarländer schlucken viele Pillen

Saarbrücken. Saarländer sind spitze - zumindest was die Einnahme von Medikamenten betrifft, die ihnen niedergelassene Ärzte im vergangenen Jahr verordnet haben. Arzneimittel für 490 Millionen Euro, rund zwei Prozent mehr als in 2010, wurden hierzulande verschrieben. Das teilte die Techniker Krankenkasse gestern mit

 Viel hilft nicht immer viel - das gilt auch für Medizin. Foto: dpa

Viel hilft nicht immer viel - das gilt auch für Medizin. Foto: dpa

Saarbrücken. Saarländer sind spitze - zumindest was die Einnahme von Medikamenten betrifft, die ihnen niedergelassene Ärzte im vergangenen Jahr verordnet haben. Arzneimittel für 490 Millionen Euro, rund zwei Prozent mehr als in 2010, wurden hierzulande verschrieben. Das teilte die Techniker Krankenkasse gestern mit.Insgesamt wurden 2011 im Saarland mehr als zehn Millionen Arzneimittel-Packungen auf dem Rezeptblock vermerkt, und jeder Saarländer löste statistisch gesehen 11,76 Packungen ein. Damit liegt unser Land an der Spitze aller Bundesländer, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern (11,63) und Sachsen-Anhalt (11,15). Die Führungsposition behaupten die Saarländer allerdings nur bei der Menge der Verordnungen je tausend Versicherten. Betrachtet man den Arzneimittel-Umsatz pro Versichertem, so rangieren die Saarländer auf dem siebten Platz. "Vor einigen Jahren waren wir auch hier bundesweit an der Spitze", sagt Joachim Meiser, Vorstand der Ärztekammer des Saarlandes. Der sogenannte Bruttoumsatz je Versichertem liegt im Saarland bei 564 Euro. Spitzenreiter sind Mecklenburg-Vorpommern mit 613 sowie Hamburg und Sachsen mit jeweils 587 Euro.

Die hohen Arzneimittelausgaben seien also nicht so sehr auf teure Verordnungen der niedergelassenen Ärzte zurückzuführen, "sondern auf die überdurchschnittlich vielen Verordnungen", sagt Axel Mittelbach vom Verband der Ersatzkassen (VdEK), dessen Mitgliedskassen im Saarland 334 000 Menschen versichern. Dabei stünde nirgends geschrieben, dass ein Arztbesuch zwangsläufig mit einem ausgestellten Rezept enden müsse. Mittelbach empfiehlt: "Die große Distanz zu den Verordnungszahlen in anderen Bundesländern sollte Anlass für die saarländischen Ärzte zu einer kritischen Prüfung ihres Verordnungsverhaltens sein."

Nach Ansicht von Ärztekammer-Vorstand Meiser wirkt sich die Altersstruktur der saarländischen Bevölkerung, eine der ältesten im Bund, besonders stark auf die Statistik aus. Ebenso, dass viele Saarländer übergewichtig sind. Denn das führe zu Diabetes mit seinen ganzen Folgekrankheiten. "Jedenfalls würde ich heftig widersprechen, wenn jemand den Eindruck erwecken wollte, im Saarland würden leichtfertig Medikamente verschrieben." Meiers Kollege Eckart Rolshoven von der Kassenärztlichen Vereinigung sieht das ähnlich: "Das Saarland zählt zu den 'kränksten' Bundesländern. Wir haben die niedrigste Lebenserwartung bei Frauen und die viertniedrigste bei Männern. Wir haben mit Abstand die höchste Rate an bösartigen Erkrankungen, also Krebs, und bundesweit mit die meisten Herz-Kreislauferkrankungen." Jürgen Cronauer, Pressesprecher der AOK Rheinland-Pfalz/Saar mit ihren 220 000 Mitgliedern im Saarland, sieht vor allem die demographische Entwicklung als ursächlich. Er vermutet, "dass die Zahl der Verordnungen mit dem Altersdurchschnitt der Bevölkerung zu tun hat".

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