Saarländer hilft Flüchtlingen in Kenia

Kleinblittersdorf/Kakuma. Vor knapp einem Jahr ist Jörg Merzenich aus Rilchingen-Hanweiler in der japanischen Katastrophenregion im Einsatz gewesen, um den von Tsunami und Erdbeben traumatisierten Kindern und Eltern zu helfen (die SZ berichtete)

 Jörg Merzenich aus Rilchingen-Hanweiler hilft Kindern im kenianischen Flüchtlingslager Kakuma dabei, ihre Erlebnisse von Krieg, Gewalt und Elternverlust zu verarbeiten. Foto: Privat

Jörg Merzenich aus Rilchingen-Hanweiler hilft Kindern im kenianischen Flüchtlingslager Kakuma dabei, ihre Erlebnisse von Krieg, Gewalt und Elternverlust zu verarbeiten. Foto: Privat

Kleinblittersdorf/Kakuma. Vor knapp einem Jahr ist Jörg Merzenich aus Rilchingen-Hanweiler in der japanischen Katastrophenregion im Einsatz gewesen, um den von Tsunami und Erdbeben traumatisierten Kindern und Eltern zu helfen (die SZ berichtete). Anfang 2012 fuhr der 65-Jährige mit zehn weiteren Experten des Vereins "Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners" in den Nordwesten Kenias, ins Flüchtlingslager Kakuma. "Dort leben etwa 100 000 Menschen, die vor allem aus den Kriegsgebieten im Sudan und Kongo kommen", sagt Merzenich im SZ-Gespräch. Die meisten davon seien Kinder, die unvorstellbare Gewalt erleiden und mit ansehen mussten. "Die meisten Mädchen wurden von Soldaten vergewaltigt, viele Kinder mussten erleben, wie ihre Eltern vor ihren Augen ermordet wurden", schildert der Waldorf-Pädagoge im Ruhestand die seelische Lage der Flüchtlinge. Deshalb hat er sich mit den anderen Helfern seines Teams aufgemacht, um einen Raum zu eröffnen, wo die Kinder wieder Kind sein können - direkt im Eingangsbereich des riesigen Lagers, das sich über 16 Quadratkilometer erstreckt. "Wir wollen den Kindern nach den Strapazen der Flucht wieder kindgerechtes Verhalten vermitteln, sie spielen lassen. Wir vermitteln auch eine Rhythmisierung des Alltags, damit sie im Lager einen festen Tagesablauf erleben. Und wir versuchen, ein gesundes Wir-Gefühl aufzubauen, damit die Kinder ein Selbstwertgefühl bekommen", beschreibt Merzenich die schwierige Arbeit. Das Lager besteht seit 1992, viele leben seit 20 Jahren darin, ohne eine Perspektive auf Rückkehr in ihre jeweilige Heimat.Es herrsche Ordnung im Lager, sagt Merzenich, die Versorgung mit Essen funktioniere, die Unterkünfte seien wetterfest. 2000 kenianische Polizisten sorgten für Sicherheit, das Lager ist mit Stacheldraht umgeben. Denn obwohl "Kenia das einzige Land in dieser Region ist, das den Rechtsstaat garantiert", wie Merzenich sagt, ist ein Einsickern von bewaffneter Soldateska aus den Nachbarländern nicht ausgeschlossen.

"Wir haben verschiedene Gruppen nach Alter zusammengestellt, die Grundschüler haben gemalt, um das Erlebte verarbeiten zu können. Die Älteren haben an einem sportlichen Erlebnisprogramm teilgenommen. Ich habe den Kindern Tagesstruktur näher gebracht - aufstehen, sich waschen, frühstücken," berichtet der Mann mit dem kräftigen rot-blonden Bürstenhaarschnitt.

Während des zehntägigen Aufenthalts im Lager Kakuma hat das Team aus Deutschland, das von Waldorflehrern aus Nairobi unterstützt wurde, kenianische Helfer ausgebildet, die das Projekt des "Kinderfreundlichen Raumes" im Lager weiterführen. Kurz vor Ostern ist Merzenich mit einem Kollegen erneut nach Kenia abgeflogen, um die Helfer weiter zu schulen. Vorher ist er im Saarland selbst noch geschult worden - zum Notfallseelsorger.

"In Kenia versuchen wir, die Kinder wieder in den Mittelpunkt zu stellen, wie es früher in den angestammten Familienstrukturen war", sagt Merzenich. Viele Kinder hat er wieder lachen gesehen. Das gibt ihm Kraft, die Arbeit fortzusetzen. "Solange ich körperlich fit bin, mache ich das." Im Oktober geht es zum dritten Mal in den Libanon, wo er Förderschul-Lehrer ausbildet. "Eine Ausbildung gibt es dort nicht", so Merzenich, dessen "Ruhestand" vielen Menschen Segen bringt.

Spendenkonto: Verein Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners, Konto-Nr.: 13 042 010; Bankleitzahl: 430 609 67 bei der GLS Bank

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