Saarforst-Rückzug aus dem WarndtWas zählte, war Strukturpolitik

Karlsbrunn. Die Gerüchteküche im Warndt brodelt. Mit der Saarforst-Reform, die am 1. September in Kraft getreten ist, haben sich Zuständigkeiten in der Region verändert. Die neuen Forst-Leute agieren anders als ihre Vorgänger - der Landesbetrieb, so fürchten Warndt-Bewohner, sei dabei, sich aus seinem Engagement in der Region zurückzuziehen

Karlsbrunn. Die Gerüchteküche im Warndt brodelt. Mit der Saarforst-Reform, die am 1. September in Kraft getreten ist, haben sich Zuständigkeiten in der Region verändert. Die neuen Forst-Leute agieren anders als ihre Vorgänger - der Landesbetrieb, so fürchten Warndt-Bewohner, sei dabei, sich aus seinem Engagement in der Region zurückzuziehen. Dass Uwe Tobä, neuer Verantwortlicher für die Forst-Liegenschaften, den Garten am Karlsbrunner Jagdschloss nach Unwetterschäden nicht reparieren, sondern einfach sperren ließ, passt ins Bild. Und nährt die Sorgen.Beim Garten, sucht Saarforst-Betriebsleiter Hans-Albert Letter (Foto: dd) zu beruhigen, strebe man dauerhafte Lösungen an. Was das Jagdschloss selbst angeht, bestätigt er hingegen die lokalen Befürchtungen. "Das Jagdschloss ist für uns ein Problem", sagt er. Seit dem Auszug der Jagd-Abteilung vor zwei Jahren existiere im Schloss im Grunde keine dienstliche Nutzung mehr. Auch die jetzt neu eingerichteten Forstreviere haben allesamt einen anderen Sitz erhalten. Nun gebe es "Überlegungen, wie wir das Schloss aus der Nutzung ganz herausnehmen" - Ende einer mehr als 200-jährigen Forst-Tradition? Ja, bekräftigt Letter, es sei sicher, dass Saarforst den historischen Bau nicht mehr verwenden werde. So stelle sich die Frage: "Warum sollen wir mit unseren mehr als bescheidenen Finanzmitteln das Jagdschloss unterhalten?"

So gesehen, würde Letter das Schloss gern abgeben. Zumal es, wie er sagt, besser "in Wert gesetzt" gehöre als bisher. Der Regionalverband habe doch Interesse signalisiert mit seinem Konzept für ein Kulturlandschaftszentrum Warndt im Schloss. Falls dafür ein Zweckverband gegründet wird, kann Letter sich vorstellen, "unser Wissen und Know-how" einzubringen; einen finanziellen Beitrag schließt er aber aus.

Rückzug auch vom Areal der ehemaligen Grube Warndt. Jedenfalls teilweise: Der Saarforst-Brennholzhof wird schließen, sobald die Holzvorräte verkauft sind. Der Betrieb rechne sich nicht, sagt Letter. Nachteilig sei "die etwas abseitige Lage"; zudem habe der Holz-Markt sich anders entwickelt, als man beim Start 2007 habe absehen können: "Die Leute machen ihr Holz lieber selbst." Das Biomassezentrum auf dem Grubengelände aber bleibe, man habe ja einen langfristigen Vertrag für die Versorgung des Evonik-Kraftwerks dort.

Dass Saarforst seine Aktivitäten im Warndt nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen begonnen hatte, sondern auch mit Blick auf die Regionalentwicklung (siehe Artikel unten) - dafür sieht Letter sich als falschen Ansprechpartner: Dieses Thema müsse man auf der politischen Ebene diskutieren. Karlsbrunn. Saarforst war mit seinem Brennholzhof und einem Holzlagerplatz der erste Betrieb, der sich auf dem Gelände der ehemaligen Grube Warndt in Karlsbrunn niederließ - schon 2007, keine zwei Jahre nach dem Ende der Kohleförderung. Die Ansiedlung war nicht isoliert geplant, sondern im Zusammenhang mit einem Bioenergie-Zentrum, das nach und nach auf dem Grubengelände entstehen sollte, mit Holzheizkraftwerk, Holzpelletfabrik und weiteren Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie. Dabei setzte Saarforst auch auf neuartige Kooperationsmodelle. So wollte man nicht nur ein Evonik-Holzkraftwerk mit Brennstoff beliefern, sondern auch mit Kraftwerks-Abwärme Brennholz ofenfertig trocknen - verwirklicht wurde diese gute Idee aber nie.

Eine wichtige Rolle bei den Entscheidungen im Hintergrund spielte der 2010 verstorbene Christdemokrat Rainer Grün (Foto: bub), damals Staatssekretär im Umweltministerium. "Wir wollen ja strukturpolitisch etwas erreichen", begründete er sein Votum fürs Saarforst-Engagement im Warndt: Ziel war, die nach dem Ende des Bergbaus geschwächte Region beim Strukturwandel zu unterstützen - in Richtung Tourismus und Bioenergie.

Grün war es auch, der Landes-Zusagen zum Thema Jagdschloss überbrachte. Im Mai 2009 sagte er öffentlich in Karlsbrunn, das Land werde mit 850 000 Euro den Schloss-Südflügel umbauen zu einer Vielzweck-Veranstaltungshalle. Und: So lange es das Saarland gebe, werde das Karlsbrunner Jagdschloss eine Landes-Liegenschaft bleiben.

Doch schon im Herbst 2009, nach der Landtagswahl, war das Geld-Versprechen nichts mehr wert. Und nun sieht es so aus, als wolle das Land auch Grüns Zusage widerrufen, es werde Schloss-Eigentümer bleiben. dd

Meinung

Planlos im Wald

Von SZ-RedakteurinDoris Döpke

Die aktuellen Saarforst-Aktivitäten im Warndt verstehe, wer will. Fangen wir mit dem Karlsbrunner Forstgarten an: Der öffentliche Garten, gebaut mit öffentlichem Geld, ist seit Wochen gesperrt - dabei könnte man Unwetterschäden leicht beheben (und über Baumängel auch ohne Gutachter urteilen). Das Jagdschloss: Den forstlichen Traditionsbau lässt man ungenutzt, der neue Zuständige für die Saarforst-Liegenschaften bietet ihn gar scherzhaft (?) Gesprächspartnern zum Kauf an. Der Brennholzhof, aus struktur- und energiepolitischen Gründen geschaffen, wird nun rein betriebswirtschaftlich betrachtet.

Bäume brauchen Jahrzehnte zum Wachsen - der Wald, ein komplexes Gebilde, lehrt Forstleute langfristiges Planen, Denken in Zusammenhängen und Geduld. Doch die neuen Saarforst-Verantwortlichen haben offenbar nur kurzfristige Ziele im Sinn. Dass Saarforst-Einrichtungen im Warndt in vielfältigem Kontext stehen, dessen Entwicklung - ob Tourismus, ob Bioenergie - erst begonnen hat, sehen sie nicht. Sie stehen planlos im Wald.

Für den Warndt ist das fatal: Der Saarforst-Kahlschlag, der sich andeutet, droht das noch zarte Netzwerk neuer Strukturen zu zerreißen.

Auf einen Blick

Die Saarforst-Reform, die zum 1. September in Kraft getreten ist, hat Forstrevier-Zuschnitte, Zuständigkeiten und Ansprechpartner in der Region vollständig verändert. Die Rubriken "Saarforst vor Ort" und "Organisation" der Saarforst-Internetseite liefern eine erste Orientierung. dd

 Vorbei: Der Saarforst-Brennholzhof im Warndt schließt nach gut vier Jahren (unser Archivbild zeigt Dirk Vogel, links, und Roland Paul an der Spaltmaschine). Foto: Jenal

Vorbei: Der Saarforst-Brennholzhof im Warndt schließt nach gut vier Jahren (unser Archivbild zeigt Dirk Vogel, links, und Roland Paul an der Spaltmaschine). Foto: Jenal

saarforst.de

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